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Uro. 84.

Montag, 20. Anti 1003

39. Jahrgang

Rundschau.

Stuttgart, 17. Juli. Die Kam­mer der Abgeordneten hat heute das Kom­munalsteuergesetz mit 75 gegen 5 Stimmen angenommen. Die Kammer der Standes­herren hat dieses Gesetz genehmigt. Damit ist die gesamte Steuerreform unter Dach gebracht.

Wörnersberg OA. Nagold, 18. Juli. Heute feierte I. G. Kalmbach, ge­nannt Hansenbauer von hier seinen 100. Geburtstag. Der rührige Vorstand des Schwarzwaldvereins Pfalzgrafenweiler Oberförster Nördlinger hat uns die Ver­anstaltung einer Feier dieses seltenen Ereignisses auf Sonntag den 19. d. M. im Anker hier zugesagt. Der Jubilar ist am 18. Juli 1803 hier geboren, und hatten seine Eltern einen ansehnlichen Bauernhof. Im Jahre 1829 verheiratete er sich mit einer Jgelsbergerin, und über­nahm das elterliche Anwesen. In seiner Ehe wurde er mit 6 Kindern beschenkt, wovon jedoch nur noch 2 Söhne leben. Der eine ist in Amerika, während der ältere (sein ältester Bua) im 74. Lebens­jahr steht, und bei welchem der Vater lebt, und ihn in der Landwirtschaft so­weit es seine körperlichen Kräfte noch er­lauben, unterstützt, und demselben beim Unfertige» von Floßwieden behilflich ist. Seine beiden Geschwister find schon lange gestorben und auch seine Frau starb im Jahre 1880; er hat 17 Enkel und Urenkel. Krank war der Hansenbauer in seinem Leben noch nie; auch war er nie ein Freund des Biers und Brannt­weins und auch nicht des Rauchens, da­gegen war er Liebhaber des Weins und soll es früher zuweilen täglich auf 20 Schoppen gebracht haben. Durch seinen in großem Umfang betriebenen Ochsen­handel wurde «r eine bekannte Persön­lichkeit.

Freuden st adt, 17. Juli. Im vorigen Jahre kaufte Restaurateur N. von Heidenheim das Casö Zimmermann hier. Bei dem flauen Besuch seiner Wirtschaft kam er jedoch nicht auf seine Rechnung, was ihn umsomehr kränkte als der Kaufschilling für dieses Anwese« sehr hoch war. Diese betrübende Wahr­nehmung trieb den ohnedies sehr ner­vösen Mann in einem Augenblick ver­zweiflungsvoller Unruhe zum Selbstmord. Gestern mittag um die Essenszeit schloß sich der Bedauernswerte in ein Zimmer ein und machte mit einem gutgezielten Schuß seinem Leben ein Ende.

Metzingen, 17. Juli. Anläßlich der Aushebung von Erdmassen zur Her­stellung eines Bassins für die hiesige Gasfabrik stießen die Arbeiter bei etwa 3 Meter Tiefe auf 2 in dichte Sand- schichten gebetteten Eichen, deren Alter

wohl nach tausenden von Jahren geschätzt werden dürfte. Dieselben sind gänzlich! geschwärzt. Ob die Eichenstämme an die Fundstelle angeschwemmt worden, oder ob sie als Reste ehemaliger Pfahlbauten an­gesehen werden dürften, das festzustellen, wird Angelegenheit Sachverständiger sein.

Neckartenzlingen, 16. Juli. Am Mittwoch wurden die Opfer der ^ Brandkatastrophe, der 17jährige Sohn iund die 10jährige Tochter des Schuh- ! machers Breisch zu Grabe getragen. Fast !die ganze Einwohnerschaft und eine An­zahl auswärtiger Leidtragender gaben It. !»M. !V." den so jäh aus dem Leben § Geschiedenen das letzte Geleite. Der junge Breisch starb als Held; er gab ein ^ rührendes Beispiel geschwisterlicher Liebe 'und ging für seine Schwester Karoline in den Tod. Als er sich bereits mit ver­branntem Hemde aus dem brennenden Hause gerettet, vermißte er seine Schwester und drang, alle Gefahren nicht achtend, nochmals in das brennend? Haus, hinauf auf die Dachkammer, um seine in äußer­ster Gefahr schwebende Schwester zu holen. Die später durch den Dachlaoen eindring­enden Feuerwehrleute fanden das Bett und die Kammer leer, woraus zu schließen ist, daß die Geschwister unterwegs auf den Treppen vom Rauch erstickt und ver­brannt sind. Auch das dritte Kind, di? 13jährigs Tochter Maria, wird ihren beiden im Tod vorangegangenen Ge­schwistern folgen; denn nach ärztlicher Aussage ist wenig Hoffnung vorhanden, daß sie dem Leben erhalten bleiben wird.

Mannheim, 16. Juli. In arge Verlegenheit geriet, wie dieHeidelb. Ztg." schreibt, vor einigen Tagen ein älterer Privatier aus Mannheim, wel­cher auf ein Heiratsgssuch in der Zeitung reagierte und auf diesem Wege eine junge hübsche Dame kennen lernte. ES kam schließlich soweit, daß er zur Verlobung schritt, zumal dje Braut, nach ihren Angaben, ebenfalls nicht unver- möglich war, sondern ?in Gut mit Grund, stück bei Innsbruck (Tirol) besaß. Zum Zweck der Verlobung an Ort und Stelle machte nun dieser Tage das Brautpaar die Reise nach Tirol, wobei der Priva­tier eine bedeutende Geldsumme (man munkelt von 87 000 Mark) in Banknoten bei sich trug. In Innsbruck mußte man übernachten. Als am anderen Morgen der Bräutigam erwachte und das Zim­mermädel nach dem Befinden seiner Braut" fragte, erklärte dasselbe, das Fräulejn sei bereits in aller Frühe weg- gegangen. Zugleich vermißte der Priva­tier seine Handtasche, in welcher sein Bargeld in Papiergeld verwahrt war. DieBraut" aber blieb verschwunden. Sie hatte natürlich, wie sofort einge­

zogene Erkundigungen ergaben, kein Gut. Der Mann war einer Diebin und H?i- ratsschwindlerin zum Opfer gefallen.

Vom Rhein wird geschrieben, der Reiseverkehr sei gegenwärtig so ge­ring wie noch selten in dieser Jahreszeit. Abgesehen von den Sonn- und Festtagen, an welchen sBereinsausflügen den lokalen Verkehr auf den Schiffen beleben, weisen die meisten großen Personendampfer nur mäßige Besetzung auf. Noch auffallender zeigt sich der geringe Reiseverkehr in den Hotels und Gasthöfen der Städte und Städtchen des Ober- und Miltelrheins, in welchen in dieser Jahreszeit sonst ohne Vorherbestellung selten ein Zimmer zu bekommen ist, stehen bis zur Hälfte leer.

Frankfurt a. M., 16. Juli. Wie dieFrankfurter Zeitung" meldet, ist der Leutnant von Saltzmann von der »stafi- atischen Besatzungsbrigade, der am 2. Januar ds. Js. von Tientsin aufgebrocheu und quer durch China nach Turkestan geritten, heute wohlbehalten in Konstan­tinopel eingetroffen ist. Dasselbe Blatt mel­det, daß auf der Insel Samos archäalo- gische Funde von großer Bedeutung ge­machtworden sind. Der Abteilungsdirektor des Berliner Museums in Konstantinopel, Dr. Wiegand, hat sich sofort dorthin be­geben.

Ein ganzes Menschenalter im Zucht­hause befindet sich der frühere Bar­biergehilfe Michael Keller aus Frank­furt a. M., der vor etwa 50 Jahren wegen Ermordung und BeraubWg deß Schlossermeister» Weigand zu lebensläng­lichem Zuchthaus verurteilt wurde und sich in der Strafanstalt zu Dieze befindet. In dem Mordprozesse galt Keller cflK überführt, seinem Opfer während deß Rasierens die Kehle durchschnitten zu ha- den- Die Schuldbeweise waren erdrückend, trotzdem behauptet Keller noch Heerte, daß er das Opfer eines Justizirrtums gewor­den sei. Aus diesem Grunde hat er auch die ihm wiederholt angetragene Begnadig­ung abgelehnt. Bekanntlich muß bei einem Gnadenakte der Verurteilte in seinem Immediatgesuche die Tat unumwunden eingestehen. Keller ist inzwischen im Zucht­hause zum Greis geworden, da er bereit» das 80. Lebensjahr überschritten hat.

Osnabrück, 17. Juli. Handelsmi­nister Möller hielt hier mehrere Reden, in denen er u. a. ausführte: Um die Hohenzollern, deren Tätigkeit von denen verkannt werde, die an allem mäkelten, beneide uns das Ausland. Wir seien mit die bestgehaßte Nation, weil wir aus unserem Kraftgefühl heraus so viel ge­leistet hätten. Die an die Industrie ver­loren gegangenen Gebiete können vom Hand­werk nicht mehr erobert werden.