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Vi Hingen, 15. März. Wie von hier gemeldet wird, erhielt Frau Christian Disch Witwe hier ein Erbteil aus dem Nachlaß eines in Paris verstorbenen Fräuleins in Höhe von 66 000 Francs ausbezahlt.
— Eine Witwe in Freiburg wollte aus ihrer Wohnung ansziehen, hatte aber kein Geld, um vorher die Miete zu zahlen. Um nun „unbelästigt" ausziehen zu können, sperrte sie die Hauseigentüme- rin, ein altes Fräulein in ein Zimmer ein und ließ dann ihren Hausrat focr- schaffen. Nachdem dies geschehen war, gab sie 14/, Stunden später dem Fräulein die Freiheit wieder- Die Hausbesitzerin hat aber der Staatsanwaltschaft wegen des Vorfalls Anzeige erstattet und nun muß sich die erfinderische Witwe wegen Freiheitsberaubung verantworten.
Berlin, 13. März. Generaloberst Hahnke, Gouverneur von Berlin und Oberbefehlshaber in den Marken, ist heute durch kaiserliche Kabinetsordre zum Generalfeldmarschall ernannt worden. Der Kaiser richtete an Hahnke eine Kabinetsordre, worin er ausspricht, daß er ihm die Auszeichnung als erneuten Beweis der Anerkennung seiner reichen Verdienste, sowie seines besonderen Wohlwollens verleihe.
Berlin, 15. März. Nach einer aus Kairo eingetroffenen telegraphischen Meldung ist der deutsche Kronprinz dort gleichfalls an den Masern erkrankt. Der Verlauf der Krankheit ist bisher normal.
Berlin, 14. März. Der evangelische Bund hatte auf gestern abend eine große Volksversammlung gegen die Aufhebung des Par. 2 des Jesuitcngesetzes in die Tonhalle einberufen. Das Lokal war überfüllt. Wohl 3000 Personen waren anwesend. Nach mehreren scharfen Reden wurde mit allen gegen eine Stimme eine Resolution angenommen, in der unter Hinweis auf die von der Rückkehr der Jesuiten zu erwartende Bedrohung des religiösen Friedens beim Bundesrate energischer Protest gegen die Wiederzulassung der Jesuiten erhoben wird.
Lo^crl'es.
Wildbad, 16. März. Da und dort konnte man diesen Winter lesen, daß selbst in kleineren Städten jüngeren Vertretern des Handwerks Gelegenheit geboten worden sei, die einfache Buch führ ung in einem Winterkursus zu erlernen. Ohne Zweifel fühlen strebsame Handwerker landauf landab das Bedürfnis, auch dieses Gebiet kennen zu lernen, um so den immer mehr sich steigernden Anforderungen gerecht zu werden. Wo solche Kurse abgehalten worden sind, hat man gute Erfahrungen gemacht. Denn selbstverständlich bringen reifere Leute zu solchem Unterricht das mit, was bei der Jugend so oft mangelt: Das Interesse. — Sollte nicht auch hier der Wunsch zu treffen sein, mit der Buchführung durch praktische Unterweisung vertraut zu werden? Wir zweifeln nicht daran, auch daran nicht, daß zur Befriedigung dieses Wunsches Gelegenheit geboten werden könnte.
— Bei der am letzten Sonntag in Neuenbürg stattgehabten Bezirks-Geflügelausstellung wurden Herrn E. Maisch hier folgende Preise znerkannt: Für Hühner, schwarze Bantam, 111. Preis; für Tauben, Rotblassen, III., rote In dianer III., schwarze Indianer III. Preis.
WnterHaLtenöes.
Ern Verbrechen?
Erzählung von Arthur Zapp.
(2) (Nachdruck verboten.)
Der Buchhalter fuhr von seinem Sitz in die Höhe. Sein Gesicht spiegelte deutlich den Schrecken und das Entsetzen wieder, das die Drohung seines Vorgesetzten in ihm hervorrief.
„Aber Herr — Herr Rentmeister," stotterte er. „Da — das werden Sie doch nicht thun. Sie wer—werden mich doch nicht ru—ruinieren."
„Ich?" Der Scheltende blieb vor dem Schuldigen stehen. „Ich ruiniere Sie nicht. Das thun Sie selbst mit Ihrer —"
Er hatte noch nicht ausgesprochen, als die Thür aufging. Der Kassenbote steckte seinen Kopf in's Zimmer.
„Herr Rentmeister", rief Schröder ganz aufgeregt, mit freudig strahlendem Gesicht. „Eine Ueberraschung! Der Herr Lieutenant ist da!"
Der alte Herr schnellte auf dem Absatz herum.
„Mein Sohn?"
»Jawohl, Herr Rentmeister. Als ich von der Post kam, begegnete ich ihm. Der Herr Lieutenant kam eben vom Bahnhof. Als er mich sah, trug er mir auf, Ihnen seine Ankunft zu melden und Ihnen zu sagen, Sie möchten doch heute etwas früher nach Hause kommen. Der Herr Lieutenant hätte etwas ganz Wichtiges und Dringendes mit Ihnen zu besprechen. Es ist gewiß wegen des Herrn Lieutenants Commandirung nach der Kriegsakademie."
Der Renrme-ster nickte. Auch sein Gesicht, das noch eben düstere Wolken beschattet hatten, leuchtete auf. Sein Sohn, der Lieutenant war sein Stolz. Mit achtzehn Jahren hatte er das Abiturientenexamen bestanden. Dann war er als Avantageur in die Armee eingetreten und nach der vorschriftsmäßigen Zeit Lieutenant geworden. Auch als Offizier war Helmuth tüchtig und strebsam geblieben. Freilich, Geld hatte das alles gekostet, heidenmäßig viel Geld und von seinen früheren Ersparnissen hatte der Rentmeister das Meiste opfern müssen. Aber er hatte es gern gegeben, denn er hatte ja die Gewißheit, daß das kleine Kapital für Helmuth gut angelegt war Und als nun gar vor Kurzem die Freu- denbotschaft gekommen war, daß Helmuth auf Grund einer ganz vorzüglich bestandenen Prüfung zur Kriegsakademie einberufen worden war, da hatte sich Herr Grunow als den glücklichsten Vater ge- fühlt.
Der Rentmeister sah nach der Uhr. Erst zehn. Doch die Ungeduld ließ ihm keine Ruhe.
„Ich komme noch einmal vor Tisch wieder," sagteer zu Küpper, „sollte aber noch vorher etwas Dringliches sich ereignen, so lassen Sie mich durch Schröder rufen."
Dann schloß er die Kasse und entfernte sich. Unterwegs, während er eilig seiner Wohnung zuschritt, schlich sich eine stille Unruhe in seine Brust. Was hatte Helmuth's plötzlicher Besuch zu bedeuten ? Heute war der fünfundzwanzigste März. Am ersten April, so hatte Helmut in seinem letzten Brief geschrieben, würde er nach Berlin überfiedeln und erst Ende
des Monats, während des Osterfestes, wollte er von Berlin aus zu einem kürzeren Besuch im Vaterhause erscheinen. Martha, die neunzehnjährige Tochter des Hauses, die nach dem Tode ihrer Mutter die Wirtschaft führte, trug ihrem Bruder eben ein schnell zubereitetes Frühstück auf.
Es lag in der Begrüßung des jungen Offiziers etwas Hastiges, Befangenes, das jedoch dem alten Herrn, dem das Herz hoch klopfte bei dem Anblick seines Sohnes, völlig entging. Er nahm neben Helmuth Platz und leerte, mit seinem Sohn anstoßend, ein Glas von dem Rotwein, den Martha schnell herbeigeholt hatte.
„Na, hast Du Dir Urlaub genommen bis zum Antritt Deines Commandos?" fragte der Rentmeister, nachdem ein paar Worte über die weite Reise, die Helmuth eben zurückgelegt hatte, gewechselt worden waren.
Der Lieutenant that einen tiefen Athem- zug, bevor er antwortete.
„Nein Papa," sagte er in einem eigentümlich verhaltenen, heiseren Ton. „Ich muß noch heute wieder abreisen."
Der alte Herr stellte das GlaS, daS er eben ergriffen hatte, ohne zu trinken wieder am den Tisch zurück und sah seinem Sohn befremdet in'S Gesicht. Erst jetzt siel es ihm auf, daß Helmuth merk- würdig erregt und erhitzt aussah trotz der langen nächtlichen Fahrt im Eisenbahn- koupö.
Ein plötzliches Zittern befiel den alten Herrn.
„Ist etwas vorgefallen, Helmuth?" fragte er in ängstlicher Spannung.
Der Lieutenant drückte ein paar Sekunden lang die Augen ein. Dann seufzte er tief auf und nickte.
„Wa — was ist'S denn, Helmuth?" lallte der Rentmeister. Ein eisiger Schreck packte ihn und sein Herz begann im Sturmtakt zu schlagen, während er an einen Vorfall gedachte, von dem ihm sein Sohn einmal erzählt hatte, an ein Duell, in dem em frischer, lebenslustiger Lieute- nant aus Helmuth's Regiment durch die Brust geschossen worden und aus der Stelle totgeblieben war.
Der Lieutenant warf einen Blick nach der Thür hin, durch die Martha wieder jeden Augenblick hereinkommen konnte. Mit einem kräftigen Ruck erhob er sich. „Komm', Papa," sagte er. „Laß uns in dein Arbeitszimmer gehen! Ich habe Dir ein Geständnis zu machen."
Der alte Herr vermochte sich kaum zu erheben. Mit schlotternden Knieen schritt er dem Sohne voran. In dem Zimmer angekommen, in dem der Rentmeister zuweilen noch nach Geschäftsschluß zu arbeiten pflegte, blieb der Lieutenant noch einen Augenblick unschlüssig stehen und zwirbelte an seinem Schnurrbart.
„Nun?" fragte der alte Herr, innerlich bebend.
Der Lieutenant raffte sich auf. Mit einer entschlossenen Gebärde legte er seine beiden Hände auf seines Vaters Schultern und sagte: „Papa, ich will keine langen Umschweife machen. Ich bin leichtsinnig gewesen."
„Leichtsinnig! Das heißt — ?"
Ohne auf diese Frage direkt zu antworten, fuhr der Lieutenant in schnellem Redefluß, mit einer geflissentlichen Hast fort: „Du weißt, Papa, daß ich immer mit meiner Zulage leidlich ausgekommen bin und mich von allen Extravaganzen,