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die Thür, erweiterte dieses und brachte davor eine Klappe von Eisenblech an, die ich Nachts öffnen wollte, damit mehr Luft in den Schlafraum strömen konnte.
Während dieser Arbeiten war es Abend geworden. Ich brachte dem Kapitän Fleisch, Wein, Milch, Zwieback und frisches Seewasser für Umschläge. Der Mann sah sehr bleich aus und schien mir tödtlich erschöpft.
„Kann ich Ihnen vielleicht irgend einen Drenst leisten?" fragte ich.
Der Kapitän schüttelte den Kopf und bewegte abweisend die Hand.
Ich überließ ihn seinem Eigensinn und begab mich auf das Deck, wo ich über die See Umschau hielt. Wir hatten schöne, heitere, stille Oktobertoge, die Sonne ging in einer leichten Nebelbank glühroth unter und bestrahlte das Meer , mit sanftem, friedlichem, warmen Abend- schimmer. Es glich einer Rosenfluth, welche mit dem zum Sterben, zur Vernichtung verurteilten Schiffe sanft und heiter koste; von einem Segel oder einem Dampfstreifen war in der riesigen Weite, die mein Blick bei dem ruhigen Meer durchmessen konnte, nichts zn entdecken. Ich zündete die Laterne an und ging zu Bette.
Am nächsten Morgen öffnete ich eine Kiste Thee nnd bereitete daraus das Frühstück. Als ich damit zum Kapitän kam, fand ich ihn besinnungslos im Fieber liegend und ununterbrochen vor sich hinmnrmelnd. Ihm Nahrung beizubringen wollte mir nicht gelingen, ich ging in den Nebenraum und fand die junge Dame in dem Kissen aufrecht sitzend und mich aus matten, aber klaren Augen forschend, verwundert und erstaunt anseh- end. Sie erhob mit bittendem Ausdruck die zusammengelegten weißen Hände und schaute mich dabei flehend an.
Es war ihr sichtbar unmöglich, ein Wort hervorzubringen. Ich bot ihr Thee und Milch an, auch englische Biscuits Sie nahm etwas zu sich, daun fiel sie zurück, erhob sich jedoch nach einigen Augenblicken wieder und legte den Finger auf den Mund.
„Kapitän dort ?" hauchte sie fast unhörbar.
„Er ist im Fieber und hat keine Besinnung."
„O schützen sie mich vor jenem Manne, retten Sie mich!" kam es über die Lippen der Kranken. Dann sank sie wieder, die Augen schließend und marmorbleich, zurück.
Die Dame hatte auffallend schöne, edle Züge, ihr Antlitz besaß etwas seltsam Reines und Vergeistigtes, eine Erscheinung, an welcher wohl die eben überstandene schwere Krankheit ihren Anteil haben mochte.
(Fortsetzung folgt.)
Vermischtes.
— (Zur Haftpflicht des Hotelbesitzers.) Der Hotelier B. in A. am Harz stellte einigen seiner Gäste zu einer Vergnügungsfahrt seinen Wagen zur Verfügung. Auf der Fahrt gingen die Pferde durch, der Wagen fuhr gegen eine Steinstufe, und durch den Ruck wurden die Insassen mit großer Heftigkeit hinausgeschleudert. Zwei erlitten leichtere, die bejahrte Frau St. aber schwerere Verletzungen. Die geschädigten Gäste stellten an B. Scha-
denersatzfcrderungen, und zwar beanspruchte Frau St. allein, die infolge des Sturzes dauernd „nervös" geworden zu sein behauptete, eine Jahresrente von 600 Mk. oder eine einmalige Zahlung von 5000 Mk. Nach längeren Verhandlungen, die der Stuttgarter Verein für den bei ihm gegen Haftpflicht versicherten Gastwirt führte, gelang es, die gesamten Ansprüche aus dem Unfall mit noch nicht 2750 Mk. zu befriedigen.
— Ein Menschenhandel schlimmster Art ist die Unterbringung von Schiffsjungen, wie sie von Agenten, zumeist von Hamburg aus betrieben wird. Durch großartige Annoncen, in denen von großen Reisen aus den besten Segelschiffen die Rede ist, werden die Jungen oder ihre Angehörigen angelockt zu Verhandlungen. Zumeist sind die Opfer aus Süddeutschland. Wie die verheißenen Bedingungen manchmal erfüllt werden, und wie es den unglücklichen Jungen manchmal geht, dafür nur einige Beispiele. Einer wurde untergebracht auf einem Dampfer, auf dem nur italienisch gesprochen wurde. Ein anderer, der aüf den Brief des Agenten, es sei jetzt gerade Zeit, wenn er auf einem Viermaster mit nach Australien wolle, sofort abgereist war, wurde vou Hamburg nach Liverpol--geschickt, von da nach einem irischen Hafen; dort kam er auf einen kleinen Schoner, der nach Amerika ging; in Amerika wurde er mit seinen Sachen einfach an Land gesetzt. Zwei andere waren auf ein norwegisches Segelschiff verheuert, das so schlecht war, daß die Leute schon vor der Abreise im Hafen jeden Tag zwei Stunden an den Pumpen arbeiten mußten. Ein Junge, Sohn einer armen Witwe, die das Aeußer- ste geleistet hatte, um das Geld zusammen zu bringen, welches der Agent für die Unterbringung des Jungen forderte, erhielt im Hafen, den das Schiff anlief, einen Brief von seiner Mutter voll bitterer Vorwürfe, daß er ihr in ihrer Not noch Schulde» hinterlassen habe. Der Agent hatte, als das Schiff fort war, einfach an die Mutter geschrieben, ihr Sohn habe noch Schulden hinterlasseu, die sie bezahlen müsse. In allen diesen Fällen erwies sich die Seemannsmission als der beste Freund des Jungen, sie ist aber gern bereit, auch vorher schon Auskunft zu erteilen, um ähnliche Schicksale zu verhüten. Man wende sich daher mit Anfragen an die Seemannsmiffion in den Hafenstädten, oder au das Komitee für deutsche evangelische Seemannsmission in Berlin ^V., Geuthrnerstraße 38.
(Schmerzlose Operation.) Endlich scheint es der Wissenschaft gelungen zu sein, das Problem der schmerz- und gefahrlosen Zahnoperationen zu lösen. In der Medizinischen Gesellschaft in Leipzig hat darüber der Chirurg Prof. Or. Braun Mitteilungen gemacht, die sehr vertrauenerweckend klingen. Es handelt sich um ein aus der Nebenniere hergestelltes Präparat, dem die schätzenswerten Eigenschaften zukommen, örtliche Betäubung und Blutleere zu erzeugen, und das deswegen in der Chirurgie und Augenheilkunde bereits vielfache Anwendung gefunden hat. Von diesem Medikament berichtet nun vr. Braun, daß Einspritzungen desselben zusammen mit Cocain ins Zahnfleisch bei Zahnextraktionen an Sicherheit der Wirkung alle bisher
gekannten Mittel übertrafen, so daß Kranke, denen man die Augen zugebunden hatte, häufig erst dann glaubten, daß die Operation vorüber war, als man ihnen den ausgezogenen Zahn zeigte und sie mit der Zunge die Lücken fühlten. Aus der Zahnwunde floß in der Regel kein Blut heraus. Mißerfolge waren nur dann vorhanden, wenn aus anatomischen Gründen eine regelrechte Einspritzung nicht möglich war.
(Das Geheimnis der ewigen „Jugend".) Anläßlich der Tournee der großen englischen Sängerin Patti schreibt ein amerikanisches Blatt: Es wird gesagt, daß diese wunderbare Frau um 25 Jahre jünger aussieht, als sie wirklich ist. Nicht nur hinter dem Lampenlicht, sondern auch bei Hellem Sonnenlicht sieht sie wie eine Frau von 35 Jahren aus. Worin besteht nun das Geheimnis ihrer Jugend und Kraft? Ihr guter geistiger und körperlicher Zustand ist das Ergebnis ihrer eigenen Intelligenz und Willenskraft. Als Kind schon sagte sie zu sich: „Ich will jung sein, so lange ich lebe", und sie hat ihre Energie auf die Erfüllung dieses Entschlusses verwandt. Von der frühesten Jugend an ist sie für Bewegung im Freien gewesen. Die Winde haben sie umweht, der Sonnenschein sie gebadet. Sie weiß, was es heißt, in enger Berührung mit der Natur zu bleiben, die den Lebensozon liefert. Niemals ist sie mürrisch oder eynisch geworden, und auch am ' dunkelsten Himmel hat sie stets ein blaues Stückchen gesehen. Sie ist Optimistin und hat immer geglaubt, daß es in der Welt mehr Gutes als Böses, mehr Schönheit als Häßlichkeit, mehr Erfolg als Mißerfolg, mehr Glück als Elend gibt, und für diese „bessere» Dinge" hat sie von ihrer Kindheit bis jetzt unerschütterlich gelebt.
Gemeinnütziges.
(Belebende Mittel.) Belebende Mittel, die geeignet sind, die gesunkenen Lebenskräfte schnell zu heben und Ohnmächten zu beseitigen, sind folgende: 10 bis 20 Tropfen Aether, 20—40 Tropfen Hoffmannsche Tropfen auf Zucker, Wa- schungen mit Essig oder Spiritus. Bespritzungen mit kaltem Wasser, Frottieren.
: (Kitt zum Aus st reichen r'o n
lFugen inFußböden, Fenstern sund der gl.) Für erstere nehme man Gips, rühre ihn mit kaltem Wasser j etwas weniger flüssig als Milch und ! gieße ihn mittels einer Kanne in die > Fugen; nach kurzer Zeit erhärtet sich die § Flüssigkeit. Kitt für Fugen an Fenstern j rc. besteht ans einem festgekneteten Teige j von sogenannter Schlemmkceide und Lein- ^öl; es ist dies der Glaserkitt, s — Aepfel lassen sich rascher und beguemer schälen, wenn man sie mit siedendem Wasser übergießt und in diesem etwa fünf Minuten stehen läßt. Ange- zeigt wäre dieses Verfahren wenigstens, wenn es darauf ankommt, eine große Menge Aepfel möglichst schnell zu schälen.
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