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nichts besaß. Ein anderer Redakteur wurde zu 30 Mk. Strafe verurteilt. Ein drittes Jndividium, das mich beschimpfte, wurde freigesprochen, weil das Gericht annahm, daß esnicht im Bewußtsein der Beleidigung* gehandelt habe. Auch in diesem Falle mußte ich die Kosten zahlen. Seit dieser Zeit verklage ich niemand mehr. Ich verzichte auf die Hilfe der irdischen Gerechtigkeit und die Aufregung eines langwierigen und für mich zwecklosen Beleidigungsprozesfes. Denn ehrliche und anständige Männer verleumden mich nicht. Was mir die Lausbuben derDonauzeitung", des Bayer. Kurier" und anderer ultramon­taner Verbündeten des Demokraten Köhl Nachrufen, ist mir Wurscht und egal".

Karlsruhe, 28. April. Der Kaiser und die Kaiserin sind um 5 Uhr von Straßburg mittelst Hoszugs hier einge­troffen. Die Stadt, besonders das Rat­haus und der Marktplatz, zeigen einen prächtigen Festschmuck.

Lemberg, 26. April. Um Mitternacht brach in der Stadt Buczacz eine Feuers­brunst aus, die 200 Häuser einäscherte. 3000 Personen sind obdachlos. Zwei sollen verbannt sein.

Meiningen, LI. April. Ein schreck- liches Unglück hat in Walldorf die junge Frau des Mühlenbesitzers Salzmann be­troffen. Sie wollte, derJlseztg." zufolge, die Peitsche ihres kleinen Sohnes, die in der Nähe des Wasserrads in den Mühl­bach gefallen war, aus dem Wasser her- ausholen, wobei sich ihre Kleider an der Welle der Kreissäge verwickelten. Der Körper der Unglücklichen wurde mit furchtbarer Gewalt herumgeschleudert und eingekeilt, so daß schließlich das ganze Triebwerk stehen blieb. Die Frau war so gräßlich verstümmelt, daß sie nach wenigen Augenblicken ihren Geist aufgab.

Zum Ausbruch des Typhus bei der Kolonne Glasenapp schreibt die K. Z.: Das Ausbrechen der Typhuskrankheit war vorauSznsehen. Es würde sich, dem Vorbilde der Engländer aus dem Trans­vaalkriege entsprechend, empfehlen, die noch als Ersatz hinauszusendenden Mann­schaften während der Seereise gegen Ty­phus immun zu machen. Die Immuni­sierung könnte im Einvernehmen mit dem Berliner Institut für Infektionskrank­heiten veranstaltet werden. Die augen­blickliche Einimpfung ist zwar unbehag, lich, es stellt sich auch starkes Fieber ein, doch tritt nach einigen Tagen wieder der normale Zustand ein. Mann sollte jeden­falls die Immunisierung an den Mann­schaften vornehmen, die als Ersatz für die Kolonne Glasenapp bestimmt sind.

Der Empfang des Kaisers in Venedig bildete einen glänzenden Ab­schluß der schönen Reise. Das italienische Volk brachte hier und auf s der ganzen Fahrt, in Neapel, in Unteritalien und auf Sizilien, dem Kaiser seine lebhaften Sympathien in der liebenswürdigsten Weise dar. Gestern besichtigte der Kaiser die Sammlung von Bildern und Skizzen, die der Marinemaler Stöwer während der Fahrt gemalt hat. Der Künstler erhielt den Roten Adlerorden vierter Klasse.

Söul, 26. April. Die Russen ziehen sich zurück. Sie haben in verschiedenen Engpässen in der Nähe von Widschuh zahlreiche Minen gelegt. lzEine russische Mine explodierte, als der Paß von Ja­panern durchzogen wurde und zahlreiche

Japaner wurden infolgedessen getötet oder verwundet. Einzelheiten fehlen noch.

Petersburg, 28. April. Ein Tele­gramm des KomreadmiralS Jessen an den Kaiser von gestern lautet: In Ge- san bohrten am 25. April 2 russische Torpedoboote den japanischen Dampfer Gojo Maru" von 500 Tonnen in den Grund, nachdem sie vorher die ganze Be­satzung hatten an Bord gehen lassen. An demselben Tage wurde gegen 8 Uhr abends auf See der japanische Dampfer Nakareuran Maru" von etwa 220 Ton­nen in den Grund gebort. Seine Be­satzung nahm ich zu mir an Bord. In der Nacht wurde ferner um Isis Uhr der japanische MilitärtransportdampferKin- schin Maru" von 4000 Tonnen in den Grund gebohrt. Er hatte Reis, verschie­dene Kriegsvorräte und gegen 1500 Ton­nen Kohlen geladen. Der Dampfer war mit vier 47 mm Hotchkißkanonen armiert. 17 Offiziere, 20 Soldaten, 85 Kulis und 65 Mann Bemannung, die sich ergaben, nahm ich zu mir an Bord. Der ohne Offiziere zurückgebliebene Teil der Land­ungsabteilung weigerte sich nicht nur ent­schieden, sich zu ergeben und sich aus meinen Kreuzer zu begeben, sondern lei­stete bewaffneten Widerstand und fand daher mit dem Schiff, das in den Grund gebohrt wurde, seinen Tod.

St. Louis, 27. April. Die Welt­ausstellung wird am 30. ds. Mts. durch den Präsidenten Roosevelt eröffnet wer­den, indem er durch einen Druck auf den goldenen Knopf einer elektrischen Leitung alle Maschinen der Ausstellung in Be­wegung setzt. Gleichzeitig feiert das Fort Meyer" bei Washington einen Salut von 21 Schüssen ab. Bis auf einige kleinere Gebäude wird die Ausstellung bei der Eröffnung vollständig sein.

Lokales.

Wildbad, 28. April. Durch die Schrägstellung der Brücke bei der Trink­halle wurde die Verlegung der Kanali­sationsröhren daselbst notwendig. Bei den Grabarbeiten welche gegenwärtig zu die­sem Zwecke vorgenommen werden trat nun gestern in der Tiefe von ca. 4 Metern plötzlich warmes Wasser zu Tage in der Temperatur unserer Thermalquellen. Dasselbe wird vermutlich im Zusammen­hang stehen mit den Quellen unter dem König-Karlsbad, worüber die nähere Un­tersuchung bald Aufschluß geben dürfte. Eine weitere interessante Entdeckung wurde daselbst durch die Auffindung mehrerer altertümlicher Thongefäße gemacht, welche in einem Kreise aufgestellt waren, umge­ben von vermodertem Reisig. Es wird vermutet, daß es sich hiebei um Funde römischen oder keltischen Ursprungs han­delt. Einige Stück hievon wurden bereits zur Untersuchung nach Stuttgart gesandt.

Auf der internationalen Ausstell, ung von Hünden aller Rassen, welche vom 23. bis 25. April in Karlsruhe stattfand, erhielt Hr. A. Zähringer hier für seinen Isis jährigen Barsoi (russ. Windhund) unter 18 Hunden dieser Rasse den 3. Preis, bestehend in einer Geld­prämie.

DemSchw. M." wird von hier geschrieben: In der letzten Zeit wurde hier eine fieberhafte Tätigkeit entfaltet, um für den Beginn der Kurzeit alles in Ordnung zu bringen. Einzelne Prioatge- bäude wurden neu erstellt, andere mir einem frischen Anstrich versehen, so daß

sie nun einen freundlichen, einladenden Eindruck machen. Die Straßen werden die gewohnte, von unfern Kurgästen stets gerühmte Reinlichkeit zeigen. Die An- lagen prangen in frischem Grün. In den Bädern waren diesen Winter größere Bauarbeiten nicht nötig; dagegen wurden kleinere Schäden ausgebesfert. Dasselbe gilt vom Theater. Mit unserer früher ausgesprochenen Vermutung, daß es mit der Vollendung der vergrößerten Trink­halle bis 1. Mai nicht ganz reichen werde, haben wir recht behalten. Aber die ener­gische Arbeit letzt es außer Zweifel, daß der Termin nicht allzusehr überschritten werden wird. Die Erweiterung ist natür­lich mit dem Stil der Halle in vollstän­digen Einklang gebracht. Wesentlich gewinnen wird die Halle durch den neuen, vornehmen, freundlichen Anstrich, den sie unter der kundigen Leitung von Nachbaur- Stuttgart gegenwärtig erhält. Auch die neue Brücke über die Enz unterhalb der Trinkhalle wird bis 1. Mai nicht ganz vollendet sein. Sie wird ebenso solid wie praktisch gebaut. Was die beabsichtigte Bergbahn betrifft, so ist die Kommission seither nicht untätig gewesen. Als sicher darf angenommen werden, daß für die Bahn eigentlich nur noch der westlich von der Stadt gelegene Sommersberg in Betracht kommt. Die Maschinenfabrik Eßlingen, an die sich die Kommission zu­nächst wandte, hat einen generellen Kosten» Voranschlag übersandt, wonach sich die Kosten der Herstellung bei elektrischem Antrieb auf etwa 220 000 Mk., bei An­trieb mit Wasserkraft etwas höher stellen würden, während die Betriebskosten im ersteren Falle höher wären, als im letzteren. Bei dieser Berechnung ist vorausgesetzt, daß' seitens der Gemeinde das nötige Gelände umsonst abgegeben würde. Die Uebeczeugung scheint mehr und mehr durchzudringen, daß die Erbauung der Bahn ebenso für unsere Kurgäste wertvoll sei, wie sie im wohlverstandenen Inter­esse unserer Badestadt liege. Es ist dar­um auch nicht daran zu zweifeln, daß der Plan seitens der Gemeindevertretung em wohlwollendes Entgegenkommen finden wird. Den weiteren Schritten der Kom­mission ist bestes Gelingen zu wünschen. In das Krankenheim der württ. Ver­sicherungsanstalt sind bereits Ende der letzten Woche die ersten Gäste eingezogen, und bald wird dasselbe vollständig besetzt sein.

Vom 1. Mai ab verkehren die Züge auf hies. Station wie folgt: Abt 4.30 (Werkt.), 5.23, 7.42, 8.58, 10.11, 1.25, 3.30, 5.50, 6.50, 8.05, 9.14 (Sonn- u. Feiert.) An: 6.58 (Sonn- und Feiert.), 8.10, 9.57, 11.05, 1.53, 2.45 (Sonn- u. Feiert.), 3.29, F.I3, 7.33 (Werkt.), 7.50, 8.42 (Werkt.), 9.04 (Sonn- u. Feiert.), 11.20.

Starrdesbuch-KHronik

der Stadt Wildbad vom 22. bis 28. April 1904.

Geburten:

18. April. Drebinger. Georg Konrad, Friseur hier, 1 Tochter.

Ehescvließungen-.

23. April. Rothiuß, Wilhelm Friedrich, Gipser hier und Bott, Luise Christiane hier.

Gestorbene:

24- April. Fuchslocher, Mathilde, Tochter des Mechanikers Wilhelm Georg Fuchs­locher hier, 3 Monate alt.