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Uro. 22.
Montag, öen 14. März 1904.
40. Jahrgang
Rundschau. >
Stuttgart, 11. März. Wie der „Schwab. Merkur" mitteilt, hat Württemberg im Bundesrat gegen die Aufhebung des H 2 des Jesuitengesetzes gestimmt.
Stuttgart, 9. März. Heute wurden zwischen hier und Königsberg i. Pr., Entfernung 1341,10 Klm. die ersten telephonis chen Gespräche mit Erfolg geführt.
Stuttgart, 10. März. Der W. Schutzverein für Handel und Gewerbe teilt mit, daß „Reisende" des Kunstatelier Metropole in Berlin 0, Wallner- theaterstraße 13 hier Bestellungen auf Vergrößerungen von Photographien auf- suchen unter dem Borgeben, das Bitd koste nichts. Nachher wird den Bestellern des .kostenlosen" Bildes ein Rahmen ins HauS gebracht und Abnahme desselben zu einem sehr guten Preise ver- langt. Es ist dies der bekannte, nicht mehr neue Tric der verschiedenen „Kunstinstitute", vor welchen wir wiederholt warnen. Sodann verkauft ein Hausierer, angeblich aus Kairo »Macco-Trikot-Hem- den", das Stück zu 6—7 Mk. Diese Hemden sind in gleich guter Ausführung in jedem hiesigen soliden Geschäft zu 4.50 Mk. erhältlich.
— In dem am 4. März veranstalte, ten Monatsabend des Bezirksvereins Stuttgart des Württembergschen Schwarzwaldvereins stellte der Vorsitzende, Pro- fessor vr. Endriß in einem Vortrag über den Ursprung des Wortes Wirtemberg eine neue Anschauung über die Herkunft des Namens auf. Dieselbe geht dahin, daß die für frühere Zeiten mit Sicherheit anzunehmende reiche Werderbildung zwischen Eßlingen und Cannstatt-Münster, ähnlich wie bei Werdenberg, Wirtsburg, Wertheim, Saarwerder, für das anschließende Gelände namengebend war. Jedenfalls würde sich damit, vorausgesetzt, daß die Ableitung des Wortes auch sprachwissenschaftlich sich begründen läßt, oder wenigstens möglich erscheint, eine sehr plausible Erklärung ergeben, welche unter allen bisherigen Deutungen am meisten einleuchten dürfte.
Alt« nsteig, 10. März. Der seitherige Besitzer der Rehmühle, Ernst Arm- bruster, Bierbrauer zum Schwanen hier, verkaufte gestern die Rehmühle um 13500 Mk. an Oekonom Walz in Aichelberg. Die Uebernahm» des Anwesens samt Wirtschaft erfolgt am 1. April d. I. Seine Majestät der König logierte schon mehrere Male bei Anständen auf Rehwild in der Rehmühle, die auch von Fremden häufig besucht wird.
St. Blasien, 8. März. Mit dem Sitz in Todtmoos und einer Zweignieder
lassung in Dürrheim hat sich die Aktien-^ gesellschaft „Kurhaus Todtmoos und Salinehotel Dürrhrim" gebildet. Gegenstand des Unternehmens ist die Fortführ, ung und der Betrieb der von I. Wirtle- Todtmoos bisher betriebenen Gasthöfe „Kurhaus Todtmoos" und Salinehotel Dürrheim". Das Grundkapital beträgt 362 000 Mk., zerlegt in Aktien zum Nenn- wert von je 1000 Mk. Vorsitzender des Aufsichtsrates ist Alois Müller-Degler in Säckingen. Der Vorstand besieht aus Moritz Weiß, Direktor in Todtmoos und Paul Zureich, Direktor in Dürrheim.
Frankfurt a. M., 9. März. Die Verdachtsgründe gegen den verhafteten Möbelträger Groß haben sich vermehrt. Er kann den Nachweis nicht erbringen, wo er sich in der Zeit, wo der Mord erfolgte, aushielt.
Würzburg, 6. März. Der Kom ponisr Simon Breu, dessen Volkslied „Wenn die Buben Steckenpferd reiten" vom Verlag der „Woche" mit dem 1. Preis (3000 Mk.) bedacht wurde, überwies dem Verfasser des Liedes, Lehrer Alois Joseph Rückert 600 Mk.
— Der Landkreis C o b l e n z hat die , nachahmenswerte Einrichtung getroffen, 'solchen Handwerkslehrlingen, die sich durch 'gute Leistungen ausgezeichnet haben, ein Sparkassenbuch über 20 Mk. als Prämie zu überweisen. Man hofft dadurch eine Grundlage zur Sparsamkeit geschaffen zu haben,
Berlin, 11. März. Wie in parlamentarischen Kreisen erzählt wird, hat Gouverneur Leutwein gemeldet, daß er zur Bewältigung des Aufstande- noch 800 Mann und zwei bespannte Batterien nötig habe.
Berlin, 9. März. Wie verlautet, hat der Kaiser die beabsichtigte Ulmec Münsterbaulotterie nunmehr für den Umfang der ganzen preußischen Monarchie genehmigt. Die nächste Ziehung soll schon Ende Mai statlfinden.
Berlin, 10. März. Die „Ntl. Cor- respondenz." meldet: Es dürfte als sicher angesehen werden, daß es dem Reichskanzler gelungen ist, den Widerstand gegen die Gewährung der Reichstagsdiäten, der an maßgebender Stelle bestand, zu überwinden. Der Reichstag wird in der nächsten Zeit eine entsprechende Vorlage erhalten.
— Prinz Prosper Arenberg lief nach zeugeneidlichen Aussagen schon im 7. Lebensjahr stets mit geladenem Revolver umher; als 8jähriger Knabe sing ec Fische, stach ihnen die Augen aus, schnitt ihnen den Bauch auf und warf sie wieder ins Wasser; im 16. Jahr begann er mit Dirnen in Wörishofen
nächtliche Orgien zu veranstalten, während seine Mutter und Schwester im Nebenzimmer schliefen ; er fing Katzen in Fallen, schnitt ihnen die Tatzen der Vorderfüße ab, damit sie sich nicht wehren konnten, und hetzte sie dann mit Hunden zu tot; als junger Offizier hängte er einen ausgegrabenen Dachs zwei Tag« lang an den Hinterfüßen auf, schnürte ihm das Maul zu und hetzte dann seine Hunde auf das gequälte Tier; einen Offizier, der ihm wegen seiner Grausamkeit gegen Menschen und Tiere Vorhalt machte, warf er an die Wand, daß er beinahe tot auf dem Platz blieb; wenn Ochsen geschlachtet wurden, weidete er sich an deren Todeszuckungen und stocherte mit einem Stock in dem Halsschnitt herum; in Deutsch» Südwestasrika schoß er einem Bastard Namens Kain, der ihm für unsittliche Zwecke eingeborene Weiber lieferte, aber sein schönes Damara-Weib nicht abtreten wollte, eine Revolverkugel durch den Kops, flach dann dem Schwerverletzten mit dem Ladstock fünfmal in den Schußkanal und bohrte im Gehirn herum, bis der Unglückliche starb. Wegen dieses schändlichen Mordes wurde Prinz Arenberg in Südafrika zu 10 Monaten Gefängnis, in Deutschland zum Tode verurteilt, dann vom Kaiser zu 15 Jahren Zuchthaus begnadigt und in einer dritten Verhandlung — als „geistesschwach" unter Verweisung in eine Irrenanstalt freigesprochen. Welcher Abgrund tut sich in einem solchen „Fall" vor uns auf! Welche Kette von Fehlern m der Erziehung und Behandlung, welche kolossalen Verschiedenheiten in der richterlichen und ärztlichen Beurteilung treten hier zu Tage! Wie konnte der grauenhafte Mensch Offizier werden und viele Jahre lang bis zu seiner gräßlichen Mordtat bleiben? Möge der schreckliche „Fall" allen Eltern und Erziehern, allen Machthabern und Vorgesetzten, allen Richtern und Nerzten mächtig an das Gewissen greifen und sie zum ern« sten Kampf gegen die Grausamkeit, die Unsittlichkeit und die Mordgier der im Menschen schlummernden Bestie antreiben. Nur auf dem Nährboden dieser menschlichen Erbfehler erwachsen schließlich solche Taten des offenbaren Wahnsinns.
— In Basel hat die Polizei eine Fälscherbande aufgegriffen, die in dieser Grenzstadt im größeren Stil eine geschickte Fabrikation falscher Pässe, Wanderbücher und Hermatscheine betrieb.
Prag, 9. März. Die Ansammlungen und Angriffe gegen die deutschen Stu- , denten wiederholten sich heute abend auf ^ dem Graben. Die Ruhestörer sind organisiert und werden von gut gekleideten Männern geführt, die sich abseits der