unter der studierenden Jugend breche sich im allgemeinen die Uebezeugung Bahn, daß man auch, vhue einen Rausch gehabt zu haben, ein braver Mann sein könne. Auch die Gesetzgebung beginne allmählich ihre lang versäumte Pflicht in dieser Beziehung nachzuholen. Deshalb dürfe man nicht verzagen. Eine so fest eingewurzelte Volsunsitte, wie das Trinkunwesen, sei innerhalb 20 Jahren nicht zu beseitigen. Der Vorsitzende des Vereins, führte u. a. aus: der Alkohol sei der größte Feind aller Kultur. 87°/» aller Sittlichkeitsverbrechen, 57°/» aller Selbstmorde, 30 bis 70°/o aller Epileptiker, 50°/o aller Eisenbahn-, 70°/» aller Schiffs- unfälle, 62°/o aller Prostituierten, die große Mehrzahl der Geisteskranken seien auf den Alkoholmißbrauch zurückzuführen. 67000 Familien verarmen alljährlich durch den Teufel Alkohol. Drei Milliarden werden alljährlich in Dmtschland für Alkohol ausgegeben. Deshalb müsse einmal die Gesetzgebung das Schankkon- zessionswesen beschränken. Ganz besonders müsse aber darauf hingewirkt werden, daß die Jugend vollständig vor dem Alkoholgenuß bewahrt werde. Es gibt wohl keinen Arzt, der den Alkoholgenuß für die Jugend nicht als schädlich bezeich- nen würde.
Klagenfurt, 20. Okt. Vier Touristen, die eineu Aufstieg auf den Großglockner unternahmen, mußten in eine Schutzhütte flüchten, da sie von einem Schneesturm überrascht wurden. Als sie sich auf der Rückkehr befanden, erneuerte sich der Sturm mit doppelter Gewalt und die Temperatur sank auf 19 Grad Kälte. In furchtbarem Zustande langten die Touristen im Tale an. Der eine hatte sich den linken Arm und den linken Fuß, ein anderer beide Unterarme erfroren.
Wien, 23. Okt. In den Alpen ist heftiger Schneefall eingetreten. Aus Ter- uopol (Galizien) wird gemeldet, daß ein Lokalbahnzug wegen Schneeverwehungen die Fahrt cinstellen mußte. Auch aus Bosnien und Serbien werden heftige Schueefälle gemeldet.
— Im Polizciarrest in Amstetten (Niederösterreich) saß vier Monate lang eine Frau, welcher niemand an ihrer Wiege vorausgesagl hätte, daß sie einst wie eine Vagabundin auf den Schub kommen würde. Es war die Freifrau Viktorine Wolfs von Todenwarth, ehemals Besitzerin des Rittergutes Eichenau bei Fulda in Hessen. Wegen mehrfacher Zechprellereien kam sie in die Hände der Sicherheitsbehörden, vom deutschen Konsulat in Wien traken zweimal kleinere Unterstützungen für sie ein. Kürzlich wurde sie nach vsirmonatlichem Aufenthalt i . Oestreich an die böhmische Grenze abgeschoben und dort den Behörden übergeben. Romanhaft klingt die Leidens, geschichte der Baronin. Sie entstammt einem alten angesehenen Adelsgeschlecht, das in Deutschland begütert ist, und verfügte über ein beträchtliches Vermögen. Es stellte sich ein eleganter Freier ein. Das unerfahrene Mädchen wurde die Gattin dieses Mannes, der sich Gustav Dathe nannte. Bald zeigte sich's jedoch, daß ihre Wahl auf einen Hoch- stabler gefallen war, der ihr Geld verschwendete. Mit dem Rest ihres Vermögens versuchte er in Monte Carlo sein Glück, kehrte aber mit leeren Taschen nach Deutschland zurück. Hier fahndete
bereits die Polizei uach ihm, denn es hatte sich herausgestellt, daß er bereits verheiratet war und Familie besaß, bevor er die Baronin heiratete. Im Kerker verübte er dann Selbstmord, der Kerkermeister fand ihn eines Tages mit geöffneten Adern in seiner Zelle. Der Ehe mit Date entstammt ein Sohn, der mit zunehmendem Alter Zeichen geistiger Beschränktheit zeigt. Er ist jetzt 22 Jahre alt, während die Baronin 47 zählt. Mit ihm wandert die einstige Rittergutsbcsitz- erin von Ort zu Ort, obdach- und mittellos.
— In Budapest hat ein» Trauung unter ganz eigentümlichen Umständen stattgefunden. Philipp Feldbauer, ein gefürchteter Schwindler, war zuletzt wegen einer mit großem Raffinement durchgeführten Wechsclsälschung zu einjähriger Kerkerstrafe verurteilt worden. Feldbauer hatte kurz vor Verübung seiner letzten Tat die Bekanntschaft der Tochter eines angesehenen Kaufmanns, des Fräuleins Etelka B. gemacht, die sich sterblich in ihn verliebte. Nach der Verurteilung Feldbauers begann das Mädchen hinzusichen. — Die zu Rate gezogenen Aerzte gaben übereinstimmend der Ueberzeugung Ausdruck, das Mädchen sei verloren, wenn sein Wunsch nach einer ehelichen Verbindung mit Felddauer nicht erfüllt werde. Schweren Herzens entschloß sich der Vater, dazu an den Gerichtshof das Ersuchen zu stellen, die Freiheitsstrafe Feldbaners wenigstens für die Dauer seiner Trauung zu suspendieren. Die Staatsanwaltschaft erklärte sich entschieden für die Abweisung des Ansuchens, im Justizministerium hatte man wegen der ärztlichen Gutachten Mitleid und erteilte die Bewilligung zur Trauung. In Begleitung eines Gefängnisbeamten und eines Detektivs verließ Feldbauer seine Strafzelle und begab sich ins Mat- r kelamt, wo seine Trauung mit Fräulein Etelka B. erfolgte. Nach der amtlichen Zeremonie ging das junge Paar ins Gefängnis zurück, vor dessen Tür der Abschied der Neuvermählten erfolgte. Am Nachmittag desselben Tages wurde der jungen Frau ein halbstündiger Besuch bei ihrem Gatten gestattet, dann schlossen sich für Feldbauer die Türen des Gefängnisses auf die Dauer eines Jahres.
— Der bekannte Millionär Mackay in Newyork ist gestorben. Er hinterließ ein Vermögen von 25 Millionen Dollars, welches er der Havard-Universität vermacht hatte.
— Noch nie soll in Stadt und Staat New-Aork und im Staate New-Jersey eine so entsetzliche Regenflut niedergegangen sein, wie Ende voriger Woche. Jetzt steht in New-Aork und Jersey eine Fläche Land unter Wasser, die so groß ist wie ganz England. Am meisten hat Paterson in New-Jersey gelitten. Das große Wasserreservoir dort kann jeden Augenblick bersten und die Stadt überfluten. Fünfzig Häuser wurden buchstäblich vom Wasser weggetragen. In den niedriger gelegenen Teilen der Stadt hat das Wasser sogar die oberen Stockwerke erreicht und in der Nacht vom Samstag zum Sonntag mußte die Polizei die Leute von den Dächern ihrer Häuser holen. An der Küste tobte ein Organ und viele kleinere Fahrzeuge gingen unter. Aber auch die Stadt New-Iork ist sehr schwer mitgenommen
worden. Die glich am .Samstag einem großen See. Wie der „Daily Mail" telegraphiert wird, boten der Broadway, die Fist Avenue mit ihren Milliardärpalästen und andere Hauptstraßen schon am Freitag den Anblick großer Ströme. Sie waren mehrere Stunden * hindurch völlig unpassierbar. In mehr als 100 Hotels konnten die Gäste kein Frühstück erhalten, und die Fahrstühle waren außer Betrieb, weil die unteren Geschosse mit den Küchenräumen und den Kraftstationen unter Wasser standen. Der Washington- Platz, auf dem der Marktabgehalten wird, bildet einen See, in dem Geflügel, Wild, Fleisch, Gemüse und Früchte herumschwammen. Auf den nach New-Aork führenden Eisenbabngeleisen stand daS Wasser vielfach 2—3 Fuß hoch, so daß es in die Lokomotiven drang, die Feuer auslöschte und die Züge zum Stehen brachte. Der Bahnverkehr mit den Vorstädten war fast völlig lahmgelegt. Die Züge konnten vielfach nicht bis zur Station Vordringen und blieben auf der Strecke liegen. Die Fahrgäste mußten, während sich eine wahre Sintflut über sie ergoß, aussteigen und sehen, wie sie weiterkamen. Die Geleise wurden streckenweise gänzlich weggewaschen. Einen grausigen Anblick boten mehrere Friedhöfe, die dem Hochwasser besonders ausgesetzt waren. Die eindringende Flut wühlte die Gräber auf; Särge und Leichen trieben im Wasser hin u. her. In Brooklyn und Jersey-City standen sämtliche Straßen mehrere Fuß tief unter Wasser. Der Verkehr mit New- Aork war unterbunden.
— Tod durch Schlaflosigkeit ist die in verschiedenen Teilen Chinas übliche Strafe für Mörder. Der Verbrecher wird durch beständige Schläge auf die Fußsohlen Tag und Nacht wach erhalten, bis er seinen Geist' aushaucht, was in der Regel nach neun bis zehn Tagen der Fall zu sein pflegt.
MnLevhactenöes.
Im Banne der Rache.
Von O. Elster.
13) (Nachdruck verboten.)
„Wenn Sie sich in der Tat stark fühlen," entgegnete Fran Peukert, „so lassen Sie uns einmal verständig und ruhig über das Vorgefallene sprechen. Ihre Reden vorhin waren so wirr und unverständlich."
Ein trüber Schatten glitt über das noch immer blasse Antlitz Cläres. „Ja, ich will Ihnen Alles erzählen, und Sie sollen mir dann sagen, was ich zu tun habe, wie ich handeln soll. Lassen Sie mich zu ihren Füßen niedersetzen."
Die alte Frau setzte sich in den Lehnstuhl, der am Fenster stand und der noch aus ihrem elterlichen Hause stammte. Cläre schmiegte sich zu ihren Füßen und erzählte unter Tränen und Schluchzen, was geschehen.
„Und so weiß ich selbst nicht," schloß sie, „was ich von all dem denken soll. Daß ich keine Mörderin bin, fühle ich, weiß ich, und doch sprechen alle Umstände gegen meine Worte. Ist es möglich, daß ich im Wahnsinn, in einer seelischen Betäubung gehandelt habe . . ."
Frau Peukert lächelte. „Ich habe viel von diesen Dingen gelesen," sprach sie. „Bon Hypnotismus, von Suggestion,