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verantwort!. Schriftleitung: Friedrich Hans Scheele Druck und Verlag der A. Oelschläger'schen Buchdruckerei

Nr. 223

Montag, den 23. September 1929

Neues Abrüstungskompromiß in Genf

Lord Cecil zieht seinen Antrag zurück

Die französische Verschleppungstaktik hat wiederum gesiegt.

TU Genf, 23. Sept. Lord Robert Cecil gab in der Gamstag-Sitzung der dritten Kommission unter allgemeiner Spannung die Erklärung ab, datz er seinen Vorschlag zu- rückziehe, da er die Frage der Abrüstung zu ernst nehme, um es zu einer rein ziffernmäßigen Abstimmung kommen zu lassen. Die Bedenken gegen seinen Vorschlag mären nicht grundsätzlicher Art gewesen, sondern hätten nur die Frage des weiteren Verfahrens berührt.

Er müsse darauf bestehen, daß die Herabsetzung des Kriegsmaterials als entscheidender Punkt in der gesamten Abrüstungsfrage behandelt werde, da ohne dieselbe ein Ab­rüstungsabkommen keinen Wert habe. Es habe keinen Zweck sich darüber einig zu werden, daß man nichts machen wolle. Ein derartiges Abrüftungsabkommcn hätte weder Sinn noch Wert.

Der Vertreter Frankreichs, Massigli, gab sodann seiner Befriedigung über die Zurückziehung deö englischen Antrags Ansdruck. Dann gab

Graf Bernstorff

eine Erklärung ab, nach der die deutsche Abordnung den Kompromißantrag des griechischen Vertreters Politis an­nimmt. Die deutsche Abordnung hätte es vorgezogen, wenn die Kommission einstimmig den englischen Antrag angenom­men hätte. Jedoch gehe aus den Ausführungen Lord Robert Cecils eindeutig hervor, daß England seinen grundsätzlichen Standpunkt in der Abrüstungsfrage von neuem darlcgcn und seinen Antrag wieder aufnehmen werde. Praktisch habe die Kommission damit also beschlossen, daß diese Aus­sprache in der Abrüstungsbommission wieder ausgenommen würde und aus diesem Grunde sei Deutschland bereit, den griechischen Antrag anziiuehmen. Die Abrüstung könne selbstverständlich nur auf dem Wege gegenseitiger Zuge­ständnisse gelöst werden, jedoch könne man bei den bisheri­ge« vierjährig«» Verhandlungen der Abrüstungskommission

keineswegs von gegenseitige« Zugeständnissen reden. Deutschland würde es ablehnen, an Zugeständnissen mitzu­wirken, die nicht zu einer Herabsetzung, sondern im Gegen­teil zu einer Erhöhung nnd Stärkung der Rüstungen füh­ren. Graf Bernstorff beantragte, daß in den griechischen An­trag ein Zufatzantrag ausgenommen würde, wonach dem Streben der Völker nach einer ernsten Berwirklichirng der im Völkerbundspakt gegebenen Versprechen einer allgemeinen Abrüstung Rechnung getragen werde. Zum Schluß erklärte er, er halte selbstverständlich nach wie vor an der Forde­rung auf Herabsetzung der ausgebildeten Reserven fest, stimme jedoch mit Lord Robert Cecil darin überein, daß eine weitgehende Beschränkung des Kriegsmaterials bis zu einem gewissen Grade die gleiche Bedeutung habe, wie di« Herab­setzung de: anSgebilöetcn Reserven, da ohne Kriegsmaterial schließlich kein Krieg geführt werden könnte.

Der Antrag des griechischen Delegierten Politis wurde sodann von der Kommission angenommen und der deutsche Zusatzantrag in das Protokoll der Kvmmission eingeschlosscn.

Völkerbund «nd Internationale Bank.

TU Genf, 23. Sept. Der Vorschlag der kleineren Mächte, einen Zusammenhang zwischen Völkerbund und Internatio­naler Bank zu schaffen, kann im großen bereits als ab- gclehnt angesehen werden, nachdem sich am Samstag die Vertreter Deutschlands und Frankreichs in längeren Aus­führungen mit großer Uebereinstimmung auf den Stand­punkt gestellt haben, daß es gefährlich wäre, jetzt bereits einen Zusammenhang zwischen Völkerbund und Internatio­naler Bank herzustcttcn, und daß eine Rechtsgrundlage hier­für nicht vorhanden sei.

Der Vertreter Englands hat sich noch nicht geäußert, je­doch ist bekannt, daß Unterstaatssekretär Dalton, der England im Wirtschaftsausschuß vertritt, die Auffassung Loucheurs teilt. Die wahre Ursache der Haltung der großen Mächte dürfte in der Rücksichtnahme ans die Vereinigten Staaten liegen.

iOühlgMlg 102.

Der Streit um die Verständigungspolitik

Deutschnationale Sonderverhandlungen

Berlin, 23. Sept. Unter der ÜberschriftWer war in Paris?" wendet sich die Nationalliberale Korrespondenz gegen Vorwürfe von dcutschnativnaler Seite, datz die Außenpolitik Stresemanns willenlos der französischen Außenpolitik folge und macht Enthüllungen über Verhand­lungen deutschnationaler Politiker mit französischen Mili­tärs Der -cutschnationale NeichstagSabgcorduele Dr. ing. Moritz Klönne, so bchanptct die volkspartciliche Korrespon­denz, reise seit dem Jahre 1928 in politischer Mission nach England «nd Frankreich. Er habe in zahlreichen Gesprä­che» mit französischen Politikern den Franzosen ein Militär­bündnis «nd ein Znsammcngche« Dentschlands «nd Frank­reichs gegen Sowjetrußland angctragen und über dasselbe Thema mit einem hervorragende« beamteten englischen Po-, litikex Besprechungen gehabt. Er» französischer General, ein hervorragender Kenner des augenblicklichen Nüstnngszn» standes in Deutschland, sei mit Wissen von Klönne «nd der hinter ihm stehenden Dentschnationalcn im Winter 1327 bis 1928 inkognito nach Berlin gekommen, um mit dentsche« Mi­litärs zu sprechen.

Die Teutschnationalen hätten es Unterlasten, bas Aus. wärtige Amt von diesem Schritt in Kenntnis zu setzen. Im Frühjahr 1S28 seien die Besprechungen nach Paris verlegt und maßgebliche Politiker der französischen Rechtsparteien, darunter ein bekannter ehemaliger Militär, beteiligt worden.

Dr. Klönne verteidigt sich.

Reichstagsabgeordneter Dr. Klönne teilt der Tele- graphen-Union u. a. mit:

Die Nationallibcrale Korrespondenz, das amtliche Sprachrohr der Partei des Herrn NeichSaußenministers, brachte Mitteilungen über Verhandlungen Leutschnationaler Herren, bei denen ich genannt wurde, und die ich nicht un­widersprochen lasten will. In dem angczogenen Artikel sind Wahrheit und Dichtung in erstaunlicher Weise gemischt. Es ist richtig, daß ich inicht 1926, sondern 1S27j in London Unter­handlungen mit führenden englische« Politikern gepflogen habe, die die Entwicklung Europas «nd besonders die dentsche Sache betrafen. Bei diesen Gesprächen, bei denen sich meine Stellung als Privatmann, der ohne Auftrag der Regierung oder seiner Partei, nur seine eigene Meinung zum Aus­druck brachte, ausdrücklich betonte, führte ich etwa aus, daß Deutschland für eine dentsch-englisch-französische Zusammen­arbeit nur dann in Frage käme, wen« wenigstens die eleinen» iarsten deutfcken Forderungen erfüllt würden. Als solche nannte ich nicht nur, wie die N. L. C. richtig ausführt,Räu- mumr der Rtzeuilaitöe mU> Rückgabe der Saar. Widerruf

der Kriegsschuldlüge" (und zwar nicht durch den ehemalige« Feindbund),gewisse Erhöhung des deutschen Heeresbestau- des", sondern und das vergißt die N. L. C., bezeichnender­weise, in erster Linie die unbedingte Rückgabe des Weichsel- Korridors, volle Wiederherstellung der deutsche« Souve­ränität »nd eine Revision des Daweöplanes in dem Umsang, datz Dentschland höchstens die Hälfte der festen Dawes- Annuität zu zahlen hätte.

Es versteht sich von selbst, datz tch bas Auswärtige Amt über diese Unterhaltungen, obwohl sie rein privater Natur waren, alsbald unterrichtet habe.

Mit französischen politische» Persönlichkeiten habe ich lm Winter 1927/28 in Berlin Unterhaltungen ähnlicher Art wie vorher in London gepflogen, wobei ich nach meiner Auffas­sung über die Nechbergschen Pläne gefragt wurde, und die­selbe« Forderungen wie in London vertrat. Ich glaube nicht, daß irgend jemand das Recht hat, derartige Unterhaltungen Angebote zu nennen. Im Frühjahr 1928, ebenso wie 1929, war tch nicht in Parts. Die hieran geknüpften Bemer­kungen sind frei erfunden. Dagegen hatte ich während der Pariser Verhandlungen über den Bonngplan den Besuch französischer Politiker, wobei über den Nonngpla« selber ge­sprochen wurde. Auch hier war von Angeboten von einer der beiden Seiten nicht die Rede, auch in diesem Falle habe Ich das Auswärtige Amt unverzüglich unterrichtet. Ich bin der Meinung, daß «ine Außenpolitik in dem von mir skiz­zierten Nahmen, in denen die deutschen LebenSnotwcndig- keiten in den Vordergrund gestellt werden, den Anschau­ungen und Forderungen des nationalen Dentschlands ent­spricht. Tie sogenannte Verständigungspolitik des gegen­wärtigen Herrn Neichsanßcnministers kann tch allerdings nur Unterwerfungspolitik nennen. Solange frei­lich unsere ehemaligen Gegner die Chance haben, mit dem amtlichen Deutschland eine derartige Politik zu machen, roer- dcn sie zu einer ehrlichen Verständigungspolitik nicht bereit sein.

Politische Zusammenstöße in Berlin

TU Berlin, 23. Sept. Am Sonntag mittag hielt die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei einen Umzug in Neukölln ab, bei dem es zu zahlreichen Zwischenfällen mit Kommunisten gekommen ist. Auf dem Herzbergplatz wurde ein Mitglied des Stahlhelm von mehreren Personen überfallen und am Kopf verletzt. Als das Ueberfallkom- mando erschien, waren die Täter bereits entkommen. Meh­rere Kommunisten, die den Aufmarsch der Nationalsozialisten stören wollten, wurden verhaftet. Auch an anderen Stellen Berlins kam zu es politischen Zusammenstößen, so auch am

Tages-Spiegel

Lord Cecil hat seinen Antrag auf Revision der Arbeits­methoden in der Abrüstungskommission zugunsten einer Komprourißsormel zurückgezogen. Frankreichs Sabotage­politik hat wieder triumphiert.

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Zwischen deutschnationale« Politikern sowie englische« und französischen Staatsmännern haben in London «nd Paris private Sonderbcsprcchnugeu über eine deutsch-französisch'' Zusammenarbeit stattgefnnden.

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Der Reichsausschntz für das Volksbegehren hat sich nach langwierige« Verhaudlnrigen über den Paragraphen 4 geeinigt.

In amtliche« Washingtoner Kreisen herrscht die Auffassung, datz London als Tagungsort für die Fünsmächtekonferenz endgültig gewählt wird.

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In London ist der angesehene Privatbankier Hatrey in nn- durchsichtigc Börsengeschäfte verwickelt, die zu gewaltige» Kursstürzen «nd zur Verhaft«»- Hatreys führte».

«

Ein schweres Erdbeben suchte die asiatische Türkei heim. Mch» rere Dörfer, darunter Schirau und Sariascha wurden voll­ständig vernichtet. Die Verluste find noch »«bekannt.

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DaS russische FlugzeugLand der Sowjets" ist aus seiner Amerikafahrt von de« Alcnte« zur Ueberqnerung des Stillen Ozeans anfgestiege«.

Bahnhof Rahnsdorf, wo Stahlhelmer von Kommunisten überfallen wurden. Es kam zu einem Handgemenge, bet dem zwei Personen Kopfverletzungen erhielten. Ein Betei­ligter wurde -er Polizei übergeben. An einer anderen Stelle kam es zu einem Zusammenstoß zwischen Nationalsozialisten und Mitgliedern -es Arbeiter-Rcrdfahrerbunöes. Auch hier wurden 2 Personen von der Polizei festgenommen. Im gan­zen wurden etwa 80 Kommunisten verhaftet, wozu noch in den Abendstunden 21 weitere Verhaftete hinzukamen.

Die Herbststürme kommen

Sturmschäden in Berlin.

TU. Berlin, 23. Sept. Der Sturm, der im Laufe des Sonntags über Norddeutschland tobte, hat in Berlin erheb­lichen Schaden angertchtet. Die Feuerwehr wurde etwa 20 mal alarmiert, da der Sturm Dachrinnen, Gerüste «nd Re- klameschilder in verschiedenen Stadtteilen abgerissen hatte. Auch Störungen tm Straßenbahrrverkehr waren zu verzeich­nen, da der Sturm verschiedentlich Schäden an den Ober- Leitungen verursacht hatte.

Stnrm auch im Küstengebiet.

In Hamburg hielt gestern das stürmische Wetter an. Die Böen erreichten zeitweilig eine noch größere Stärke, als an den Vortagen. Sowohl in Cuxhaven als auch tm Hamburger Hasen erreicht« das Wasser zur Flutzeit eine erhebliche lfast 7 Meter) Höhe, so daß verschiedentlich Warnungsschüsie ab. gegeben werden mußten. In den Kanalhäsen Holtenau und Brunsbüttel hat ein« ganze Reih« Küstenfahrzeuge Schutz gesncht, um ruhigeres Wetter abzuwarten. Wie ans Helgo­land genreldet wird, mußte die Küstenfischerei vorläufig ein. gestellt werden. Die in See befindlichen Fahrzeug« konn­ten jedoch rechtzeitig einen Hafen erreichen.

Verkehrsstörungen im Livcrpooler Hase«.

TU London, 23. Sept. Schwere Südwcststürme haben den Schiffsverkehr im Liverpool» Hafen stiügelegt. Erst am Sonntag konnten die groß«« Amerika- und Kanada-Damp­fer, di« schon am Freitag in See gehen sollten, den Hafen verlassen. Einige Schisse hatten mehr als 1000 Fahrgäste an Bord.

Schwere Uuwetierschädeu in Italic«.

TU Mailand, 23. Sept. Aus der Proviirz Basilicata wer­den heftige Gewitterstürme gemeldet. Di« Eisenbahnlinie BattipagliaPotenza wurde an mehreren Stellen von Erd­rutschen unterbrochen. Dt« Stationen Sicignano wurde überschivemmt. Der Fluß Tanagru ist über seine User ge­treten und hat mehrere Brücken, darunter auch die eiserne Brücke von Conturst hinweggerisien. Der Eisenbahnverkch mußte eingestellt werden.

Das englische Luftschiff F 101 fertig

TU London, 28. Sept. Es verlautet, daß die Arbeiten an dem englischen Luftschiff R 101, das für Rechnung des britischen Staates in Cardington gebaut wird, soweit fort, geschritten sind, daß die Versuchsflüge innerhalb der nächsten 14 Tage beginnen können. Die Mannschaft des Militärflug­platzes Henlow hat bereits Anweisung erhalten, sich für das HerauSbringen und Verankern des Luftschiffs an einem Ankermast bereitzuhalten.