Amtsblatt

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TD

Montag, 24. August 1603.

36. Jahrgang.

Rundschau.

Stuttgart, 20. Aug. (Schöffen­gericht.) W.ge» Vergehens gegen das Nahruiigsmitlelgesetz war heute ein hie­siger Metzgermeistcr vorgeladen. Er war beschuldigt, bei der Fabrikation von ro­ten Würsten Zusätze von Getreideniehl verwendet zu haben Nach dem Gut­achten des Sachverständigen geht die Wurst durch diese» Zusatz schneller in Fäulnis über. Das Gericht erkannte dem Antrag des Staatsanwaltes gemäß auf 20 Mk. Geldstrafe.

Stuttgart, 2 l. Aug. Herzog Alb- recht von Württemberg ist von seinem mehrwöchentlichen Sommeraufenthalt in Gmunden wieder hier cingetroffen und wird sich demnächst ins Manövergelände begeben; es sind dies die letzten Manöver, bei denen der Herzog die 26. Division führen wird, da seine Beförderung zum kommandierenden' General in Balde zu erwarten ist.

Stuttgart, 20. Aug. Mit dem gestern in Uhlbach im Alter von nur 52 Jahren verstorbenen Geheimen Kommer­zienrat Goltlieb Benger, Inhaber der Firma Wilhelm Beuger Söhne in Stutt­gart, ist wieder emer der hervorragend­sten Großindustriellen Württembergs aur dem Leben geschieden. In Verbindung wit seinem ihm im Tode vorangegange­nen älteren Bruder Wilhelm hat er es verstanden, durch Umsicht und rastlose Tätigkeit das väterliche Geschäft aus kleinen Anfängen heraus zur ersten Firma der Trikotbranche des Landes und zu einem der ersten Etablissements dieser Art in ganz Deutschland zu machen. Geboren Z851 in Degerloch als der Sohn des Strumpfwirkers Wilhelm Benger trat der nunmehr Verstorbene im Jahre 1872 nach beendigter Lehrzeit in das el­terliche Geschäft ein, das er 5 Jahre später mit seinem Bruder selbständig übernahm. Im Jahre 1879 trat die Firma in Verbindung mit Prof. Dr. Gustav Jäger, um dessen Normalunterkleidung in großem Stiel zu fabrizieren. Von diesem Zeitpunkt an datiert auch der rasche Aufschwung des Geschäfts, denn dieJägerwolle" vermochte sich in we«. nigen Juhren einen Weltruf zu erringen und zu diesem Erfolg hat auch der Ver- storbcne durch ausgedehnte Reisen im In- und Auslaud in hervorragender Weise beigetragen. Beim 50jährigen Jubiläum der Firma wurde Gottlieb Benger durch Verleihung des Kommer­zienratstitels ausgezeichnet, dem wenige Jahre später der eines Geheimen Kommer­zienrates folgte.

Von der württembergischen Staats- eisenbahnverwaltung werden die Aborte

der für Schnellzüge bestimmten Personen­wagen in der nächsten Zeit mit Wasch- zeugautomatcn ausgestatter werden, welche Eigentum der Eisenbahnverwaltung sind und gegen Einwerfung eines Zehnpfennig- stückes ein Paket, enthüllend ei» Handtvch von gebleichtem Baumwollevstoff, 4 lose Blätter Klosettpapier und Seise in genü­gender Größe und Menge liefern.

Calw. Zu dem Brandfall in der Krone in Zavelstein ist nachzutragen, daß das Entstehen des Feuers auf Fahrläs­sigkeit zurückzuführen ist. Das Dienst­mädchen hatte eine Lampe umgeworfen und das brennende Petroleum war durch den Fußboden in das unter ihrer Kam­mer liegende Reisigholz geflossen. Die Mitglieder der Familie Mast konnten nur noch das nackte Leben retten. Der Schaden, den der Besitzer erleidet, ist, trotz der Versicherung nicht unbedeutend.

ZaveIstein, 21. Aug. Der Urheber des kürzlich stattgefundencn Brandes ist nunmehr in dem Dienstmädchen des ab­gebrannten Kronenwirtes ermittelt wor­den. Das Mädchen hat aus Unvorsichtig keit eine Erdöllampe umgeworfen, worauf das herausfließende Erdöl zu brennen begann. Das Mädchen suchte das Feuer zuerst allein zu löschen, und erst als es zu spät war, weckte es seine Herrschaft. Zuerst gab es vor, es habe einen Mann die Treppe herunter kommen sehen, der wahrscheinlich der Brandstifter sei; vor dem Amtsgericht Calw aber gestand es den wahren Sachverhalt. Da die fahr­lässige Brandstifterin geistig äußerst be­schränkt ist, wurde sie wieder entlassen.

O ch s e n h a u s c n, 15. August. Die wegen der ägyptischen Augenkrankheit ge­schlossenen Schulen dürfen mit oberamt­licher Genehmigung wieder eröffnet wer­den, da die Epidemie schon so weit, na­mentlich auch bei Erwachsenen, fortge- schritten ist, daß sie nicht mehr verhindert werden kann. Seit 8. ds. weilt im Auf trag des Medizinalkollegiums Oberarzt Or. Herbert hier, der die Kranken unent­geltlich behandeln Ebenso werden Arznei­mittel umsonst abgegeben. Wäre die sonst übliche Anzeige beim Oberamt schon beim Entstehen des Trachoms erfolgt, so hätte die Epidemie niemals eine solche Ausdeh­nung bekommen können. Die Epidemie tritt sehr stark auf und ihre Folgen sind noch gar nicht zu berechnen. Sie kann Monate lang dauern. Es werden Merk­blätter vom Medizinalkollegium ausgeg»- ben. Besuchern, die über die Ferien hier­her kommen wollten, wußte man wegen der Ansteckungsgefahr, der jedermann aus­gesetzt ist, abschreiben. Tatsache ist, daß wenn die in der Waiseuhauskaserue schon im Juni ausgebrochene und konsta-

ticrte Augenkrankheit zusläudigerseits gleich anfangs behördlich nugczeigt mordest wäre, damit die nun leider zu spät ge­troffenen Maßregeln die Krankheit hätten lokalisieren können. Außer bicr tritt die Krankh it auch schon in mehreren Bezirks­orten aut, ferner in Ravensburg, Stutt­gart und Heilbronn. Die Ansteckungsge­fahr ist eine außerordentlich große; es ist ein Jammer, mitanzusehen, wie Kinder und Erwachsene scharenweise zum Kranken­haus ziehen und, Tücher vor den Augen, oft laut weinend wieder heimkehren. Es ist nun ein zweiter Arzt vom Medizinal­kollegium hier." Die Krankheit breitet sich im Biberacher Unteramt immer mehr aus und ist schon bis an die Riß vorgedrungen. Es werden nunmehr auf behördliche An­ordnung hin im ganzen Oberamt Biberach alle Schulen auf Trachom untersucht. Bis jetzt wurde glücklicherweise nur das sog.gutartige Trachom" konstatiert, das längere Zeit zur Heilung braucht, aber meist ohne schädliche Folgen verläuft.

Rottweil, 21. Aug. Durch den in voriger Woche zu Tübingen an einem Herzschlag erfolgten Tod des Geh. Kom­merzienrats Max von Duttenhofer aus Rottweil hat unser Heimatland seinen bedeutendsten Großindustriellen verloren, der von sich sagen konnte, daß er allein durch Intelligenz und Arbeit, nicht aber durch Spekulationen sein kolossales Ver­mögen erworben hat. Aus der von seinem Vater und Schwiegervater (beide waren Apotheker in Rottweil) übernom­menen, damals nicht unbedeutenden Pul­verfabrik in Rottweil hat der Verstorbene, namentlich auch durch die Errichtung einer riesigen Filiale in Düneberg bei Hamburg und durch die Hereinziehung der Pulverwerke der vormaligen Pulver­fabrik Köln-Humm an der Sieg, ein Weltiustitut der Pnlverbrauche geschaffen, dem kein anderer Staat etwas ähnliches an die Seite stellen kann. Das langsam verbrennende, braune, prismatische Pulver, das die riesigen Festnngs- und Schiffs­geschütze nur wemg angreift, und die gewaltigen Projektile auf vorher unge­ahnte Entfernungen hinausschleudert ist seine Erfindung. Als das rauch­schwache Pulver erfunden wurde, verstand er es, die richtigen Leute zu finden, welche dieses Pulver und zwar m besserer, Qualität nacherfanden. So stand er immer an der Spitze des Fortschritts in der Pulverfabrikation. Ein Mann der humansten Gesinnungen förderte er sehr nachhaltig die Kleingewerbetreiben, den seiner Vaterstadt, aber auch die Laut wirte des Bezirks Rottweil und Umgebung; allgemeine Wohltätigkeit ge­genüber Hilfsbedürftigen aller Art und