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Nro. 7S.

Montag, 29. Juni 1903

39. Jahrgang.

Rundschau.

Dem nächsten Handwerkskammer-j tage werden verschiedene Anträge von, allgemeiner Bedeutung zurBeschlußfassung unterbreitet werden. Zunächst 'ist die Schaffung eines ständigen Bureaus, einer Zentralstelle der deutschen Handwerks- und Gewerbekommern in Aussicht genom­men, ferner die Gründung eines großen Blattes für Handwerks- und Gewerbe- Interessen. Die Quittungskarten der Alters- und Jnvaliditätsversicherung sollen auf den Namen des Gesellen nur dann ausgestellt werden, wenn das Zeugnis über die bestandene Gesellenprüfung vor­gelegt ist. Der Vcpband der deutschen Be- rufsgenossenschaft soll ersucht werden, sich gleichfalls dafür auszusprechen. Hinsicht­lich der selbständigen Ausübung des Maurer- uudiZimmergewerbes ist in Aus­sicht genommen, eine ministerielle Ent­scheidung darüber herbeizuführen, daß im Baugewerbe nur derjenige als selbständiger Handwerker im Sinne des tz 129 der Gewerbeordnung anzusehen sei, der ein­fache Entwürfe, statistische Berechnungen sowie Kostenanschläge anfertigen kann.

Cann statt, 14. Juni. Ein mensch­licher Wiederkäuer wurde unlängst ins hiesige Bezirkskrankenhaus ausgenommen nun nach 6 wöchiger Behandlung als ge­heilt entlassen. Der Mann, der 38 Jahre alt ist, gab bei seiner Aufnahme ins Krankenhaus an, daß bei ihm kurz nach der Mahlzeit alle genossenen Speisen in einzelnen Stößen aus dem Magen wieder in den Mund kommen ; er kaue dann alles nochmal durch, um es später end- gültig zu verschlucken; zum zweitenmal kommen die aufgenommenen Speisen nicht mehr aus dem Magen heraus. Das Wiederkäuen, das einige Minuten nach der Nahrungsaufnahme und ganz unabhängig von der Art der genossenen Speisen auftrete, dauere etwa eine halbe bis eine Stunde; unterdrücken könne er es nicht; beim Versuch hiezu bekomme er Uebelkeit und Druck in der Magengegend. Schmerzen im Magen habe er für ge­wöhnlich nicht und auch sonst überhaupt! keine Beschwerden. Diese Angaben wur­den durch die Beobachtungen im Kran­kenhaus bestätigt. Der Patient gab hier­bei noch a», daß die wieder hochkommenden Speisen denselben Geschmack wie bei der ersten Nahrungsaufnahme haben und keineswegs schlecht schmecken. Wiederholt gekaut wurden sämtliche Speisen, in erster Linie und stets zuerst das genos­sene Fleisch, ferner Kartoffeln, Brot, aber auch dünnflüssige Nahrung, wie dünne Suppen, gekochtes Obst u. s. w. Der Prozeß des Wiederkäuens wurde von den Aerzten des Bezirkskrankenhauses

als Magenneurose aufgefaßt und einer,

rein suggestiven Terapie unterworfen, die v>n Erfolg begleitet war. In der medi­zinischen Literatur werden etwa 100 Fälle von menschlichen Wiederkäuern aufgesührt.

Ludwigs bürg, 25. Juni. Der jüngste Sohn, Bernhard, des Prinzen Max zu Schaumburg-Lippe, Bruders der Königin, und der PrinzessinOlga, geborene Herzogin von Württemberg, ist gestern vormittag 9 Uhr im Alter von 6 Monaten gestorben. Geboren war der Prinz am 18. Dezember 1902. Oberbürgermeister Dr. Hartenstein brachte bei den prinzlichen Eltern die Teilnahme der Stadt zum Ausdruck.

H ei l b r v n n, 26. Juni. (Im Kon­kurs der Gewerbebank) sind nun mit der jüngsten Abschlagszahlung vor; 306 958 Mark 80 Prozent der Gesamt-Passiva in der Höhe von 2 776990 Mk. befriedigt, so daß noch 600009 Mk. ungedeckt blei­ben, doch soll auch hievon noch ein kleiner Teil nachgezahlt werden.

Karlsruhe, 23- Juni. (Straf­kammer.) In der heutigen Sitzung stand zunächst die Anklage gegen den Stuhl- fabrrkanten Karl August Kling aus Nie­fern, gegen den Schreiner Wilhelm Otto Schwörer aus Dürrmenz-Mühlacker, frü­her in Niefern wohnhaft, und gegen den Kaufmann Karl Wilhelm Eugen Schobert, aus Wildbad, rruohahast in Niefern, wegen Urkundenfä schung, Betrugs und Betrugsversuchs zur Verhandlung. Der Angeschüldrgte Kling gründete vor eini­gen Jahren in Niesern eine Stnhlfabrik. Er begann das Geschäft mit einem Kapital von 5000 Mark, das aber nicht lange ausreichte, da Kling sich ein An- rves^l und eine Werkstatt erbaute. Er geriet immer mehr in Geldschwierigkeil, wodurch er veranlaßt wurde, mit Wech­seln zu arbeiten, und schließlich, als ihm niemand mehr unterschrieb, zu Fälsch­ungen griff. Kling war zur Last gelegt, daß er im November 1902 auf einen Wechsel über 8000 Mark den Namen seines , Schwiegervaters Elias Lehr in Njefern ohne dessen Wissen setzte und diesen Wechsel dem Sonnenwirt Wüst aus Brötzingen übergab, der ihm 760 Mark ausbezahlte, daß er ferner am 16. Januar auf einem Wechsel über 275 Mark 60 Pfg. das Accept des Schrei ners Weimann in Rheinsheim fälschte und sich mit diesem Wechsel bei dem

nach Abzug einer Provision auch aushändigte. Von Kling wurde dann weiter im Januar d. I. ein Wechsel über 1250 Mark gefälscht. Auch in die­sem Falle brachte der Angeklagte den Namen seines Schwiegervaters als Acceptanten an. Diesen Wechsel suchte er unter Mitwirkung des Schwörer in einer Wirtschaft zu Pforzheim im Mai an den Holzhändler Wild aus Schwann loszuwerden. Wild lehnte es aber ab, den Wechsel zu diskontieren. Auf den Wechsel von 1250 Mark setzte Kling nachträglich den Namen des Bauunternehmers Fahlbusch in Pforzheim als Bürgen und erreichte dadurch, daß ihm der Agent Katzenberger auf den Wechsel die Summe von 1050 Mark gab. Der Angeklagte Schobert hatte auf Veranlassung des Kling, der sich einen Kredit bei dem Vorschußoerein in Pforzheim bis zu 3000 Mark gegen Bürgschaft sichern wollte, auf eme dies­bezügliche Bürgschaftsurkunde den Na­men des Zimmermanns I. Fr. Lutz in Niefern gesetzt. Diese Urkunde übergab Kling zugleich mit einem für die gleiche von ihm ausgestellten und von Schobert mit dem Namen Lutz als Wech­selbürgen versehenen Solawechsel dem Vorschußverein Psorzheim und erhielt darauf den nachgesuchten Kredit, den er auch in voller Höhe in Anspruch nahm. Die Angeschuldigten gaben die der Anklage zu Grunde liegenden Vorgänge zu, doch erklärte Schwörer, daß er von den Fälschungen des Kling keinerlei Kenntnis gehabt habe. Die Verhandlung ergab auch nichts Belastendes gegen Schwörer. Der Gerichtshof sprach diesen Angeklagten deshalb frei. Kling wurde zu 1 Jahr 8 Monaten Gefängnis, abzüglich 1 Monat Untersuchungshaft, Schobert zu 4 Wochen Gefängnis, verbüßt durch die Unter­suchungshaft, verurteilt.

Karlsbad. Ueber die unglückselige Tat eines Pfälzer Gutsbesitzers, der eine junge Stuttgarterin, der er nachgereist war, schwer verletzte und sich dann selbst erschoß, wurde in den Blättern bereits belichtet. Der Verletzten und ihrer Familie wendet sich allgemeine Teilnahme zu. Die Verletzte ist die 2ljährige Tochter des Kommerzienrats Kienlin in Stuttgart; sie hatte in Davos, wo sie sich zur Heilung aufhielt, den ebenfalls lungenleidenden Gutsbesitzer und Leutnant der Reserve

Zimmermann Lutz in Niefern ein Dar-'des württ. Drag-Regiments Nr. 26 in lehen von 120 Mark verschaffte. Kling Stuttgart, bis Mai 1899 aktiver Offizier

hatte sodann aus den Namen seines Schwiegervaters einen weiteren Wechsel über 350 Mark gefälscht. Diesen Wech­sel brachte Schwörer dem Wirte Wüst in Brötzingen, der ihm die Wechselsumme

dieses Regiments, Aug. Hoffmuim, zuletzt wie man hört, Gutsbesitzer in der Pfalz, kennen gelernt. Hoffmann traf am Mitt­woch Abend in Karlsbad ein und nahm im Hotel Pupp Wohnung, wo die Familie