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Urs. S1. /
Montag, 13. Jutt 1903
89. AaHvgang.
Rundschau.
— Se. Maj. der König hat aus Anlatz der Feier des lOOjähr. Bestandes der Sensenfabrik Firma Haueisen und Sohn in Neuenbürg dem Kommerzienrat Ferd. Schmidt das. das Ritterkreuz I. Klasse des Friedrichsordens und den Meistern Ad. Strecker und Wilh. Kade das. se die silb. Verdienstmedaille verliehen.
— Am 15. ds. Mts. beginnen die Ger ich ts f e rie n, die am 15. Septbr. endigen.
Neuenbürg,11. Juli. Die Firma Haueisen u. Sohn, Sensensabrik hier, feierte heute das 100jährige Bestehen ihres Geschäfts. Im Hinblick ans die mustergültige Fürsorge der jeweiligen Fabrikbesitzer für ihre AngesteUt.n und ihre Arbeiter haben die bürgerlichen Kollegien in ihrer Sitzung vom 6. ds. Mts. einmütig beschlossen, dem dermaligen Chef desHauseS, Hrn. Kommerzienrat Ferdinand Schmidt das Ehrenbürgerrccht der hiesigen Stadt zu verleihen. Die Urkunde darüber wurde heule vormittag durch eine aus je 3 Mitgliedern des Gemeinderats und des Bürgerausschusses bestehende Abordnung dem Hrn. Kommerzienrat Schmidt in feierlicher Weise überreicht. (Enzt.)
Calw, 9. Juli. Der Verein für Fremdenverkehr hat einen neuen Weg nach Zavelstein errichten lassen, der an Schönheit und prächtigen Felspartien mit dem Monbach- und Schweinbachtal wetteifert. Der Weg führt vom Kentheimer Steigle immer im Wald an dem Röthelbach hin und hat nur wenig Steigung. Den vielen Touristen wird dieser neue, mit Sitzbänken reichlich versehene Weg sehr willkommen sein.
Tübingen, 10. Juli. (Strafkammer.) Das 17jährige Dienstmädchen Katharine Retz von Künzelsau, zuletzt in Reutlingen bedienstet, war heute des versuchten Giftmords, begangen an ihrer Dienstfrau, und verschiedener Diebstähle angeklagt. Die Verhandlung des Falls, zu der eine Zeugin und 2 Sachverständige geladen waren, ergab folgendes: Die Angeklagte, wegen Diebstahls schon vor- bestraft, trat im Februar ds. Js. bei Bauunternehmer Hertewich in Reutlingen in Dienst. Ihr Hang zum Stehlen machte sich auch bei ihrer neuen Dienstherrschaft bald bemerkbar; sie bestahl ihre Dienstfrau nicht nur namhaft um Geld, sondern auch um Kleidungsstücke. Frau Hertewich wandte sich deshalb brieflich an den Vater der Angeklagten und schilderte diesem eie Lage der Dinge. Als dies aber zu Ohren der Angeklagten kam, schwor diese ihrer Frau Rache. Sie gab an, daß sie im Aerger über die Mitteilung an ihren
Vater zu dem Entschluß gekommen fei, ihrer Dienstfrau etwas ins Essen zu tun, und gleichzeitig sei ihr eingefallen, daß in der Küche ein Fläschchen mit Salmiakgeist stehe, was wohl das Geeignetste sein möchte. Am andern Mittag habe sie den Entschluß ausgeführt, indem sie, nachdem sie ihre Suppe und diejenige für die Kinder aus dem Kessel geschöpft gehabt, in den Suppeurest ihrer Dienstfrau den ganzen Inhalt des Fläschchens geschüttet habe. Es sei ihr darum zu tun gewesen, ihre Dienstfrau zu vergiften; wenn sie gleich gestorben wäre, wäre ihr dies einerlei gewesen. Frau Hertewich, die Mutter von sieben unmündigen Kindern ist, be- inerkte jedoch vor dem Genuß der Suppe die Zutat von Salmiakgeist. Nach dem Gutachten der Sachverständigen war die verwendete Flüssigkeit, 12,65 Ar 10 °/o Salmiakgeist, nicht geeignet, den Tod eines Erwachsenen herbeizusühren. Wegen eines Verbrechens des versuchten Mords und zweier Vergehen des Diebstahls wurde die Angeklagte zu der Gesamtstrafe von 3 Jahren, 6 Monaten und 15 Tage Gefängnis verurteilt, wovon 1 Monat Untersuchungshaft abgeht.
— Die Handwerkskammer Reutlingen richtet an die gewerbli- chen Vereinigungen folgende Aufforderung: „Es ist angeregt worden, die Handwerkskammern möchten die Handwerker in geeigneter Weise auffordern, die Ausgabe ihrer Rechnungen besser und einheitlich zu regeln. Begründet wird diese Anregung damit, daß einerseits viele Kunden behaupten, sie könnte« keine Rechnung bekommen und darum auch nicht bezahlen, während andererseits die Ge- werbetreibenden klagen, sie erhalten ihr Geld nicht. Diesen Uebelständen kann nur durch eine stramm« und gleichmäßige Regelung der Rechnungsstellnng abgeholfen werden. Wenn sie in einer Gemeinde einheitlich, gleichsam unter dem gegenseitigen Zwang der Interessen erfolgt, dann fällt für den Einzelnen jeder Grund zu der Befürchtung, er werde seine Kunden vor den Kopf stoßen oder gar verlieren u. dergl., von selbst weg. Daher ersuchen wir die Vereinigung des KammerbezirkS dringend, zu einer der nächsten Sitzungen alle Gewerbetreibenden der Gemeinde einzuladen und mit ihnen Beschlüsse in dem Sinne zu fassen, daß 1. mit jeder abgelieferten Ware oder beim Abschluß jeder geleisteten Arbeit sofort die Rechnungen einzureichen sind; 2. im übrigen je auf 1. Januar, 1. April, 1. Juli und 1. Oktober die noch unbezahlten Rechungen wiederholt ausgegeben werden.
Eindringen, 9. Juli. Bei dem Wirt Gustav Lutz dahier, welchem kürz
lich der 7. Knabe geboren wurde, hat der König die Patenstelle übernommen und das übliche Patengeschenk überreichen lassen.
— Für die in Ulm stattfindende diesjährige Generalversammlung des Deutschen Evangelischen Bundes wurde in einer vorbereitenden Versammlung der Mitglieder des Festkomitees folgende Tagesordnung festgestellt: Am 28. Septbr. Begrüßungsabe d; 29. Septbr. geschlossene Mitgliederversammlung. (Referat des preußischen Landtagsabgeordmten Pfarrer Hacken berg); Delegiertenversammlung; Festgottesdienst. 8 Uhr abends: Oeffent- liche Versammlung, (Redner Pfarrer Fikentscher-Fürth, Superintendent Meyer Zwickau, Professor Arnold Breslau). 2 Uhr Festessen. Abends Gesanggottesdienst; Münsterbeleuchtung. 1. Oktober Ausflüge. Professor Dr. Hieber führte bei der Versammlung u. a. aus, es sei ein Erfolg des Evangelischen Bundes, wenn Reichskanzler Graf Bülow die Versprechungen die er im Reichstag in Bezug ans das ! Jesuitengesetz gemacht habe, als preußischer Ministerpräsident nicht einlösen könnte. Es sei weiter ein Erfolg des Bundes, daß sich, wie die Kämpfe der letzten Tage gezeigt hätten, mm auch Männer, von denen man es vor fünf Jahren nicht für möglich gehalten hätte, mit dem Jesuitengesetz in einer Weise beschäftigten, die beweise, daß auch sie zu der Erkenntnis gekommen seien, es handle sich bei dieser Sache nicht um die Aufhebung von diesem oder jenem Paragraphen, sondern um eine grundsätzliche politische Frage von weittragender Bedeutung.
Heidelberg, 8. Juli. Hier wurde gestern ein Hochstapler verhaftet, der sich als Baron von Gemmingen ausgab. Derselbe ist erst 19 Jahre alt. Sein Name ist Josef Blind. Er wohnte hier zuletzt in der Anlage 54, wo er einen größeren Diebstahl verübte. Der Bestohlene ist ein Amerikaner, bei dem er Juwelen und Bargeld (4 Hundertmarkscheine) im Gesamtwerte von etwa 19000 Mark entwendete. Unter den gestohlenen Gegenständen befindet sich ein Scheckbuch über 4000 Franken. Die gestohlenen Sachen wurden wieder beigebracht.
Lützelstein. Die „Straßb. Ztg." schreibt: Bei einer Trauung, die unlängst in Lützelstein stattfand, war der Bräutigam 75, die Braut 30 Jahre alt. Das wäre nun gerade nicht so absonderlich. Das Absonderlichste ist wohl dies, wie die Trauung stattfand. Das Paar hatte nämlich erfahren, daß die jungen Burschen ihm bei der Hochzeit schießen wollten; ja es sollte sogar ein Feuerwerk abge-