ohne Unterschied übte er in geradezu fürstlicher Weise, weshalb ihm auch un­zählige Dankestränen nachgeweint werden. Auch seine Vaterstadt Rottweil unv große Wvhltätigkeitsinstitute verschiedener Kon fessionen werden diesen wahrhaft bedeu­tenden Mann für alle Zukunft in dank­barem und gesegnetem Andenken behalten.

Brettheim, O.A. Gerabronn, 17. Aug. Zu einer merkwürdigen Berechnung gab einem Mitarbeiter unseres .Bezirks­blatts der Tod des am letzten Samstag in Gammesfeld bestatteten 75jährigen Postboten Joh. Ädam Strauß Anlaß. Strauß hatte 47 Jahre lang als Post­bote zu Fuß Dienste getan, bis in sein hohes Alter immer freudig, immer freund­lich und diensteifrig und -willig. Dabei hat er nach gering angeschlagener Berech­nung die Gesamtstrecke von 358 827 km zurückgelegt, d. h. er hätte neunmal den Weg um den Aequator machen können mit der Kraft, die er im Dienst der k. württ. Post gebrauchte.

Blaubeuren, 20. August. Für den 45. Verbandstag der württembergischen Gewerbevereine ist nun folgendes Spezi­alprogramm aufgestellt worden: Sams­tag, 22. Aug.: abends 6 Uhr Sitzung des Verbandsausschusses im Rathaussaal, abends 8 Uhr Bankett mit musikalischer Unterhaltung in derPost"; Sonntag, 23. Aug., vormittags 10 Uhr: Beginn der Verhandlungen in der Turnhalle. Eröff­nung durch den Vorsitzenden und Begrüß­ungen, Alters, und Jnvalidenversicher- ung der selbständigen Gewerbetreibenden, insbesondere der Handwerksmeister; Re­ferent Kalkulator Raith, Sekretär des Gewerbevereins Stuttgart. Besprechung der Anträge und Wünsche. Vorschläge zur Beseitigung der Grenzstreitigkeiten zwischen Handels- und Gewerbekammer; Referent Handwerkskammer-Sekretär Or. Schaible. Bericht der Rechnungsprüfungs­kommission. Wahl des Vorstands und des nächsten Tagungsorts. Nachmittags 2 V 2 Uhr gemeinsames Mahl, dann Spazier­gang und abends gesellige Unterhaltung. Montag, 24. Aug.; Besichtigung der Svvhnschen Zementwerke, der Leinenin­dustrie, der Messingwerke Wieland und Cie. in Ulm und der Arbeiterwohnhäuser in Ulm. Ausflug in die Friedrichsau.

Wie die Bossische Zeitung berich­tet, wurden auf einer im Staate Indiana gehaltenen Ausstellung horrende Preise für Mutterschweine bezahlt. 96 Schweine brachten 240 000 Mk. ein. Für ein Schwein, das den poetischen Namen Sonnenaufgang" führte, wurden 68000 Mk. bezahlt. Ein Schwein hießNa- sistio ksrlsetjov", zu deutschmajestä­tische Vollendung".

Ems, 15. Aug. Als gestern Mor­gen der Personenzug 443 der Lahnbahn EmS-Nassau die hiesige Station passiert hatte, warf plötzlich von einer Mauer herab die Frau eines hiesigen Kaufmanns ihr fünfjähriges Töchterchen vor die Maschine und stürzte sich darauf selbst vor den Zug. Nachdem der Zug zum Halten gebracht worden war, wurde fest­gestellt, daß das Kind schwere Verletz­ungen erlitten, während der Leichnam der Frau zerstückelt unter den Rädern des vierten Wagens lag. Der Zug brachte das verletzte Kind nach der Station Ems zurück, wo es in ärztliche Behandlung kam.

Newyork. Millionär Gould, der Sohn des bekannten Eisenbahukönigs so­wie seine Gattin sind das Opfer eines Automobilunfalles geworden. Ein scheu gewordenes Pferd, hatte plötzlich den Weg versperrt. Heide Jnsassert des Automobils wurden aus dem Wagen geschleudert und lebensgefährlich verletzt.

IlnterHatterrdes.

Ein Patromllenritt.

Novelle von O. Elster.

14) (Nachdruck verboten.)

Die Beschießung Pfalzburg'S ward von Seiten ler deutschen Truppen nicht wieder ausgenommen. Nur einige Ba­taillone Landwehr und wenig Artillerie verwandte man zum Einschließen der Festung, welche aber dadurch vollständig von der Verbindung mit Frankreich und dem französischen Heere abgeschnitten ward. Man gab sich deutscherseits keine große Mühe, die Festung mit Gewalt einzunehmen, man machte sie durch die Einschließung nur unschädlich. Die wenigen Truppen, die in Pfalzburg selbst lagen, vermochten gegen die deutschen Belagerer nichts auSzurichten, sie blieben hinter den Wällen, sandten ab und zu Streifpatrouillen in das Vorderrerrain, dann wurden mit den deutschen Posten ,einige Schüsse ge­wechselt, schließlich aber stellte man selbst das nutzlose Schießen ein und beschränkte sich auf scharfe gegenseitige Beobachtung. Die Deutschen wußten ganz genau, daß Pfalzburg über kurz oder lang kapitulieren mußte, während Colonel Henriot diese Katastrophe, die er selbst ebenfalls heran­nahen sah, so lange wie möglich hinaus­zuschieben suchte, um seine und seiner Truppen militärische Ehre zu wahren. Nach den großen Schlachten bei Metz, nach dem Zusammenbruch des Kaiserreichs bei Sedan war der Kommandant durch den deutschen Oberbefehlshaber des Bc- obachtungskorps von der militärischen und politischen Situation benachrichtigt und abermals zur Kapitulation aufgefordert worden. Obgleich der Colonel einsah, daß weiterer Widerstand tatsächlich nutzlos war, so glaubte er cs seiner soldatischen Ehre doch schuldig zu sein, die Kapitu- lation wiederum zurückzuweisen. Die Be­satzung beseelte ein guter Geist. Die Ver­proviantierung der Stadt reichte noch für einige Monate, außerdem wurde die Be­lagerung gerade nicht sehr energisch be­trieben, das Kriegsglück auf dem großen Kriegsschauplatz konnte wechseln, da hielt es denn der Kommandant für ferne Pflicht, auszuharren.

Der Herbst verging, und der Winter trat frühzeitiger als in anderen Jahren ein. Hier oben auf dem Hochplateau der Vogesen herrschte der Winter in seiner ganzen Strenge, und der Nordostwind pfiff hart und scharf über die Lothringer Ebene, während die Felder, Berge und Wälder ringsum durch eine hohe Schneeschicht eingchüllt waren. Die deutschen Truppen in den umliegenden Dörfern litten noch mehr unter der Strenge des Winters als die Besatzung Pfalzburg'S, die in den Kasernen und Kasematten untergebracht war. Auch hielten die hohen Wälle, mit alten, hundertjährigen Linden und Pla­tanen bepflanzt, den scharfen Wind etwas ab; vorzüglich der Platz in der Mitte der Stadt lag ziemlich geschützt da, sodaß er »on den Offizieren und der Einwoh­

nerschaft gern zu kurzen Spaziergängen benutzt wurde. Zuweilen trug auch ein weicher Südwind mildere Lüfte herüber;' freundlich lachte die Sonne vom winter­lichen Himmel nieder; die Militärmusik spielte patriotische Weisen, und der hüb­sche Platz bot dann ein buntes, bewegtes Bild promenierender, plaudernder Gruppen von Damen und Herren fast wie zu früheren Zeiten, wo der Platz ebenfalls der Sammelpunkt der Pfalzburger Ge­sellschaft gewesen war. Freilich lag jetzt über der Gesellschaft ein banger Druck, der sich auf den Gesichtern der Einzelnen wiederspiegelte. Wenn man auch von Frankreich und der ganzen übrigen Welt abgescknitten war, so erhielt man doch von Zeit zu Zeit Kenntnis von den Vor­gängen auf den verschiedenen Kriegsschau­plätzen. Man erfuhr von dem Sturz des Kaiserreichs, von der Republik, von dem Falle Straßburg's und Metz' und erwartete mit Bange» die Nachricht von der Beschießung der Hauptstadt Frank­reisIm xuuvrs war über­

schwemmt von den deutschen Heeren. Es war zusammengebrochen unter dem wuch­tigen Taktschritt der deutschen Bataillone, würde es sich jemals von dieser gewalti­gen Niederlage erheben können?

Die Lage von Pfalzburg ward auch mit jedem Tag bedrohlicher. Schon mutzte man sich mit den Nahrungsmitteln cin- schränken und konnte den Zeitpunkt be­rechnen, wo alle Vorräte aufgezehrt sein würden. Mit Schrecken erinnerte man sich der Beschießung. Die Trümmer der Häuser und der schönen, katholischen Kirche lagen als mahnende Wahrzeichen noch immer in wüster Unordnung da. Eine neue Beschießung würde der ganzen Stadt den Untergang gebracht haben, zumal man fürchtete, daß die Deutschen jetzt nach dem Falle Straßburg^s das dort verwen­dete schwere Festungsgeschütz gegen die kleinen Festungen Elsaß-Loihringen's ge­brauchen würden. Man bestürmte den Kommandanten mit Fragen, aber dieser ließ sich aus keine Unterhaltungen ein und rat lediglich seine Pflicht als Soldat.

Die Wunden Bruno's gingen ihrer Hellurig entgegen Er hatte das Bett bereits verlassen, und wenn er den linken Arm auch noch in der Binde trug und sich seiner Brustwunde wegen noch große Schonung auferlegen mußte, so konnte er doch an den milden Tagen schon wieder kleine Spaziergänge in das Freie unter­nehmen. Der Kommandant hatte ihm die Erlaubnis gegeben, sich frei in der Stadt zu bewegen, nachdem Bruno auf Ehren­wort versichert, keinen Fluchtversuch zu unternehmen, die Festungswerke nicht zu betreten und keinen Versuch zu machen, mit den deutschen Belagerern in Verbin­dung zu treten. Bruno gab da- Ehren­wort bereitwillig, denn er hatte einerseits in dem französischen Hospital die aufmerk­samste Pflege gefunden, andererseits sah er ein, daß seine Wunden es ihm doch für längere Zeit unmöglich machten, akti­ven Kriegsdienst zu tun. Auch hegte er die Hoffnung, daß Pfalzburg über kurz oder lang kapitulieren und er somit seine Freiheit wieder erlangen werde.

An einem milden, sonnigen Tage Ende November, als die Musik wieder einmal spielte, ging Bruno, auf einen derben Stock gestützt, langsam in der Wee aus und nieder, welche den Hauptplatz des Städtchens begrenzte. Neugierig wandten