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Nro. S4.

Mittwoch, den 1. Juni 1904.

40. Jahrgang

Rundschau.

Se.Maj.derKönig hat verliehen- Das Ritterkreuz 1. Kl. des Friedrichsordens- dem ersten evang. Stadtpfarrer Weit­brecht in Liebenzell, die Verdienstme. daille desKrovordens: dem Stadtschulthei­ßen Mäulen das., die Verdienstmedaille des Friedrichsordens: dem Schultheißen I. G. Bertsch in Jgelsloch, OA. Neuen­bürg, die silberne Verdienstmedaille: dem Schulth. Mich. Stahl in Oberlengen­hardt, OA. Neuenbürg.

Stuttgart, 28. Mai. Bei demUn' Wetter in der vergangenen Nacht sind in Obertürkheim bei Cannstatt zwei Häu­ser eingestürzt. Ein Kind wurde wegge- schwemmt, konnte aber gerettet werden.

Herrenalb, 31. Mai. Die Gesell­schaft, welche vor einiger Zeit hier Bohr- ungen nach Heilquellen vornahm, erläßt folgende Bekanntmachung:Am 15. cr. sollen Grundstücke der bisherigen Gesell­schaft, welche nach Heilquellen in Hecren- alb-Gaistal gebohrt hat, in Herrenalb öffentlich versteigert werden. Die Aus­sichten auf Erfolg der Bohrungen sind außerordentlich günstig, da bisher schon ein Erfolg zu verzeichnen war. Wegen Uneinigkeit der Gesellschafter wurde die Liquidation beschlossen, und beabsichtigt die größere Partei der Gesellschafter, das Terrain durch diesen Verkauf billig an sich zu reißen, um weiter bohren zu können. Es werden daher Interessenten auf diesen Verkauf besonders aufmerksam gemacht und giebt G. Biermann in Han- nover, Georgsplatz 10, nähere Auskunft darüber. Für Bohrunternehmer und Ka­pitalisten von großer Wichtigkeit, da dieses ei» Spekularionsfeld von großer Trag­weite ist. Das ca. 100 Meter tiefe Bohrloch nebst Bohrgerätschaften kommen ebenfalls zur Versteigerung."

Liebenzell, 30. Mai. Am Sonn­tag fand, vom Wetter begünstigt, die Feier der 300jährigen Zugehörigkeit zu Württemberg statt. Die Stadt war mit Flaggen und Ehrenpforten reich geschmückt. Beim Bahnhof hatten sich die bürger­lichen Kollegien Liebenzells und der 13 Ortschaften aufgestellt, die zu dem Amt Liebenzell gehörten, als es 1604 von Markgraf Ernst Friedrich von Baden- Durlach an den Herzog Friedrich von Württemberg abgetreten worden war. Die Kriegervereine, eine Schwarzwälder Bauernhochzeit, Sänger, Turner u. s. w. schloffen sich an. Man sah ziemlich viele Schwarzwälder Volkstrachten. Gegen si-10 Uhr kam der königl Extrazug an. Im Gefolge des Königs, der Generals­uniform trug, waren Generaladjutant Frhr. v. Bilfinger, Minister d. I. I)r.

v. Pischek, der Kabinetschef Frhr. v. Gemmingen-Gutenberg, der Flügeladju­tant Frhr. v. Gemmingen-Fürfeld, denen sich Reg.Präs. v. Hofmann, Oberamtmann Reg.Rat Voller und die übrigen Bezirks­beamten von Calw angeschloffen hatten. Nachdem der König den Wagen verlassen, überreichte er dem zur Begrüßung er­schienenen Stadtschultheißen Maulen von Liebenzell die goldene Verdienstmedaille am Bande des.Kronordens. Stadtschulth Mäulen richtete eine kurze Begrüßungs­ansprache an den König, und brachte ein Hoch aus, in das das Publikum begei­stert einstimmte. An viele der alten, mit der Kriegsmedaille geschmückten Männer richtete der König freundliche Worte und unterhielt sich auch mit den Mitgliedern der Hochzeitsgesellschaft in scherzhaftem Ton. Als der König fragte, ob es wirkliche Brautleute seien, meinte der Brautvaternoi, Majeschtät, die send no' oneh'lich." Als der kgl. Wagenzug in die Stadt fuhr, ritten Schwarzwälder Bauernburschen in Pelzkappen und Leder­hosen dem k. Wagen voraus. Vor der Stadtkirche wurde der König von Stadt- psarrer Weitbrecht empfangen, der mit dem Friedrichsorden 2. Klasse ausge­zeichnet wurde. Nach dem Gesang des Kirchenchors hielt Stadtpfarrer Weit­brecht die Festpredigt. Von der Kirche begab sich der König zu Fuß nach dem Rathaus. Vor dem Rathaus brachte der Liebenzeller Liederkranz dem König ein Ständchen. Oben im Saale vollzog sich dann eine Huldigungsfeier. Stadtschult­heiß Mäulen überreichte dem König im Namen der sämtlichen Gemeinden des Amtes Liebenzell ein Album mit Erge- benheitsadrefse. Nachdem der König das Album entgegengenommen, erwiderte er etwa folgendes:Der schöne Empfang, der mir zuteil geworden, hat einen Herz, lichen Widerhall bei mir gefunden. Wem geht nicht das Herz auf im herrlichen Schwarzwald inmitten der Schwarzwäl­der. Ich freue mich, der Stadt Lieben­zell meinen Besuch abgestattet zu haben und sage Ihnen meinen innigsten und wärmsten Dank für den schönen Empfang. Es ist mein landesväterlicher Wunsch, daß es den 14 Gemeinden allezeit gut und wohlergehe und daß sie glückliche Zeiten erleben mögen." Hierauf fuhr der König nach dem Königszelt, um sich den Festzug anzusehen; auch einige kostüm­ierte Gruppen waren eingestreut; man sah z. B. die Markgräfin Kunigunde von Baden (1280) umgeben von Pagen und Edelfräulein, die dem König mit einem poetischen Willkommengruß einen Blumen­korb darbcachte; recht gelungen war die Gruppe der 14 Ortschaften in den Ko­

stümen der Zeit des Ueberaangs unter württ. Hoheit, der württ. Obervogt ver­las vor dem Königszelt die Huldigungs­formel von 1604, und der Schultheiß von Liebenzell leistete den Treuschwur. Den Schluß des Zuges bildete eine Schwarzwäider Spinnstube. Auf Wunsch des Königs mußte der Zug zweimal de­filieren. Der König besuchte noch die Villa Blumhardt, deren Terrasse einen prachtvollen Rundblick bietet auf Lieben­zell und Umgebung. Um 12 Uhr 40 Min. erfolgte dir Abfahrt. An dem Festessen, das im unteren Bad stattfand, beteiligten sich Minister v. Pischek. Prä­sident v. Hofmann und die Bezirksbeam­ten. Den Königstoast brachte Stadtschult­heiß Mäulen aus, den Toast auf die Königin Stadtpfarrer Weitbrecht.

Die bei dem Eisenbahnunglück in Teinach beteiligten Personen befinden sich auf dem Wege der Genesung; auch Frau Haffa, welche beide Füße verloren har, kommt mit dem Leben davon. Eine iu Calw eingeleitete Sammlung hatte einen schönen Erfolg, was um so erfreu­licher i't, als alle Verunglückten sehr arm und für die Zukunft in ihrem Erwerb fast ganz gehindert sind. Die Königin hat zu der Sammlung mit Worten wärm­ster Teilnahme eine Gabe von 50 Mk. übersandt.

Ludwigsburg, 30. Mai. Gestern nacht 11 Uhr wurde die Wirtsfrau Emma Grabherr zum Hirsch hinter dem Schenk­tisch ermordet anfgefnnden. Durch einen Stich in den Unterleib wurde sie von einem bis jetzt Unbekannten getötet. Ein der Tat Verdächtiger wurde in Haft genommen.

Heilbronn. 28. Mai. Die Verheer­ungen, die das Unwetter in der vergange­nen Nacht angerichtet hat, sind weit schlimmer, als der erste Umblick heute früh vermuten ließ. Besonders vernich­tend hat das Wasser im östlichen Teil der Stadt gehaust, wo die Gartenanlagen und Ackerflächen einer Wüste gleichen. Von der Gewalt des Wassers macht man sich einen Begriff, wenn man sieht, wie die stärksten Gartenmauern umge­rissen, die hölzernen Umfriedigungen an den meisten Gärten demoliert und von dem reißenden Element fortgeführt wurden. Eiu trostloses Bild boten eine Anzahl neuangelegter Straßen, die vollständig unter dem Wasser standen und einen Unterschied zwischen Geh- und Fahrweg nicht mehr erkennen ließen. Eine empfind- liche Schädigung hat eine Mastgeflügel­anstalt erfahren, deren sämtliches Geflü- gel mit samt den Käfigen fortgeschwemmt wurde und zu Grunde gegangen ist. Arg mitgespielt wurde auch dem Bahndamm