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Der Rentier lächelte süßlich.

Nun ja, gnädige Frau. Ich bin dem Herrn Baron einige Male gefällig gewesen. Der Herr Baron hat alles bezahlt bei Heller und Pfennig. O, der Herr Baron ist ein Gentlemann ein Ehrenmann"

Die junge Frau schienen die Lobpreis­ungen ihres Gatten aus diesem Munde nicht gerade angenehm zu berühren, denn ihre Stirn runzelte sich unwillkürlich.

»Sie haben noch in in anderweitiger geschäftlicher Beziehung zu ihm gestanden," sagte sie, während ihre blassen Wangen sich dunkler färbten.

Der Rentier machte eine Bewegung der Ueberraschung, dann gab er sich den Anschein, als suche er in seiner Erinnerung und nun zuckte er mit den Achseln.

Daß ich nicht wüßte, gnädige Frau."

Aber Klara sah ihn nun ihrerseits scharf und durchdringend an. Und so sehr sie auch innerlich von Abscheu erfüllt war, sie brachte es doch fertig zu lächeln und in leichtem, fast heiterem Ton zu sagen: Sie brauchen vor mir nicht Komödie zu spielen, Herr Haberkorn. Mein Mann hat mir alles erzählt und ich weiß, daß ich mein Glück Ihnen verdanke."

In den kleinen grauen Augen des Heiratsvermittlers blitzte es auf; aber im nächsten Moment zeigte er wieder eine verständnislose, ungläubige Miene.

Ich verstehe Sie nicht, gnädige Frau", erwiderte er diskret.

Klara machte eine Geste der Ungeduld. Sie sah, daß sie den argwöhnischen, schlauen Fuchs nicht so rasch zu einem offenen Geständnis bringen würde. Sie setzte sich, und mit der den Frauen in allen Lagen eigenen Verstellungskunst fuhr sie fort, eine freundliche, zutrauliche Mieneheuchelud Ich bin gekommen, um Sie um Ihren Beistand zu ersuchen, wie es seinerzeit mein Mann gechan hat. Ich habe nämlich eine Freundin sie ist schon vierund- zwanzig Jahre und ich möchte sie recht bald glücklich sehen, wie ich selbst es bin."

Ueber das Luchsgesicht des Heirats­vermittlers glitt ein rasches Aufleuchten. Er neigte sein Haupt, um sich kein Wort entgehen zu lassen und hörte mn Spannung und Interesse zu.

DerBaron hat Ihnen also erzählt?" fragte er, dennoch vorsichtig zurückhaltend.

Alles hat er mir erzählt," fiel Klara mit krampfhafter Hast ein,welchen Anteil Sie an dem Zustandekommen unserer Heirat hatten und auch das hat er mir mitgeteilt, daß Ihre Bemühungen mit dem Betrage von zehntausend Mark belohnt wurden und zwar am zwölften November achtzehn­hundertsechsundneunzig."

Herr Haberkorn saß einen Augenblick starr vor Ueberraschung. Dann aber erhob er sich und eilte mechanisch an seinen eisernen Geldschrank, dem er sein Haupt­buch entnahm. Er legte den gewichtigen Folianten aus den Tisch und blätterte.

Es stimmt," sagte er endlich,am zwölften Novemberwar es, achtzehnhundert­sechsundneunzig."

Ein Schatten senkte sich plötzlich auf seine markierten Züge, während er hinzu­fügte:Eigentlich hätten es zwanzigtausend sein sollen, aber der Herr Konsul hat mir die volle Hälfte abgezwackt, ganz gegen den Vertrag, den ich mit dem Herrn Baron geschlossen hatte."

Ein leichtes Rot stieg in die mageren

Wangen des Heiratsvermittlers. Die Er­innerung an den Verlust schien ihm noch heute, nach zwei Jahren, großen Verdruß zu bereiten. Er hatte sich ganz in Eifer geredet. Wozu hätte er sich auch noch Zwang auferlegen sollen, da die Dame ja doch in alles eingeweiht war. Und so erzählte er, seinem grollenden Herzen Luft machend, weiter:Der Herr Baron war ja ein Kavalier und hätte mir g wiß von selbst keinen Pfennig abgezogen, aber der selige Herr Konsul war mehr Geschäfts­mann und ein Paar Tcge vor der Ver­lobung ließ er mich zu sich kommen. Herr Haberkorn, sagte er zu mir, es ist ein Sündengeld, das Sie bei der Sache ver­dienen, fünf Prozent von vierhundert­tausend Mark. Der Baron hätte sich nicht zu einer so unverhältnismäßig hohen Provision verpflichten sollen. Ich bitte Tie, Frau Baronin, fünf Prozent! Was sollte ich machen? Ich befand mich in einer Zwangslage, denn der Herr Konsul er­klärte mir allen Ernstes, wenn ich nicht mindestens die Hälfte nachließe, würde er nie und nimmer seine Einwilligung geben.

Sehen Sie, Frau Baronin, so kam ich um zehntausend Mark."

Herr Haberkorn strich mit der zitternden Hand über die schweißbedeckte Stirn. Die Erinnerung an die ihm widerfahrene Unbill hatte ihn tief erregt. Zehntausend Mark mehr oder weniger! Es war keine Kleinig­keit gewesen.

Klara atmete schwer. Heiße Scham und würgender Eckel stiegen in ihr auf. Ihr Geschick, ihre Ehe war zum Gegenstand eines Handelsgeschäftes gemacht worden. Die Gestaltung ihrer Zukunft hatte von der Höhe gewisser Prozente abgehangen. Sie hatte die Empfindung, als ginge ein Riß durch ihre Seele und als erstarre ein Gefühl in ihrer Brust, das sie bisher mit Wärme und Lust und Freude erfüllt hatte. Aber mir übermenschlicher Willens­anstrengung beherrschte sie sich. Aeußer- lich ganz ruhig, während sich keine Muskel in ihrem Gesicht bewegte, redete sie den ihr Gegenüberstehenden an:Ich bedauere, Herr Haberkorn, daß ihnen vorenthalten worden ist, was Ihnen nach Ihrer Er­klärung rechtlich zukam. Also mein Gatte hatte Ihnen wirklich fünf Prozent zugesagt?"

Der Heiratsvermittler schlug in seiner Erregung mit der Hand auf das vor ihm liegende Buch.

Fünf Prozent Ihrer Mitgift! Wenn ich Ihnen sage, gnädige Frau. Ich hab's ja schwarz auf weiß."

Er eilte abermals nach seinem Geld­schrank und kramte eine Weile in seinen wichtigen Geschäftspapieren. Endlich brachte er ein Schriftstück zum Vorschein, mit dem er zu der in heimlicher Spannung Ver­harrenden zurückkehrte.

»Hier, Frau Baronin!" rief er tri­umphierend,sehen Sie selbst; 5 Prozent!"

Das Herz schlug der unglücklichen Frau bis zum Halse hinauf und die Buchstaben verschwommen vor ihren flimmernden Blicken, während sie das Dokument in die Hand nahm. Endlich gelang es ihr, sich zu fassen und sie laß den Vertrag, der einst zwischen ihrem Gatten und dem Heiratsvermittler abgeschlossen worden war, Wort für Wort.

Axel verpflichtete sich darin, dem Hei­ratsvermittler fünf Prozent von ihrem klaras Vermögen auszuzahlen, falls

die durchHr. Haberkorn eingeleiteteBekannt- schaft zur Ehe führen würde. sFors. folgt.)

Vermischtes.

(Rache ist süß!) Ein bayerischer Ge­meindeförster erhielt vom Magistrat der Stabt eine dienstliche Anweisung auf ge­drucktem Formular. Das der Anrede vorgedruckteHerr" war durchstrichen. Auf seine Anfrage nach dem Grunde dieser sonderbaren Maßnahme wird dem Förster die bündige Antwort, alles Durchgestrichene sei anzusehen, als hätte es nicht dagestanden. Doch der Förster zahlte es mit gleicher Münze heim. Seine nächste schriftliche Eingabe lautete:An den naseweisen Magistrat der Stadt N." Das Wort nase" hatte er aber durchstrichen.

Tenor Elements Figueras will das Ti des Columbus auf dem Gebiete der Elekt­rizität entdeckt haben. Er hat einen Ap­parat erfunden, so einfach, daß ein Kind ihn bedienen kann, ein Apparat, der fast nichts kostet, und trotz seiner schlichten Einfachheit eine große Umwälzung aus ökonomischem wie un industriellem Gebiete Hervorrufen soll natürlich nach Angabe des Erfinders. Der Apparat selbst besteht aus einem Generator, einem Motor und einem Regulator. Ohne Chemikalien oder Dynamos zu verwenden, oder irgend eine treibende Kraft, soll dieser Apparat das elektrische Fluidum aus der Luft aufsaugen, in sich aufspeichern, und dann zu allen nur denkbaren Zwecken wieder veraus­gaben. So phantastisch das Ganze klingt, und so sehr die behaupteten Thatsachen der Bestätigung bedürfen,. so handelt es sich doch nicht um das einfache Phantasie­gebilde eines unbekannten Erfinders. Senor Figueras benutzt bereits seit längerer Zeit, nach dem Berichte eines englischen Ingenieurs in Las-Palmas einen, allerdings sehr roh kvnstruirten, Apparat kleinster Dimensionen, aus dem er trotz dessen Unzulänglichkeit einen Strom von 550 Volc erlangt, mit dem er sein Wohnhaus erleuchtet, und einen Motor von 20 Pferdekräften treibt. Dieser Ap­parat ist nicht von ihm selbst konstruiert sondern nur zusammengesetzt worden, während die einzelnen Theile desselben theils von einer Berliner, theils von einer Pariser Elektrizitäts-Gesellschaft ge­liefert sind. Die fragliche Berliner Firma soll durch die gelieferten Maschinentheile aufmerksam auf den Erfinder geworven sein, so daß sic einen Fachmann nach den kanarischen Inseln entsandte, um Weiteres über die Erfindung zu erfahren. Aber Herr Figueras lehnte selbst eine sehr hohe Summe, welche ihm die Firma für seine Erfindung zu bieten bereit war, ab, und verschob die Unterhandlungen bis zu seinem demnächsten Besuche Berlins, wo er seine Erfindung patentieren will. Auch eine Bareelonaer Firma versuchte, angeblich ebenso erfolglos, die Erfindung zu kaufen. Herr Figueras ist seit Jahren Professor der Physik am Kolleg St. Augustinus auf Las-Palmas, und seit lange als ein Mann bekannt, der sich ganz seinen Stu­dien hingibt. Er wahrt eifersüchtig das Geheimniß seiner Entdeckung und gibt auch nicht das Prinzip preis, auf dem dieselbe aufgebaut ist.Das Wunder­barste an meiner Erfindung ist," sagt er, daß wir so lange zur Entdeckung eines so einfachen, wissenschaftlichen Faktums gebraucht haben."