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Nro. 22.

Areitag, 20. Aebvuar 1903

39. Jahrgang.

Rund? chau.

Stuttgact. Nach einer Bekannt­machung des Ministeriums der auswär- tigrn Angelegenheiten, Abteilung für die Verkehrsanstalten, soll in diesem Jahre am Geburtsfest des Königs der Postdienst ähnlich wie an Sonn- und Festtagen eingeschränkt werden, um den Postbeamten die Teilxahme an der Feier zu ermögli­chen. Da im Reichspostgebiete und in Bayern am Geburtstage des Kaisers und des Prinzregenten im Postdienste längst der Sonntagsdienst eingeführt ist, darf wohl angenommen werden, daß sich diese Neuerung, welche hauptsächlich den nie­deren Beamten und den Arbeitern der Postverwaltung zu gut kommen wird, auch in Württemberg ohne Schwierigkeiten durchführen läßt.

Das Befinden des Herzogs Niko laus von Württemberg ist, wie aus Carlsruhe i. Schief, gemeldet wird, im­mer noch ein sehr ernstes und besorgnis­erregendes. Der Appetit ist sehr schwach.

Stuttgart. 16. Feb. Das siebente große Musikfest wird am 16., 17. und 18. Mai staltfinden. 1. Tag: Bachs Mat thäus-Passion: 2. Tag: Chor aus den Meistersingern von Wagner: Wachet auf und Beethovens Leonoren-Ouverture Nr. 3; Violinvortrag von Kubelek, Dante- Symphonie von Liszt; Symphonie von Berlioz. 3. Tag: L-moU. Symphonie von Brahms; 0-moU-Symphonie von Mozart; Verwandlungsmusik aus dem I. Akt von Parsival (Wagner); Ls-ärrr-Konzert von Beethoven, gespielt von Frau CareneS. Während der Festtage Aufführung des Wagnerschen Nibelungenrings im Kgl. Hoftheater.

Tübingen, 16. Febr. ImMed. Korr.-Bl." regt ein Arzt an, daß die württembergischen Aerzte sich zusammen- thun und das historisch wertvolle Kerner­haus ankaufen. Es sei recht wohl geeignet zu einem Erholungsheim für die württembergischen Aerzte, eine Verwend­ung, die die Erhaltung desMuseums" nicht verbieten würde. Weinsberg mit seiner lieblichen Umgebung, mit seinen geschichtlichen Erinnerungen außer der Burg Württembergs älteste Kirche sei zu dem Zwecke nicht ungeeignet, und mancher Kollege, könnte sich dort von dem Aerger der Praxis erholen und in den Poesie durchströmten Räumen frischeKräfte sammeln.

Leutkirch, 16. Febr. Gegen Sub- misfionsblüten macht der hiesige Magist­rat Front, indem er bei einer Ausschrei­bung bemerkt: Offerren mit mehr als 10 Prozent Abgebot finden keine Berücksich­tigung.

Pforzheim, 16. Febr. Eine Mes- serstecherei hat gestern Abend in der Wirtschaft zum Ochsen in Niefern statt- gefunden. In einem Streit zwischen Italienern und Nieferner Burschen wurde der 19 Jahre alte Mechaniker Karl Brauner in den Oberschenkel und Unter­leib gestochen, so daß die Gedärme her­austraten. Fünf von den beteiligten Italienern wurden verhaftet.

Pforzheim, 18. Febr. Eine große Aufregung machten die Reisenden des Zuges 10.50 ab Pforzheim hinter der Station Unterceichenbach mit. Als der Zug schon auf der Brücke war, ging plötzlich eine Bauersfrau aus Schwarzen­berg ohne ein Wort zu sagen aus einem Wagen 3. Klaffe die Treppe hinunter und sprang, obgleich Herr Heinen ans Pforzheim ihr sofort nachgeeilt war, um sie zurückzuhallen, aus dem Zuge. Sie wurde gegen das Brückengeländer geschleu­dert und kam glücklicherweise direkt neben den Zug zu liegen. Jedermann glaubte sie schon schwerverletzt oder wo­möglich als Leiche zu sehen, als sie scheinbar unverletzt wieder aufstand, ihre Siebensachen zusammenraffte und nach Unterreichenbach zu davonlief.

Säckingen, 17. Febr. Ein vielbe­wegtes Leben hat der gestern ins Amts- gesängnis hier eingelieferte geisteskranke Deserteur Wärzmann aus Wasseralfingen hinter sich. Mit 20 Jahren ging er nach der Musterung nach Algier, wo er 6 Jahre diente, dabei eine größere Zucht­hausstrafe verbüßte. Nach der Rückkehr von dort wurde er in Metz verhaftet, nach Ellwangen gebracht und hier zu 3 Monat Gefängnis verurteilt. Nach der Strafverbüßung wurde er ins Grenadier­regiment in Ulm eingestellt. Hier deser­tierte er und wurde schließlich als Gei­steskranker in die Heilanstalt Schussenried gebracht, von wo er mit Hemd und Unterhose bekleidet entwich und von der Schweiz, wo er sich Herumgetrieben, über die Grenze geschoben wurde. Gestern wurde er der Heilanstalt wieder übergeben.

- Wie aus Bad Nauheim gemel­det wird, hat sich der Komponist und Musikdirektor Karl Machts der seit 25 Jahren Dirigent der Kurkapelle im Bad Nauheim ist, in einem Anfalle von Schwermut im Leinefluffe bei Hannover ertränkt.

Berlin, 16. Febr. Dem Reichstag ging eine Denkschrift über die Beile- gung der Streitigkeiten zwischen Deutsch­land und Venezuela zu. Diese führt aus: Nach Ablehnung der Forderungen des deutschen und britischen Ultimatums verhängten Deutschland und Großbritan­nien die Blokade über die venezolanischen

Häfen, der sich Italien anschloß. Auf Wunsch Venezuelas fanden darauf zu Ende der Streitigkeiten Verhandlungen in Washington zwischen den Vertretern der drei beteiligten Mächte und Venezuela statt, welche am 13. Febr. durch Unter- Zeichnung des deutschen, englischen und italienischen Protokolls zum Abschluß ge­langten. Die in dem deutschen Ultimatum aufgestellten Forderungen sind uunmehr erfüllt. Die Mächte werden daher unver- züglich die Blockade aufheben und die diplomatischen Beziehungen mit der vene- zolanischen Regierung wiederherstellen. Es folgt dann der Wortlaut des Proto­kolls.

Sechzehn Millionen Briefumschläge für die bevorstehenden Reichstagswahlen sind von der Regierung zur Ausschreibung gebracht worden. Die neuenWahlcou­verts" sollen aus festem weißem Papier gefertigt werden und sollen aus der Innenseite durch schwarze Farbe Licht­festigkeit und völlige Undurchsichtigkeit erhalten. Um die Erlangung dieses Riesen- aufirages, wie er in diesem Umfange noch nie zur Vergebung gelangt ist, bewerben sich alle größeren Briefumschlagfabriken Deutschlands.

- Bei Einführung der 45tägigen Rückfahrkarten rechnete Minister v. Thie­len mit einem Einnahmeausfall von 20 bis 30 Millionen Mark. Diese hat sich als vollständig verfehlt erwiesen. Nicht nur keinen Einnahmeausfall hat die 45tägige Rückfahrkarte gebracht, sondern einen Einnahweüberschuß von rund 10 Millionen.

Berlin, 17. Febr. Im Kurpfuscher­prozeß Nardenkötter wurde heule das Urteil verkündet. Der angeklagte Narben- kötter wurde wegen Betrugs und un­lauteren Wettbewerbs zu 3 Jahren Ge­fängnis, 3000 Mk. Geldstrafe und 5 Jahren Ehrverlust, sowie wegen Ueber- tretung betr. den Verkehr mit Gift zu 600 Mk. Geldstrafe, bezw. 60 Tagen Gefängnis verurteilt. Der Apotheker Plesper wurde freigesprochen und der Dr. Kronheim wegen Beihilfe zum Be­trug zu 6 Monaten Gefängnis und 1 Jahr Ehrverlust verurteilt.

Wie aus Prätoria berichtet wird, hat die englische Regierung den Generalen Botha, Delarey und Smuts (Dewet hat schon früher abgelehnt!) Sitze in dem in Aussicht genommenen gesetzgebenden Rate angeboten. Diese haben es jedoch ein­hellig abgelehnt, diese anzunehmen, nicht etwa, weil sie nicht geneigt seien, mit der Regierung gemeinsam zu arbeiten, sondern vielmehr, weil ihrer Meinung nach die Art und Weise, in welcher der neue Rat ausgestaltet werden soll, picht zum Besten