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betrachteten sich jedoch gegenseitig recht verwundert.

Von einem wandernden Fels im Riesengebirge wird der Voss. Ztg. aus Hirschberg geschrieben: Am Dienstag hat der wohl 3000 Zentner schwere Fels am Kochelfall, in dem die Tafel zur Erinner­ung an die Anwesenheit König Friedrich Wilhelms III. und der Königin Luise eingelassen ist, sein altes Lager verlassen und sich beinahe 1 Meter bergab bewegt. Die Tafel ist unversehrt.

Ein recht ernstes und darum be­achtenswertes Zeichen der Zeit enthält die nachstehende, mit der UeberschriftJugend von heute" versehene Zuschrift an das Wochenblatt in Gottesberg in Schle­sien: Eine häßliche Scene wurde auf der vollbesetztenUngerbaude" beobachtet. Sitzen da an einem Tische acht junge Mädchen, eben aus der Schule entlassene Konfirmandinnen und trinken ganze Glä­ser Bier mit einem Zuge aus; etliche waren tatsächlich total betrunken. Man fragt sich bei dem Anblick solcher Mäd­chen, wo sind hier die Früchte einer acht­jährigen Erziehung in der Schule, wo die Versprechen, die sie am Bormittag in der Kirche abgelegt haben? Und die Eltern?

Die ungeheure Steigerung der Unfallrenten in den letzten Jahren er­gibt sich am besten daraus, daß im Jahre 1886 an Verletzte 2 Millionen Mk., im vergangenen Jahr dagegen 118 Milli­onen Mark Entschädigungen gezahlt wur­den, wobei zu bedenken ist, daß die Bei­träge zur Unfallversicherung von den Arbeitgebern allein aufgebracht werden.

Die siegreichen Gefechte in Deutsch- Südafrika haben leider den Hauptzweck die aufständischen Hereros am Ab­marsch gegen die Ostgrenze der deutschen Kolonie zu hindern nicht erreicht. Darüber werden erst weitere Kämpfe entscheiden. Die Abteilung Glasenapp fiel, wie jetzt zugestanden wird, bei Owi- korero in einen Hinterhalt, als sie den mit ihren Viehherden nach Osten gegen das englische Betschuanaland hin flüchtenden Aufständischen im Eifer zu rasch nachrückte. Bei Okaharui konnte die Abteilung diese Niederlage militärisch wieder gut machen, wenn auch mit star­ken Verlusten. Nun hat der vorsichtigere, im jahrelangen Kleinkrieg mit den Wit- boi-Hottentotten und den Bondelzwarts geschulte Gouverneur Leutwein die Haupt­macht der Hereros bei Ongajira ereilt und geschlagen. Es gelang ihm aber auch nicht, die Flüchtenden von der deutsch-englischen Grenze abzudrängen. Es war ein Fehler, daß nicht sofort mit den ersten Truppentransporten auch eine größere Zahl Militärpferde nach Süd­afrika geschickt wurde. Der Mangel an Kavallerie hindert die deutschen Führer an einer schneidigen Verfolgung der fliehenden Feinde.

Wien, 12. April. DiePolitische Korrespondenz" meldet aus Athen: Den

Blättern zufolge wird Kaiser Wihelm in Korfu von dem König Georg, dem Kron­prinzen und der Kronprinzessin, ferner vom Oberkommissar von Kreta. Prinz Georg, und von den Prinzen Nikolaus und Andreas begrüßt werden. Man glaubt, der Kaiser werde zwei Tage auf Korfu zubringen.

Vorige Woche hat der Präsident des ehemaligen Orange-Freistaates Steijn von Cannes aus dem Präsidenten Krü­ger in Mentone einen Besuch gemacht. Schon daraus geht hervor, daß der Ge- sundheitszustand des Herrn Präsidenten sich außerordentlich gebessert hat; aber ein noch handgreiflicherer Beweis liegt in der Tatsache, daß er mehrere Briefe eigen­händig schreiben konnte. Die mit zittern­der Hand geschriebenen Briefe lassen wohl noch eine Schwäche erkennen, aber vor wenigen Monaten konnte er an Schreiben überhaupt noch nicht denken. Wahrschein­lich wird Herr Steijn, wie dieZuid Af- rikaansche Post" meldet, im September nach Südafrika zurückkehren. Binnen kurzer Zeit gedenkt er sich nach Paris zu begeben. Wohin er dann seine Schritte wendet, ist nicht bekannt. Auch nach seiner Rückkehr nach Südafrika wird er die seine Nerven stärkende Landkur fortsetzen, aber in milderer Form. Er wird sich nicht in Bloemfontein niederlassen, sondern in der Stille seines Landbesitzes sich mit dem Betriebe der Landwirtschaft befassen, eine Tätigkeit, die er schon im Hause seines Vaters ausgeübt hat.

Barcelona, 12. April. Gegenden Ministerpräsidenten Maura wurde beim Verlassen des Generalratsgebäudes ein Anschlag verübt. Maura wurde durch einen Dolchstich verwundet.

Barzelona, 13. April. Zu dem Attentat gegen den Ministerpräsidenten Maura berichtet ein Telegramm der Daily Mail" mehrere Einzelheiten. Danach trug der Attentäter Arial den Dolch in einem schwarzen Tuch eingenäht. Er näherte sich dem Wagen Mauras mit dem Zuruf:Guten Tag, Don Antonio!" Als Maura sich umwandte, führte Arial einen Stoß gegen Mauras Brust, nahe dem Herzen, wobei er rief:Lang lebe die Anarchie!" Der Dolch prallte an einem Knopf der Uniform ab, wodurch der Stoß geschwächt wurde. Maura selbst zog den Dolch aus der Wunde und rief: Haltet den Mörder!" Die Aerzte des Königs leisteten dem Minister sofort Bei­stand. Maura hatte inzwischen weitere Blutverluste durch Aufdrücken seines Ta­schentuches auf die Wunde verhindert. Die Aerzte erklärten, es sei ein wahres Wunder, daß die Wunde nicht tätlich gewesen sei. Der Attentäter Arial ver­folgte seit mehreren Tagen Maura. Er hatte einen Mitverschworenen, welcher verhaftet ist. Beide gehörten einem reoo- ilutionären Jugendbunde an.

Petersburg, 13. April. Nach einer! Meldung der russ. Telegraphenagentur 'ist vor Port Arthur das Panzerschiff

PetropawlowSk u nt erg e gangen. Nur 4 Offiziere sind gerettet, darunter der Großfürst Kyrill, der verwundet ist.

Petersburg, 13. April. Der Ha- fenkommandant Gcigorowitsch telegrafierte am 13. d. M. an den Kaiser:Petro- pawlowsk" geriet aus eine Mine, explo­dierte und kenterte. Unser Geschwader liegt unter dem Goldenen Berg; dar japanische nähert sich. Admiral Maka- ro ff ist anscheinend umgekommen. Groß­fürst Kyrill gerettet, leicht verwundet.

Petersburg, 13. April. Admiral Makarow ist beim Untergang desPetro- pawlowsk" ertrunken; Großfürst Kyrill ist schwer verwundet. Vizeadmiral Ma­karow, der Oberbefehlshaber des russischen Geschwaders, war seinerzeit erst an Stelle des durch den berühmten ersten japani- schen Torpedoangriff überraschten Admi­ral Stark zum Kommandanten des Port Arthur-Geschwaders ernannt worden. Er galt als einer der fähigsten jüngeren russischen Admirale. Die Japaner selbst bestätigten in ihren offiziellen Berichten, daß seit seiner Kommando-Uebernahme ein neuer Geist in die russische Flotte ein­gezogen sei. Daß der tapfere Führer, der überall persönlich auf dem gefährlichen Posten erschien, so schnell ein Opfer des Krieges werden mußte, wird überall tie­fes Mitgefühl wachrufen, da der kühne Seemann sich die Sympathien der Welt errungen hatte. Für die russische Flotte bedeutet sein Tod einen überaus schweren Verlust.

Mit dem Admiral Makarow ist der gesamte Stab untergegaugen. Anläß­lich der glücklichen Errettung des Groß­fürsten Kyrill hat bereits ein Dankgottes­dienst stattgefunden. Heute wird eine feierliche Totenmesse für die untergegang« ene Besatzung zelebriert werden. Maka row hinterläßt eine Witwe. -

Nach Berichten des Kommandan­ten von Port Arthur gingen die Panzer- schiffe und Kreuzer unter der Flagge des Kommandanten in See, als der Feind sich zeigte. Sie verfolgten einen Teil der feindlichen Streitkräfte und kehrten, da jene sich bis auf 30 Schiffe vermehr­ten, aus die Rhede zurück. Hierbei geriet das PanzerschiffPetropawlowSk" auf eine Mine. Dies hatte den Untergang des Schiffes zur Folge. Das Schiff hatte eine Besatzung von 700 Mann, hievon wurden nur 6 Offiziere und 32 Mann gerettet.

StcrnöesbucH-GHrronik

der Stadt Wildbad vom 8. bis 14. April 1904.

Geb urte n:

5. April. Riexinger, Robert August. Schneider­meister hier, fin Sohn. Aufgebote:

8. April. Bentele, Christian Daniel, Goldarbei­

ter in Stuttgart und Lutz, Berta Wilhelniin« von hier.

9. April. Wandpflug, Joh. Friedrich, Metzger

hier und Trenkle, Augusta von Güten­bach.

Wildbad.

Brückenholz-Verkauf.

Nächsten Montag, den 18. April

nachm. 1 Uhr

wird das Holz der alten Lindenbrücke auf dem Sägmühlplatz öffentlich verstei­gert, sodann ein dürrer Baum an der Calmbacher Straße. Stadtpflege.

W i l d b a d.

Ksllsk'-VSi'psoMunA.

Nächsten "Montag, 18 . April

nachm. 6 Uhr

wird auf dem hiesigen Rathaus der Keller unter dem Volksschulgebäude vom 1. Mai d. Js. ab auf unbestimmte Zeit im Aufstreich verpachtet.

Stadtpflege.