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und einer Tags kam Wilkins ziemlich aufgeregt nach Hause, weil Lord Faunt- leroy darauf bestanden hatte, einen lahmen Knaben, der Schmerzen im Beine gehabt hatte, auf seinem Pony von der «schule nach Hause reiten zu lassen.
„Hol' mich der Kuckuck," lautete der Bericht im Stalle, „wenn's ein andrer fertig gekriegt hätte, ihn abzubringen. Mich läßt er nicht absteigen, weil er behauptet, der Junge hätte Angst vor dem großen Gaul, und, sagt er: sich Hab' ge. sunde Beine und der nicht.' Muß ich den Bengel hinaufsetzen, und nebenher schlendert Mylord und schwatzt, die Hände in den Taschen, als ob das ganz natürlich war'. Und wie die Mutter aus'm Haus rennt und sehen will, was los ist, zieht er die Mütze und sagt: ,Jch habe Ihren Sohn heimgebrachtnnv ich werde Großvater bitten, daß er ihm Krücken machen läßt, der Stock ist zu schwach.' Herrgott, dem Weibe fuhr's in alle Glieder vor Schreck — um ein Haar hält' sie der Schlag gerührt."
Wilkins war nicht recht wohl bei der Sache, da ihm sehr zweifelhaft war, wie der Graf sie anfnehmen werde. Dieser wurde jedoch merkwürdigerweise nicht böse, ließ sich sogar die Geschichte von Fauntleroy haarklein erzählen und lachte dann ganz laut Und wahihaftig geschaht daß nach ein paar Tagen die Dorincourler Equipage vor dem armseligen Häuschen hielt, Fauntleroy heraussprang und, ein Paar neuer, starker und doch leichter Krücken wie ein Gewehr schulte, nd, in die Behausung des lahmen Knaben hineinmar'chierte, wo er sein Geschenk mit den Worten: „Mein Groß, vater läßt sie freundlich grüßen" überreichte.
„Ich habe Grüße von dir bestellt," sagte er, als er wieder bei dem Grafen im Wagen saß. „Du hattest mir's zwar nicht aufgctragen, aber es war doch recht?"
Der Graf lachte wieder, hatte aber -nichts gegen dieses Uebermaß an Höflichkeit einzuwenden. Die Freundschaft zwischen Großvater und Enkel befestigte sich jeden Tag mehr, und Fauntleroys unbedingtes Vertrauen in des Grafen Großmut, Herzensgüte und Edelsinn wuchs in gleichem Maße. Freilich wurde ihm jeder Wunsch erfüllt, noch eh' er ihn ausgesprochen hatte, und seine kleine Existenz dermaßen mit Freuden und Genüsse» überschüttet, daß er manchmal beinahe hilflos davor stand und er möglicherweise, trotz all seiner guten Anlagen, in Gefahr gekommen wäre, sich verziehen zu lassen, wenn er nicht von jedem Besuche in Court Lol ge ein gutes, warmes Wort mit heimgebracht und das Mutterherz, „sein bester Freund", so treu über seine junge Seele Wache gehalten hätte.
(Forts, folgt.)
Gemkiau ützig es.
— Die Wärmeflasche wird vielfach durch einen im Ofen erwärmten Ziegelstein, der in ein Säckchen gehüllt, die- selben Dienste leistet, ersetzt. Derartige Wärmevorrichtungen sind für kalte Bet- ten sicher nicht zu verwerfen, besonders, wenn das Schlafzimmer bei Tag stark gelüftet und nicht geheizt wird, weil sie die Feuchtigkeit des Bettzeuges vertreiben und das Warmwerden erleichtern. Man sollte aber, wie oer Praktische Wegweiser, Würzburg, schreibt, die Ziegelsteine län- gere Zeit vorher inS Bett legen und beim Schlafengehen wieder daraus ent
fernen. Der poröse Stein saugt nämlich die Feuchtigkeit ungemein stark ein, was bei einer Wärmeflasche nicht der Fall ist. Kommt er mit den Füßen längere Zeit in Berührung, so wird die Hautfeuchtigkeit denselben entzogen und allmählich tritt eine Hautverdickung, die Bildung von Hornhaut ein, d. h. wenn der heiße Stein regelmäßig als Bettwärmer benützt wird. Die Füße werden ebenfalls empfindlicher und neigen sehr leicht zur Bildung von Hühneraugen.
— Viele Eltern schwächlicher Kinder begehen in ihrer Besorgniß den größten Fehler. Sie wollen ihre Kinder kräftigen und geben ihnen Wein, möglichst viel Fleisch, beschränken den Genuß von Brod, namentlich von Schwarzbrod, und Kartoffeln auf das niederste Maß. Nun lebt der Mensch aber nicht von dem, was er ißt, sondern von dem, was er verdaut, und die Verdauungssäste eines Kindes reichen nicht hin, so unverhältnißmäßig große Mengen von Fleisch aufzulösen. Dasselbe verläßt den kindlichen Körper zum größten Teil unanfgelöst nnd infolgedessen unausgenützt. Gemischte Speisen: etwas Fleisch,' Eier, das mit Unrecht verpönte B»od, Kartoffeln, Gemüse, Obst in regelmäßigen, immer zu bestimmten Stunden gegebenen Mahlzeiten ist für Kinder das Zweckmäßigste. Wein und andere geistige Getränke sind überhaupt zu vermeiden. Dafür gebe man gute Milch, sehe aber darauf, daß sie langsam getrunken werde, Schluck für Schluck. Noch besser ist es, wenn man nach dem Schluck etwas Weißbrod genießen läßt. Beobachtet man diese Vorschrift nicht, und läßt die Kinder ihre Milch schnell auStrinken, so gerinnt diesrlbe innerhalb des Magens in großen Klumpen, in die der Magensaft nicht eindringen kann, sondern die entweder in Fäulniß oder in Gährung übergehen, und so dem Körper nicht nur nicht nützen, sondern direkt schaden. Für Abwechslung in den Spei- sen sowohl, wie in der Zubereitung der- selben ist nach Möglichkeit zu sorgen. Neben der Kräftigung dnrch Speise und Trank ist für die Erstarkung des Körpers durch methodische Bewegungen zu sorgen. Am besten geschehen diese in der freien Luft, und nur, wo dies nicht angängig, in gutgelüfteten, staubfreien Räumen.
Vermischtes.
— Die Meran er Zeitung erfährt aus SchlanderS im Vintschgau eine durch einen Ohrenzeugen verbürgte hei- tere Historie von einer klugen Bäuerin. Ihr Gewährsmann erzählt: Bei Gelegenheit der vor Kurzem vorgenommenen Bahntracirungsarbeiten in Schlanders bedeutete der führende Ingenieur einer Bäuerin, daß die Bahnlinie gerade durch ihre Scheune durchlaufen werde. Auf diese Mitteilung hin erhielt der Ingenieur die klassische Antwort: „Ja, bauen könnt' s die Bahn schon, aber nach neun Uhr Abends darf kein Zug mehr gehen, i steh die Nacht nit alleweil auf, die Stadelthür aufmachen, daß der Zug durchfahren kann!"
(Pech.) „Da hört aber alles auf: „Lade mir den Müller, weil ich denke, er wird eine von meinen sechs Töchtern zur Frau nehmen, alle Tage zum Essen ein, und lasse immer das Feinste und Beste kochen, was zu haben ist, und nun geht der Kerl hin und heirathet — meine Köchin."
(Getroffen.) Mann: „Wenn man Menschen mit Münzen vergleichen dürfte, würde ich dich, mein Weiberl, einen Golddukaten nennen." — Frau: „Und ich dich einen Vereinsthaler!"
(Megg. Hum. Bl.)
(In der Sommerfrische.) „Kellnerin, hier in meiner Suppe schwimmt eine tote Fliege herum!" — „Das gibtS nicht! Wenn se tot ist, kann sie nicht mehr schwimmen!" (Flieg. Bl.)
(Berechtigte Frage.) Neffe (Stu. dent): „Lieber Onkel, ich komme mit einem gewissen Anliegen — willst Du mir nicht 50 Mark zur Anschaffung wissenschaftlicher Bücher leihen?" — Onkel: „Soll das ein Anliegen sein?" — Neffe: „Ja, lieber Onkel — weshalb denn nicht?" — Onkel: „Weil ich es für ein Anlügen halte!"
— Parvenü (für sich): „Seit ich Baron bin, seh' ich erst, was fur'n ge. meiner Kerl ich früher war !" (Flieg. Bl.)
Lokales.
Wildbad, 4. Jan. Als letzte der Vereins-Weihnachtsfeiern folgte gestern Abend noch die des Turnvereins. Die Turnhalle war wieder bis auf den letzten Platz besetzt und das Fest verlief auf's schönste. Sowohl die Mitglieder als auch die Gäste amüsierten sich vortrefflich und der Vorstand, Hr. Bankdirektor Bätzner, hatte in der That allem aufgeboten, um den Abend genußreich zu machen. Alles Lob verdient auch der Kassier, Hr. Fritz Kuch, welcher sich um das schöne Arran- gement und Gelingen des Ganzen sehr verdient gemacht hat. Die Musikkapelle unter Hrn. Schmid's Leitung zeichnete sich ganz besonders aus und ihre Vorträge fanden verdienten Beifall. Auch die Gesangsleistungen des Turnerchors waren sehr gut und gereichen dem Dirigenten Hrn. W. Wörner zur großen Ehre. Die humoristischen Borträge der Herren Rob. Fritz und Maier und später der Frl. Psau u. Bechtle und der HH. Eitel, Kern, Batt und Hammer in „Gut Heil" waren gut gelungen und trugen viel zur Erheiterung bei. Ungeheures Gelächter aber verursachte das letzte dieser Stücke „Unsere Leut", in dem die Herren Schneider Schmid, Gypser Kern und Maler Batt ganz vorzüglich spielten. Turnerische Uebungen dürfen an einem solchen Tage auch nicht fehlen und die verschiedenen „Pyramiden" zeigten eine Sicherheit und Gewandtheit der Bewegungen, die auf tüchtige Arbeit des Leiters (Hrn. Ka llfaß) und auf unermüdlichen Eifer der Turner schließen lassen. Die Boxerübung wurde zum erstenmal borge- führt und fand stürmischen Beifall, so daß sie wiederholt werden mußte. Eine Christbaumverloosung schloß sich an die Aufführungen an und erst gegen 2 Uhr konnte mit der von vielen sehnlichst er- warteten Tanz-Unterhaltung begonnen werde». Jedermann war hochbefriedigt von dem vergnügten Abend und mancher trat erst bei Tagesanbruch den Heimweg an.
-«-- Sinnfxrnchr. <»->
Wer dir Fremdes tragt ins Haus, Tragt auch solches von dir hinaus,
Wer dir die Fehler von andern erzählt, Erzählt auch die deinen der Welt.