Amtsblatt Anzeiger

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Ars. 113

Arsitag, 25. September 1903.

3D. InHrrgcruc;

Rundschau.

Birkenfeld. 21. Sept. Der wegen Unterschlagung steckbrieflich verfolgte Po- lizeidiencr David Hack wurde von Frank­furt aus nach Neuenbürg eingeliefert und sofort auf freien Fuß gesetzt, da sich der Verdacht als unbegründet erwiese» hat. Hack versieht bereits wieder seinen Dienst-

Ulm, 21. Sept. Ein Herr Josef Küstner aus München führte gestern einem größeren Kreis von Industriellen und Technikern ein von ihm erfundenes Was­serrad vor, das berufen sein dürfte, die Kräfte fließender Gewässer in weit grö­ßerem Maße als bisher dienstbar zu machen. Das Modell hat an der Peri­pherie eines kreisförmigen Gestells 12 bewegliche Doppelschanfeln, die stch bei entgegenströmendem Wasser aus der einen Scheibenhälfte aufstellen, dadurch den Wasserdruck zur Wirkung bringen, und auf der arideren Seite sich zusammen­klappen und so der Bewegung gegen die Strömung, alio der fortgesetzten Dreh­ung, keinen Widerstand entgegensetzen. Das Rad läuft sowohl horizontal als vertikal und halb eingetaucht so gut wie ganz unter Wasser. Seine Vorzüge be­stehen in dem Wegfall kostspieliger Was­serbauten, in der Benützung einer großen Anzahl von Rädern hintereinander in einer Wasserrinne und in dem teilweise' höheren Nutzeffekt.

Biber ach, 19, Sept. Ein neues Mittel um die vom Grund aüs aus­dringende Feuchtigkeit in Gebäuden ab- znhalten, wird derzeit hier in Anwend­ung gebracht. In den Räumen der stück­igen Wirtschaftzum Rosengarten" hier, Eigentum von Gebr. Zell, richtete seit langem diese Feuchtigkeit große Verheer­ungen an der Täferung und am sonstigen Holzwerk an. Derzeit wird nun dicht über dem Sockel das Mauerwerk des Gebäudes in Etappen durchgesägt, und in die ent­stehende Schnittöffnung werden zwei durchgehende Lager starker Asphaltpappc, in bereu Mitte stch eine dünne Bleiplatte befindet, eingefügt. Auf diese Weise hofft man, die Grundfeuchtigkeit am aufwäcts- dringen zu verhindern. Die entstehenden Fugen werden mit Zement ausgegossen. Die Arbeit ist ihrem Ende nahe und hat sich als rasch ausführbar erwiesen. Sollte sich das Abhilfsmittel bewähren, so wäre damit manchem Hausbesitzer ein großer Dienst getan.

Tuttlingen, 21. Sept. Bei der heutigen Stadtschultheißenwahl erhielt von 1847 abgegebenen Stimmen Dr. Keck, Schultheiß in Zuffenhausen 1421 Stim­men und ist somit gewählt.

Brötzingen, (A. Pforzheim), 21. Sept. Ein frecher Einbruchdiebstahl wurde

jüngste Nacht gegen Morgen bei Uhr­macher Heinz an der Hauptstraße ausge- lührt. Wäbrend einer der D,ebe das Schaufenster an der Hauptstraße aus­räumte (14 Uhren, Ringe, Brochen, Ket­ten rc. im Werte von mehreren hundert Mk.,) behielt der andere das nach einer Seitengasse gelegene Schlafzimmer im Auge, um mit dem Raub schleunigst zu verschwinde», als sich Herr Heinz näherte. Ein entleertes Ringetnis und kleinere Partien des Raubes wurden gegen Tag an verschiedenen Stellen des Dorfes ge­sunden. Der Bestohlene ist nicht ver­sichert.

Berlin, 23. Sept. DieNordd. Allg. Ztg." schreibt: Einer Zeitungsnach­richt zufolge soll Bebel bei dem Dres­dener sozialdemokratischen Parteitag er­klärt haben, die Finanzlage des Reiches sei nach einer ihm zugegangenen Nach­richt so ungünstig, daß die Reichskasse ihre Lieferanten nicht gleich bezahlen könnte, sondern sie eimge Woche» warten lassen müßte. Es ist selbstverständlich und nur zur Verhinderung von Legen­den heben wir es hervor, daß die An­nahme, als ob das Reich seinen Ver­pflichtungen wegen ungünstiger Finanz­lage nicht pünktlich Nachkomme, völlig un- begründet ist. Die Reichshauptkasse wirt- scha.tet mit einem regelmäßigen Bestand von mindestens zehn Millionen Mk. und hat im laufenden Jahre von dem ge­setzlich bewilligten Kredit zur Verstärkung dieses Kassenbestandes noch nicht in der Höhe des zehnten Teils Gebrauch gemacht.

Berlin, 18. Sept. Die unbeständige Witterung und der niedrige Luftdruck, der seit anderthalb Jahren ganz Europa beherrscht, sind, so lesen wir in derV. Z.", nach einer Aeußerung des Professors Benseler in Göttingen auf folgende Gründe zurückzuführen: Seit den heftigen Aus­brüchen des Mont Pelö in Westindien sind auch die europäischen Vulkane von Anfang Mai des Frühjahrs 1902 in größerer Tätigkeit als früher. Von großer Wichtigkeit für unsere Wetterverhältnisse find die Vulkane auf Island. Aus d e- sen strömt fortwährend eine heiße Luft, die sich östlich ausdehut. Sobald sich die heiße Luft abkühlt, wird der Luftdruck schwächer, daher die Depressionen immer östlich von Island entstehen. Auch auf der Adria zeigen die Wetterkarten häufig ein Minimum, weil westlich von ihr Ve­suv und Aetna liegen. Von Deutschland wird hierdurch jedoch nur der südöstliche Teil beeinflußt. So lange die furchtbare Gewalt des Erdinneni nicht anfängt, etwas nachzulassen, werden wir noch un­beständiges Wetter haben.

Berlin, 19. Sepi. Die Vossische Zeitung meldet aus Magdeburg: Wegen Promenierens in der Badehose verurteilte das Schöffengericht in Arendsee den Na­turmenschen Gustav Nagel zu 150 Mk. Geldstrafe evtl. 30 Tagen Hast. Der Richter empfahl dem Verurteilten, zu den Hottentotten auszuwandern.

Maximilian Harden antwortet in derZukunft" auf die Angriffe des so­zialdemokratischen Parteitags. Er schreibt: Der Parteivorstand der Sozialdemokratie hat in einem amtlichen Erlaß die Genossen ermahnt, nicht für Zeilungen oder Zeitschrif­ten zu schreiben,in denen an der sozialde­mokratischen Partei gehässige oder hämische Kritik geübt wird." Wenn die Regierung eine» Referendar nicht anstellt oder einen Postbeamten disziplinarisch verfolgt, weil er die Staatseinrichtungengehässig oder hämisch kritisiert hat," dann wüten sozial­demokratische Abgeordnete und Journalisten gegen die Willkür eines Absolutismus, der das Recht freier Meinungsäußerung unterdrücke. Der Industrielle, der einen Arbeiter entläßt, weil er die Betriebs» einrichtungengehässig oder hämisch kri» tisiert" hat, wird ein Tyrann, eine kapi­talistische Bestie genannt. Der Vorstand der Sozialdemokratie fordert für seine Partei jede und gewährt dem nicht zur Partei Gehörigen nicht die winzigste Freiheit. Wer eine Institution des Staa­tes, der Kirche, der Gesellschaft in einer Weise kritisiert, die der einstweilen noch weit überwiegenden Volksmehrheitge­hässig und hämisch" erscheint, den Sozial- demokrateu aber gefällt, ist ein Held und wird gefeiert. Wer aber die Sozialdemo­kratie kritisiert, ist ein Lump und wird nach Noten beschimpft.

Bei der Enthüllung des Denk­mals Kaiser Wilhelm I. in Danzig hielt der Sprecher einer Abordnung von Arbeitern der Danziger Staatswerkstätten eine Huldigungs-Ansprache an den Kaiser. Seine Majestät erwiederte in folgender Ansprache:Ich danke Ihnen für die Worte, die Sie im Namen der Arbeiter aus­gesprochen haben und bitte Sre, diesen meinen Dank den Arbeitern der Werk­stätten zu übermitteln. Es ist mir eine Freude, gerade am heutigen Tage Sie zu sehen, an dem Tage der Denkmals­enthüllung des großen Kaisers, der dem deutschen Volke die Jahrhunderte lang ersehnte Einheit gebracht hat. Erst durch den Aufbau des einigen deutschen Reichs ist es möglich gewesen, daß die Entwickel- ung in Handel und Industrie so viele kräftige Fäuste deutscher Arbeiter hat beschäftigen können. Ich sollte daher meinen, daß im Hinblick auf die ehr­würdige Gestalt des deutschen Kaisers