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Die junge Dame saß schon dort in elegantem Promenadenkostüm, jedoch tief verschleiert. Sie stand auf, als ich kam, gab mir die Hand und lud mich ein, neben ihr Platz zu nehmen.
„Herr Mulder", begann sie darauf, „ich habe in einer unerhörten Lage, im Augenblick der höchsten Erregung und angesichts eines gewissen Todes mich benommen, wie ich es als Weib nicht verantworten kann. Halten Sie jene Worte meiner damaligen Lage zu Gute."
„Bereuen Sie dieselben?" frug ich.
Sie sah vor sich nieder und antwor» tete auf diese Frage nicht. „Ich danke Ihnen mein Leben," fuhr Sie forr, „und ich betrachte es alseinen kleinen Teil der Erkenntlichkeit, wenn ich mit Ihnen reite, was Sie an irdischen Gütern mir geret- tet haben. Das gebührt Ihnen, das gehört Ihnen. Jenes Packet, das wir vor dem Kapitän geborgen, befindet sich in meiner Reisetasche, ich habe es sogleich dort sorgfältig verwahrt, nicht allein für mich, denn ich sah es sofort auch als Ihr Eigentum an. Würden Sie mich so tief kränken — ich habe erfahren, Sie sind ohne Vermögen — diesen Anteil zurück- zuweisen?"
„Ich muß Ihnen diesen Schmerz machen, denn es liegt nicht in meinem Charakter, derartige Geschenke, und dazu solch eines von einer Dame anzunehmen."
„Ich habe Ihnen ja erklärt, daß die Hälfte dieser Summe mindestens, nach jedem unparteiischen Richterspruch, Ihnen gehört; ohne Ihr Dazwischentreten würde ich längst gestorben, das ganze Geld verloren sein. Ich mache Ihnen daher gar kein Geschenk."
„Das ist Ihre Anschauung, Fräulein Linda. Ich kann mich dieser aber nicht fügen. Es ist wahr, ich bin arm, völlig zurückgeworfen, und muß von vorn wieder anfangen — ich brauche Kapital,
ohne solches kann ich kein Geschäft gründen, und ich möchte für mich wirken und schaffen, und meine Kräfte und mein Talent nicht von Neuem Anderen vermieten. Aber auf einem derartigen, unter solchen Umständen verabreichten Geschenk meine Zukuuft aufbauen, Ihnen die Hälfte Ihres Vermögens zu nehmen, das ist für mich und wohl auch für jeden anderen anständigen Menschen unmöglich."
„Und wenn ich es Ihnen leihen wollte?"
„Sie kennen mich ja gar nicht, Sie wissen nicht mehr als meinen Namen."
„Ich kenne Sie und habe das vollkommenste Vertrauen zu Ihnen."
„Sie wollten mein Partner im Geschäft werden?"
„Ich möchte das, wenn Sie mich als solchen annehmen.
Es entstand eine lange Pause in dieser Unterhaltung, der Wind rauschte in den herbstlichen Bäumen, und von der Straße her erklang das Rollen der Wagen, das Traben der Pferde und, mit einzelnen grellen Stimmen vermischt, das Rauschen und Brausen des Großstadtlärms. Es erinnerte an das Meer, in welchem wir hier gleichsam auf einer einsamen Insel weilend, von der Brandung des Lebens umtost wurden. Diese Vorstellung mußte auch der Dame sich aufgedrängt haben.
„Sollten wir, die das Schicksal auf so merkwürdige und wunderbare Weise zusammengcführt hat, Jedes allein und für sich in den Oeean des Lebens sich wieder stürzen?" frug sie leise.
„Nein", sprach ich, „das sollte nicht sein, — jedoch nach dem, was in jener verhängnisvollen Stunde Ihre Seele offenbart hat, wäre jenes Geschäftsverhältnis eigentümlich. Sie wären ein zu — sagen wir — vorurteilsvoller Com- pagnon, Sie schenkten mir zu viel Vertrauen. Sie ließen eine Frage, die ich vorhin stellte, unbeantwortet: Bereuen
Sie, was Sie damals kundtaten, war es nicht ein Fieber der Seele, eine krankhafte Gemütsstimmung, eine Vorstellung, ein Gefühl, hervorgerufen von einer nie wiederkommenden Lebenslage, das Ihnen jene Worte in den Mund legte?"
Wieder entstand eine lange Pause, während welcher uns dürre, rotbraune Kastanicnblätter zu unseren Füßen umkreisten.
„Nein, das war es nicht," erklang es fast unhörbar unter dem Schleier.
„Sie denken und fühlen dasselbe jetzt noch, Linda?"
„Ja," sprach sie entschieden.
„Nun, weshalb wollen wir uns dann nicht die Hände als Genossen für das Leben reichen, uns helfen, stützen und führen, wie wir es auf dem Wrack im Angesicht des Todes taten? Wir sind ja Beide allein, auch hier in der Welt."
„Wenn Sie mich lieben?" kam es zögernd von den Lippen der Dame.
„Wenn das Gefühl, daß ich mit keinem anderen Wesen durch das Leben gehen möchte, als mit Ihnen, Liebe ist — dann liebe ich Sie."
Sie reichte mir ihre beiden Hände, ich ergriff sie, dann schlug ich ihren Schleier zurück, zog sie an mich und küßte sie vor allen Menschen im Hydepark zu London - und sie fand nichts Anstößiges darin.
So endete mein Abenteuer auf der „Kolumbia" und damit schließt auch der wahrheitstreue, kurze Bericht desselben, den ich niederschrieb, so gut als ich vermochte. — Ende. —
Vermischtes.
(Im Eifer.) Kund.-: „Hoffentlich ist der Wein gut, den Sie mir liefern werden?" „Ich garantiere, übers Jahr sind Sie in der Trinkerheilanstalt!"
W i l d b a d.
Bekanntmachung.
Trotz der seit Jahren ergangenen Warnungen vor Wasserverschwendnng und der damit verbundenen Androhung Wassermesser zu verwenden, ist auch Heuer wieder Wassermangel in solchem Grade eingetrete», daß die Gebäude in höherer Lage des Wassers eutbehren. Die Gerechtigkeit verlangt entschiedene Abhilfe. Bei einem Wasserzufluß von 2200 Liter per Tag und per Kopf ist ohne grobe Verfehlungen der Konsumenten ein Wassermangel undenkbar. Um der geradezu zur Verzweiflung treibenden Calmmtät zu begegnen, haben nun die bürgerlichen Kollegien in ihrer Sitzung vom 11. d. Mts. beschlossen, bei der Kgl. BadVer« waltung und den Privatbädern, den hiesigen Hotels, Wirtschaften und Kostgebereien, den Motoren, Aufzügen, Mineralwafferfabriken und Mostereien, den Eonbitoreien, Bäckereien, Metzgereien und Gerbereien; den Fischkästen, Kutfchereien und Waschereien; sowie für Be- sprenzung landwirtschaftlicher Grundstücke, Wassermesser einzusetzen, welche nach Par. 10 des Vertrags über den Wasserbezug, auf Kosten der Beteiligten von der Stadtkasse angeschafft werden.
Dies wird zur Nachachtung bekannt gegeben.
Wird von den Konsumenten selbst darauf hingewirkt, daß der Wasserverbrauch eingeschränkt wird und die Bewohner der höheren Stadtteile nicht mehr zn Klagen veranlaßt werden, so kann die Ausführung des Beschlusses noch inso- lange sistiert bleiben; kommt aber nur die geringste Klage wieder vor, so haben sich die Konsumenten die sofortige, für sie mit Kosten verknüpfte Ausführung desselben selbst zuzuschreiben.
Es liegt im Interesse der Konsumenten selbst, wenn sie jede wahrnehmende Wasserverschwendung der Polizei zur Anzeige bringen.
Den 14. Juli 1903. Stadtschuktheitzenamt:
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