46

Verzichten Sie auf die Verletzung der Ge­fühle, die dem großen Teil des deutschen Volkes heilig sind und manche Gegensätze können sich mildern. Solange Sie öas nicht thun, erschweren Sie die auf Hebung und Gesundung der arbeitenden Klassen gerichteten Bestrebungen der verbündeten Regierungen und des Hauses. Die Artikel von Offizieren a. D., die Flotte betreffend, find selbstverständlich nur Phantasiegebilde, für welche keine irgendwie maßgebende Stelle verantwortlich ist. Wir verfolgen mit unserer Flotte keine aggressiven Ziele sondern nur die Verteidigung der Küsten, die Wahrung der deutschen Interessen im Ausland, und das ist auch der Wunsch der so großen Mehrheit des deutschen Volke». Was Haiti anbelangt, so hatte das deutsche SchiffMarkomania" Mu. nition und Waffen an Bord gehabt für die haitianische Regierung, nicht für die Insurgenten. Als das Schiff von dem Jnsurgentenschiff Orste L ?iorrot ange- halten wurde, sind wir auf Wunsch der haitianischen Regierung eingeschritten in der Verteidigung unserer Handelsinteressen und nach den Regeln des Völkerrechts. Bezüglich Venezuelas ist Herrn Castro noch in keiner europäischen Zeitung und in keinem Parlament eine solche Ver. teidigung zuteil geworden. Ausdrücklich möchte ich konstatieren, daß es sich zwischen Venezuela und uns nicht allein um Geld, forderungen handelt, sondern auch um unser Ansehen, dieser war aber durch Castros Vorgehen erschüttert worden und deshalb hatten wir ein Recht zu unserem Vorgehen. Herr Schädler hat gesagt, das deutsche Reich genieße in der Welt mehr Haß als Liebe. In dieser Allgemeinheit halte ich das nicht für rich- tig. Wir haben auch zuverlässige Freunde auf politischem Gebiet. Im Gegensatz zu jenem neulich erwähnten englischen Poeten hat uns vor wenigen Tagen ein belgisch-französischer Dichter dasGe- wissen der Welt" genannt. In der Polik sind Haß und Neid immer noch süßer als Mitleid. Halten wir uns das Pulver trocken. Zanken wir uns nicht so viel untereinander und niemand wird uns an die Waden fahren. (Beifall rechts.) Nach eingehenden Ausführungen des Abg. Hasse (nat.) über die Kolonial­politik vertagt sich das Haus bis morgen.

Von den anderthalb Millionen selbständiger Handwerker, die es im deutschen Reiche giebt, haben 95 Prozent ein Einkommen unter 4000 Mk., der weitaus größte Teil hiervon aber hat nicht einmal durchschnittlich 2000 Mark jährlich. Das heißt also: Noch nicht der 20. Teil der Handwerker ist in der Lage, durch eigene Ersparnisse oder durch Zahlungen an eine Privatversicherungs­anstalt sich für die Tage des Alters einen Notgroschen zu sichern. Und da will nun der Bund der deutschen Handwerkskam­mern Abhilfe schaffen durch Ausdehnung der bestehenden Alters- und Jnvali- denversicher ung auf die kleinen selb- ständigen Handwerker. Der Breslauer Handwerkskammer war auf dem deutschen Handwerkertag zu Leipzig der Auftrag erteilt worden, die Vorarbeiten des Planes zu besorgen; sie hat nunmehr folgende Leitsätze ausgestellt:Es muß eine obligatorische Alters- und Invaliden­versicherung für alle selbständigen Hand- werker innerhalb der Grenzen des deut­schen Reiches im Anschluß au die bestehende Versicherung für Lohnarbeiter

rc. eingeführt werden. Einkommen über 4200 Mk. sollen nur bis zu dieser Höhe zur Versicherungspfllcht herangezogen und die Mittel durch die Versicherten unter Beihilfe des Reiches aufgebracht werden. Die Versicherungsrente wird gewährt für den Fall der Erwerbsunfähigkeit, oder wenn der Versicherte das Älter von 65 Jahren überschritten hat. Die Bei­trage, deren Höhe der Bundesrat ein­heitlich nach den Einkommensteuerklassen festzusetzen hat, sind so bemessen, daß dnrch sie die Kapitalrente der den Versicherungsanstalten zur Last fallenden Beträge der Renten, die Beitragserstatt­ungen und die sonstigen Aufwendungen der Versicherungsanstalt gedeckt werden. Die Versicherung ist durch eine dem Reichsversicherungsamt anzugliedernde, selbständig verwaltete Zentralversicher­ungsanstalt durchzuführen, deren Hilfs- organe die Handwerkskammern sind. Die Entscheidung über Rentenansprüche erfolgt durch bei den Handwerkskammern zu bildenden Ausschüsse, gegen deren Urteile die Anrufung von Schiedsgerichten und bei Rechtsverletzungen Revision durch das Reichsversicherungsamt zulässig ist. Nach der diesem Plane zu Grunde gelegten sorgfältigen Berechnung ist eine Durchschnittseinnahme von 2000 Mark jährlich angenommen, wofür von jedem Handwerker 50 Pfg. wöchentlich oder jährlich 26 Mk. zu zahlen sein würden. Das würde einem von allen Handwerkern jährlich aufzubcingenden Betrag von rund 39 Millionen Mark entsprechen. Angenommen, daß 5 Prozent aller Hand­werker jährlich alt oder invalide werden, und daß jeder dieser Erwerbsunfähigen eine Rente von 350 Mk, jährlich erhält, so würde dies eine Gesamtsumme von etwa 30 Millionen Mk. jährlich aus- machen. Die natürlichen Steigerungen der Ausgaben müßten dann eben durch einen entsprechenden Reichszuschuß wie für die Arbeiterversicherungen aufgebracht werden. Dieser Plan liegt gegenwärtig dem Reichsversicherungsamte zur Begut- achtung vor und von dessen Gutachten wird es abhängen, ob der Plan bald festere Gestalt annehmen wird.

Auch jenseits der Alpen winterts ziemlich streng. In Ober« und Mittel­italien wirbelten, wie die N. Z. Z. be­richtet, am 17. d. M. die weißen Flocken und sank das Thermometer an verschie­denen Orten bis zu 7 Grad unter Null. Schneefall melden Pesaro, Ancora, Ascoli, Perugia, Teramo, Chieti, Foggia und selbst Potenza ganz im Süden sah den Schneeflockentanz. In Bergamo und Brescia betrug die Kälte 56 Grad, in Modena und Belluno7 Grad, in Ravenna5 Grad, in Venedig4 Grad, in Potenza5 Grad. In Rom wurden am Thermometer des Observa- toriums 3 Grad unter Null beoabachtet.

Maracaibo, 22. Januar. Das Reutersche Bureau meldet: Die drei deutschen KriegsschiffeGazelle", Vineta" u.Panther" beschießen das Fort San Carlos, welches die Beschießung erwidert. Das Fort San Carlos ist niedergebrannt. Ein Ruderboot näherte sich heute nacb- mittag aus etwa drei Meilen dem Fort San Carlos und berichtet, daß die Kano­nen jede Minute einen Schuß abgeben. Das Fort kann vor Rauchwolken nicht gesehen werden, aber es ist klar, daß die venezolanischen Artilleristen mit größter

Geschwindigkeit schossen. Um 1 Uhr nach­mittags erfolgte eine Explosion, augen­scheinlich in dem Fort. Rauch stieg auf und bedeckte einen Teil der Wälle.

MnLerHcrttenöes.

Der kleine Lord.

Bon

Frances Hodgson Burnett.

(30. Forts.) (Nachdruck verboten.)

Ben schrieb seinem Bruder hie und da aus dem Westen. Lang war es ihm schlecht genug ergangen, und er hatte viel umherwandern müssen, schließlich aber hatte er sich in Kalifornien auf einer Farm, wo die Viehzucht im großen be­trieben wurde, festgesetzt und hatte um die Zeit, als Dicks Beziehungen zu Mr. Hobbs angeknüpft wurden, seinen regel­mäßigen Verdienst.

Das Weib, das hat ihn um seine fünf Sinne gebracht," sagte Dick.Mir hat der arme Teufel oft leid gethan."

Sie saßen eben miteinander unter der Ladenthüre, und Mr. Hobbs stopfte seine Pfeife.

Er hätte nicht heiraten sollen," sprach er orakelhaft, während er aufstand, um sich ein Zündhölzchen zu holen. Weiber ich für mein Teil Hab' nie begreifen können, zu was die gut sein sollen."

Während er das Zündhölzchen be­dächtig aus der Schachtel nahm, warf er einen Blick aus sein Pult.

Zum Kuckuck!" rief er,da liegt ja ein Brief! Hab' den vorhin gar nicht gesehen. Der Briefträger hat ihn wohl nur so hingelegt, oder hat die Zeitung drüber gelegen?"

Er nahm ihn auf und studierte die Adresse.

Der ist ja von ihm!" lautete seine Ansicht.Von ihm und von keinem an­dern !"

Die Pfeife war vergessen! ganz auf­geregt setzte er sich wieder, zog sein Taschenmesser heraus und schnitt mit liebevoller Vorsicht das Couvert auf.

Will nur sehen, was er diesmal Neues weiß", bemerkte er.

Dann entfaltete er das Blatt und las seinem neuen Freunde folgendes vor:

Schloß Dorincourt- Mein lieber Mr. Hobbs.

Ich schreibe das in großer Eile weil ich ihnen etwas wunderliches zu sagen habe worüber sie sich ser erstaunen würden mein lieber Freund wenn sie eS hören, es ist alles ein irtum und ich bin kein Lord und ich mus nie ein Graf werden weil eine Dame da ist die war mit meinem Onkel Bevis ferheirathet der jetzt tdd ist und sie hat einen kleinen son und der ist Lord Fauntleroy denn so ist eS in England das der kleine son von dem eltesten son des Grafen Graf wird wenn alle andern tod sind ich meine wenn sein fater und Großvater tot sind, mein Großvater ist nicht tod aber mein Onkel Bevis und deshalb ist sein son Lord Fauntleroy weil mein fater der jüngste son gewesen ist und meine nähme ist Cedrik Errol ganz wie früher in New-Aork und alles gehört dem andern Knaben, im Anfang habe ich gedagt, ich müsse ihm auch meinen Pony und meinen wahgen geben aber mein Groß­vater hat gesagt das müsse ich nicht und