Nr. 116.
Amts- und VnzeigeblaLL für den Oberamtsdeztrk Calw.
94. Jahrgang.
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Mittwoch, den 21. Mal 1919.
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^ Der „Rheinisch-Westfälischen Zeitung" wird von einem Offizier sein Erlaß des Generalfeldmarschalls v. Hindenburg zur Verfügung gestellt, der alt alle Truppen gerichtet war, und in dem er auf die Wilsonschcn WaffenMstandsbedinguiigen hingewiesen habe, in denen bekanntlich verlangt worden ist, daß Deutschland militärisch so wehrlos gemacht werde, daß cs die Waffe» nicht inehr erheben könne. Da Wilson die militärische Kapitulation fordere, sei die Antwort Wilsons Unannehmbar. Sie sei der Beweis, daß der Vernichtungswille unserer Feinde, der 1914 den Krieg entfesselt habe, unvermindert fortbestche. Sie sei ferner der Beweis, das; unsere Feinde das Wort Rechts- fricdcn nur im Munde führen, um uns zu täuschen und unsere Widerstandskraft zu brechen. Wilsons Antwort könne daher für den Soldaten nur die Aufforderung sein, den Widerstand mit äußersten Kräften sortzusctzen. Wenn die Feinde erkennen würden, daß die deutsche Front mit allen Opfern nicht zu durchbrechen sei, würden sie z» einem Frieden bereit sein, der Deutschlands Zukunft gerade für die breiten Schichten des Volkes sichere. Der Armeebefehl war ain LS. Oktober abends 8 Uhr erfolgt. Die „Nhetuisch-WeMlische Zeitung" schreibt dazu, dieser Erlaß, der die Lage richtig elnschntzle. und dessen Befolgung uns nach menschlichem Ermessen vor dem Skia- vensriedcn gerettet hätte, sei weder dem Heere nach der deutschen Oessentiichkcit jemals bekannt geworden, denn kaum sei dieser Erlaß Lei den unteren Kommandostcllen cingetroffen, so sei auch schön ein Gegenbefehl gekommen, den Aufruf nicht weitcrzugeben. Dieser Gegenbefehl sei zweifellos van der Negierung ausgegangcn, denn ivenige Taoe später habe ein Rcgieruugsvcrtretcr iin Reichstage erwähnt, 'Hindenburg habe sich wieder persönlich an die Truppen gewandt, aber man habe die Bekanntgabe dieses Erlasses verhindert. Aus diesen Angaben zieht die Zeitung den Schluß, daß die Regierung des Prinzen Max, gedrängt von der sozialdemokratischen Parteileitung, in die Wilsonschc Falle gegangen sei, obwohl sie zur Genüge gewarnt gewesen sei, und obwohl ihr Hindenburg das Mittel an die Hand gegeben habe, der Wilsonschcn Versuchung zu widerstehen. Soweit die „Rheinisch-westfälische Zeitung". Vom natianalcn und taktischen Standpunkt finden mir im jetzigen Augenblick diese Enthüllungen der Zeitung so ungeschickt wie möglich, weil erstens un- serm Vaterland heute damit nicht mehr geholfen werden kann, und weil zwciteiis durch eine solche Darstellung die parteipolitischen Auseinandersetzungen aufs heftigste wieder entbrennen können. Wenn diese Erklärungen nach Abschluß des Friedens gemacht worden wären, ließe man es sich noch gefallen, aber jetzt wo wir in dev schwersten Entscheidungsstunde des deutschen Volkes stehe», wo wir eine geschloffene Einheitsfront mehr als je nötig haben, einen solchen Zankapfel unter das Volk zu werfen aus parteipolitischen Beweggründen, finden wir wirklich unverantwortlich, lieber Haupt wird die Frage, ob wir den Krieg verloren hätten, wenn die Revolution nicht gekommen wäre, wohl niemals objektiv beantwortet werde» können, denn sicher können weder Hindenburg noch Ludendorff behaupten, daß sic die Front bis zum Abschluß eines besseren Friedeus hätten halten können, angesichts des Zusammenbruchs der Türkei. Bulgariens und Oesterreich - Ungarns und angesichts des offensichtlichen dnaushallbaren Rückzuges des deutschen Heeres aus Frankreich und Belgien. Wer de» Rückzug mitgemacht hat, weih. Laß es sich nicht nur um einen „strategischen" Rückzug gehandelt hatte, sondern daß den deutschen Führern das Gesetz ihrer Handlungen, von der erdrückenden Uebermacht der Feinde aufgelegt worden war. Wie weit dieser Rückzug hätte sortgeführt werden können, ohne die Auflösung des Heeres zur Folge zu haben, entgeht dem Urteil des Laien, aber wenn man die völlige Apathie des deutschen Feldsoidaten in den letzten Monaten in Betracht zieht, die durch den dauernden Kampf mit der Uebermacht, durch Hunger und moralische Erschlaffung begreiflicherweise entstanden war, dann fällt cs einem trotz aller autori- Mioen Erklärungen schwer, an eine längere Widcrstandsmöglichkeit glauben, und das umsoweniger, als zweifellos in kürzester Zeit auch ^ine feindliche Siidfront unsere südlichen Grenzen bedroht hätte, ^uch wir sind bekanntlich in Erkenntnis der ernsten Gefahr, weil wir Wilsons „Grundsätze" nie als aufrichtig anerkannt hatten, weil wir weshalb auch eine Wehrlosmachung des deutschen Volkes durch Annahme der WaffeiistMstandsbedingimgen als elvc dem Selbstmord «kcichkommeride Handlung ansahen, für eine Ablehnung der Waffen- Mlstandsbcdlngungen und den nationalen Ausruf eingetrelen. aber einem solchen seelischen Aufschwung war das physisch und moralisch Deruntergeivirtschaftelc deutsche Bolk nicht mehr fähig. Die Hunger- Iblockade „nd die übermenschlichen Anstrengungen gegen die llebcr- sinacht hatten es für die Revolution reif gemacht, und deshalb hatten «>e Führer der Revolution so leichte Arbeit. In den Garnisonen V»d den Fabrikbetrieben war die Angst vor dein nationalen Aufruf großer als vor dem verlorenen Krieg, denn die entnervten Volks-
müssen waren nicht mehr fähig, sich über die Folgen einer völligen Auslieferung Rechenschaft zu geben. Die militärische wie innere Auflösung dürfte also doch wohl nur noch eine Frage der Zeit gewesen sein. Darüber aber, ob dir Feinde ebenfalls am Ende ihrer Kraft gewesen sind, kann weder ein wirtschaftlicher noch ein militärischer Sachverständiger in Deutschland ein Urteil fällen, und das umsoweniger, als nachweislich unsere militärischen Führer sich über die gegnerischen Kräfte mehr als einmal schwer getäuscht haben. Es kann sich hier inimer nur um Gesiihlsurteike handeln. Tatsache ist eben, daß aus schon -lOOmal erörterten Ursachen das deutsche Volk 5 Minuten oder ein Vierteljahr zu früh die Nerven und damit den Krieg verloren hat. O. 8.
Zük MdMSstM.
Der Ententefriedenscutwurf in der jetztigen Form unannehMbar.
Versailles, 20. Mai. Bei den am Sonnlag in Epaa erfolgten Besprechungen zwischen dem Ncichsmmistcr Dr. Dernburg, dem Grasen Rantzau, dem NeichsmüiiflLr Wissel, dem preußischen Finanzmiiiister Dr. Südekum und den aus Versailles und Berlin eingelrossenen Wirtschasts- und Fiuaitzfmhverstimdigeii wurde völlige Uebereurstinr- mung dahin erzielt, daß der Fricdcnseniwurs der Entente in der vor- gclegtcn Form unannehmbar ist. Bei dem in der gesamten Welt herrschenden Wunsche nach Herbeiführung eines dauernden Friedens soll jedoch von deutscher Seile nichts unversucht gelaffen werden, eine brauchbare Basis für dm Frieden zu finden, der den berechtigten (?) Forderungen der Gegner Rechnung trägt und für das deutsche Volk erträglich und erfüllbar ist.
Sin solcher Frieden schlimmer als der Krieg.
Berlin, 19. Mai. Im „Vorwärts" wirft Erwin Barth die Frage auf: .Wer wagt die Entscheidung?" Niemand hat glauben können, sagt er, daß in Paris Bestien statt Menschen der Welt statt des Friedens ein viel schlimmeres Werk als den Krieg selbst ersinnen würden. Der Krieg hat Männer im Blute erstickt, der Frieden aber soll die Weiber und Kinder hinmordcn. Es muß mit Festigkeit aus einer Volksabstimmung bestanden werden. Das Bolk ist die höchste souveräne Instanz. Ihm muß die Entscheidung in die Hand gegeben werden.
Konservative Anfragen bezüglich der FriedensvcrHandlmigen.
Berlin, 19. Mai. Der deutsch-nationale Abg. Trauh hat im Friedensausschuß, wie der -Südd. Zig." gemeldet wird, folgende Anfrage an die Regierung gerichtet: 1. Warum wird wertvolles Material zur Widerlegung unserer Schuld am Weltkrieg, z. B. aus dem Fund im Generalgouvernement Warschau über die Vorbereitungen Rußlands zum Weltkrieg nicht veröffentlicht? 2. Welche Stellung nimmt die Regierung ein gegenüber der feindlichen Forderung einer Kontingentierung unserer Armee auf IVO 900 Mann und ist die Stellung der Regierung dieser Forderung unserer Feinde gegenüber eine einheitliche?
Oberschlesische Kundgebungen gegen di«
Abtrennung von Deutschland.
Kattowitz, IS. Mai. Am Sonntag fanden trotz der ungünstigen regnerischen Witterung in allen größeren Industriezentren, wie Kattowitz, Beuthen, Hindenburg nsw. gewaltige Demonstrationsumzüge gegen den Gewaltsrieden statt. Die Bedeutung dieses Demonstrakions- sonntages darf aber darin erblickt werden, daß es wohl noch kein so entlegenes Oertchen im Regierungsbezirk Oppeln gab, in dem sich die Einwohnerschaft nicht zum Demoustrationszug sammelte. Nach den beim Etadtkommistariat für Oberschlesieu cingelaufenen Berichten kann man annehmrn, daß von den in Frage kommenden 18V0VV0 Einwohnern gut «ine Million den Will«» bekundet hat, auf alle Fülle bei Deutschland zu verbleiben. Außerdem lausen fortgesetzt beim Stadtkommissariat für Oberschlesien aus allen Bevölkerungs- Kreisen stürmisch gehalten« Drahtungen ein. Die steigende Erregung der Mafien gibt sich lebhaft in dem Ton der Drahtungen wieder. Au» den Kreise« der polnisch-sprechenden Arbeiterschaft ertönt gerade am lautesten der Ruf nicht vom deutschen Reiche losgetremtt zu «»erden. Ho komme« aus de» sogenannt«« stockpolnischen Kreisen Krenzbnrg und Rosenbrrg die eindringlichsten Notschreie. Di« mährisch-sprechenden Oberschlrfirr erklären in ihren Drahtungen aus den verschiedendsten Orten: Wir fühlen vollkommen deutsch und wollen mit unserer H*iruat lieber Not «nd Tod aushalten, als gegen unseren Willen verschachert werden.
Belagcrungs-nstlmd über Wrstprenßrn.
Berlin, Lü. Mat. Wie die Abendblätter melden, lst vd«r ganz Westprenß«» der Pekagernnasznfland vrrhängt worden.
Die Ausländsdeutschen gegen die Vernicht ««gsadflchten
gegenüber dem AusLsudsdeutschtn».
(WTB.) Berlin, 18. Mai. Im Lustgarten versammeldi sich heute morgen eine unübersehbare Menge von Ausland»» deutschen und zog in eindrucksvollem Demonstrationszug« nachf der Wilhslmstraße, wo sie durch Abordnungen dem Reiche Präsidenten Eberl und dem Ministerpräsidenten Scheid» mann eine Resolution überreichen ließen, in der sie den schärfsten Einspruch erheben gegen die Vergewaltigung, die Deutsch land durch die' unerhörten Friedensbedingungcn erleiden soll. Insbesondere protestieren die Ausländsdeutschen gegen den Raub ihres im Ausland zurückgelassenen Eigentums und gegen jede Einschränkung des freien Niederlastungsrcchtes. Di« Resolution schließt: Dieser von unversöhnlichem Haß diktiert« Friede darf nicht Wirklichkeit werden. Diese Bedingungen dürfen nicht unterzeichnet werden. — Dem stürmischen Drä«- gen der wartenden Menge nachgebend, sagte der Reichspräsident vom Balkon des Reichsamts des Innern aUs in eirrer Ansprache etwa folgendes: Meine Herren! Durch ganz Deutschland schallt der Schrei der Empörung über dt« uns von unfern Feinden vorgeleaten Friedensbedingungen. Da ist es verständlich, und selbstverständlich, daß auch die Ass» lanvsdcutscheß mit allen Kräften ihre Stimme ertönen lassen. Ganz abgesehen non den schweren Verlusten, die sie an Ha8 und Gut erlitten haben, soll ihnen die freie Betätigung aq den Stätten im Auslands nach dem Willen unserer Feind« versagt sein. Rechtlos soll der Deutsche fürder im Ausl«»ch» sein. Nichts anderes besagen die Bestimmungen dieses Go» waltinstrrnnenrs, das ein freies Volk von 70 Millionen zum Sklaven der Gewalt machen will. Trotz allem wollen »vir de» Mut nicht verlieren. Das Arrrlmch, das deutsche Arbeit, deutlichen Fleiß »nd deutsche Redlichkeit kennt, wird die Necht««« des Deutschen nicht zulasten. Es wird mit uns zusammen seinen Ruf erschallen lasten, auf daß dieser Knebelnngsfriede, der» wir nun-und nimmer unterzeichnen werden, nicht Zustand« komme, sondern wirklich ein Friede der Verständigung und Versöhnung, unter besten Fittichen auch die Ausländsdeutsche» wieder friedlich und arbeitsam ihrem Erwerb nachgehen und ihr deutsches Leben im Auslande leben können, ebenso wie der Ausländer sein nationales Leben bei uns. Jedenfalls' können Sie, meine Herren, versichert sein, daß die Regierung alles dazu tun wird, um dieses Ziel zu erreichen.
Don der Reichskanzlei aus sagte llnterstaatssekretär A l-> bert zu der Menge der Ausländsdeutschen u. a.: Rach de» FriedensLödingungen kann das Vermögen der Ausländsdeutschen nach dem Frieden beliebig weiter liquidiert werden. Der Erlös wird den Berechtigten nicht ausgezahlt, sonder» auf die Ersatzansprüche unserer Gegner verrechnet. Die Höhe der Ersatzansprüche steht aber nicht fest und wird nach freiem Ermessen unserer Gegner festgesetzt. Unterstaatssekretär Albert brachte in seinen weiteren Ausführungen zum Ausdruck, daß die Regierung den in der Resölutior» der Ausländsdeutsche» ausgesprochenen Standpunkt teile, daß solche Bedingungen nicht angenommen werden können. Nur wenn Deutschland weiter Ausland «Handel treiben kann, nur wenn Ausländsdeutsche für die Heimat arbeiten und für di« Heimat tätig sein könne», sei es Deutschland möglich, auf sein«« verarmten Boden sein« Bevölkerung zu erhalten. Die Reichsregierung werde den Ausländsdeutschen gegenüber ihre Pflicht tun und sich miß allen Kräften dafür einsetzen, daß der Grundsatz der internationalen Gleichberechtigung der Völker auf der durch den Waffen, stillstandsvertrag geschaffenen klaren und heiligen Vertrage- basis zur Geltung gebracht werde.
Scheiden»»«« an di« Deutsch Oefterreicher.
fWTB.) Berlin, 18. Mai. Zu vielen Tausenden hatten fichj heute mittag gegen 12 Uhr Deutfchösterreicher und Deutsch« auf dem Wilhelmsplatz «ud in der Wilhelmstraße vor de» Reichskanzlei eingefunden, um gegen die in den Friedens» bedingungen offenbar gewordenen Bestrebungen der Enteilt«, Deutsch-Oesterreich vom Deutschen Reiche loszulösen und fl» dauernd zu trennen, zu protestieren. Hierbei ergriff der Ministerpräsident Scheide«am: das Wort zu einer Ansprache, iq> der er «. a. ausführte:
Sie haben sich heut« hier versammelt, um Protest einzu- legen gegen die schweren Bedingungen, die auch den Deutsch- Oesterreichern von der Entente auferlegt werden sollen, wie auch, uw -u begründen, daß di. Deutsche» Oesterreich» n«d di». Deutschen an» dem «lt«» Reich zusammcngehöreu »ollem sBravo!) Daß D»ir ein einiges Volk sein »vollen «nd daß Kit