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Nr. 1OS.

Mittwoch 10. September 1902.

88. Jahrgang.

Rundschau.

Stuttgarts. Sept. Der Verbands­tag der württembergischen Gewerbevereine in Kirchheim hat in seiner heutigen Schluß­sitzung mit erdrückender Mehrheit den Antrag angenommen, der die Einführung des Befähigungsnachweises für das Bau­gewerbe für einen Rückschritt in der freien Entwickelung des Handwerks erklärt und deshalb Den geplanten Entwurf in allen seinen Teilen ablehnt.

Teinach, 9. Sept. Das hiesige Bad­hotel samt Quellen wurde von dem seit­herigen Besitzer Brake an einen Herrn Bossardt aus Zürich und einige Stutt­garter Herren um den Preis von 1 Million Mark verkauft. (Hr. Brake hat vor vier Jahren das Anweseu samt Inventar und Quellen um 675000 Mk. erworben.)

Cannstatt, 8. Sept. Bei der heu­tigen Versteigerung der Wirtschaftsplätze auf dem Bolksfestplatze wurden 12 620 Mark erlöst. Die Beteiligung war eine rege.

Cannstatt, 8. Sept. Heute früh wurde die Leiche eines Bauunternehmers von Stuttgart beim Wilhelmatheater aus dem Neckar gezogen. Hut und Rock des­selben wurden vor einigen Tagen auf der Berger Insel aufgefunden.

Gmünd, 6 Sept. Wie das,,Gmünder Tagbl." erfährt, ist das HotelRad" um den Preis von 155 000 Mark an Hotelier Bart in Karlsruhe verkauft worden. Der bisherige Besitzer Kuom hatte dasselbe vor Jahresfrist um 170000 M. erworben.

Ulm, 6. Sept. Ein Urteil, das be­sonders für Gewerbetreibende, die Lehr­linge halten, von großer Bedeutung ist, wurde kürzlich vom Reichsgericht gefällt. Der Thatbestand ist folgender: Ein minderjähriger Metzgerlehrling schoß bei einer Spielerei einen gleichalterigen Kame­raden mittelst einer Zimmerflinte in den Hinterkopf. Der Vater des Verletzten verklagte den Meister auf Schadenersatz und erzielte bei den unteren Instanzen ein obsiegendes Urteil. Auch das Reichs­gericht bestätigte unter Hinweis auf § 832 des bürgerlichen Gesetzbuches und unter Anziehung des § 127 g, der Gewerbeord­nung die ergangenen Urteile. Das Er­kenntnis ist für die Lehrherren von außer­ordentlicher Tragweite, da die Lehrlinge auch bei gewissenhafter Beaufsichtigung Schaden stiften können. Der Meister kann dieser Eventualität Vorbeugen, wenn er in dem Lehrvertrag bestimmt, daß die Eltern und Vormünder der Lehrlings

für dessen Handlungen haften. Wenn ein Vermögen nicht da ist, bleibt der Meister ^ ohne Deckung. Das dürste Anlaß zu> sorgfältiger Ueberwachung der Lehrlinge geben.

Daß Gewinne in der Lotterie nicht immer zum Segen einer Familie ans­schlagen, davon giebt ein Vorfall in Pforz­heim ein neues Beispiel. DerPf. Beob. theilt darüber mit: Vor Jahresfrist gewann ein hiesiger Handwerker in der Lotterie ca. 120 000 Mark. Der erste Fehler, den der Glückliche machte, war, daß er das Loos einem Agenten auf dessen Zu- reden gegen eine Abstandssumme von 80 000 Mark überließ. Nachdem er dem Agenten so 40 000 Mark auf einen Schlag zu verdienen gegeben, machte er noch Zahl­ungen im Betrage von etwa 20 000 Mk., sodaß ihm noch die schöne Summe von ungefähr 60 000 Mark verblieb. In dem Vollgefühl seines Glückes und in der An- nähme, daß das Geld nie alle werden könnte, begann er nun ein überaus flot- res Leben, vernachlässigte sein Geschäft und trieb allerlei kostspielige Passionen sodaß I er immer weiter in seinen Verhält­nissen zurückkam. Er zog später von hier fort und ließ seine Frau zurück, welche sich nun genöthigt sieht, Armenunterstütz­ung in Anspruch zu nehmen.

Nach dem Muster der Pariser Millionenschwindlerin Humbert arbeitete in Breslau die verwitwete Frau Post­sekretär Gottschling, die soeben verhaftet wurde. Bresl. Gen.-Anz- teilt hierzu mit, daß die Genannte im vornehmsten Viertel eine elegant eingerichtete Wohnung unter­hielt und unter der Vorspiegelung, sie habe in Italien eine Erbschaft in Höhe von 400 000 bis 600 000 Mk. zn erwarten, sich bedeutende Summen erschwindelte. Ein Karlsbader Hotelier allein soll Sum­men von 200 000 Kronen hergegeben haben. Zur Beruhigung ihrer Haupt- gläubiger reiste sie auch nach Italien und sandte von dort Briefe, daß die Erb­schaft in kürzester Zeit fällig sei.

Prof. Rudolf Denhardt, dem Besitzer der bekannten Sprachheilanstalt in Eisenach ist von Sr. Majestät dem deutschen Kaiser in Anerkennung seiner langjährigen Verdienste um die Heilung des Stoiternübels der Rothe AÄerorden verliehen worden.

Men tone, 6. Septbr. Präsident Krüger wird mit Familie am 30. Oktober hier eintrefsen und in der Villa Genua Wohnung nehmen. Anläßlich seiner An­

kunft sind große Festlichkeiten geplant und ^hat sich bereits ein Comitee gebildet.

! Es konnte nach neueren Nachrichten

nicht mehr daran gezweifelt werden, daß die vor einigen Tagen gemeldete Durch­suchung des deutschen DampfersMarko- mannia" durch das KanonenbootCrZte L Pierrot" und der Beschlagnahme der Waffen als Seeraub anzusehen ist. Dem deutschen KanonenbootPanther" fällt die Aufgabe zu, die Sühne für diesen Frevel herbeizuführen. Offiziös wird noch geschrieben: Zu wiederholten Malen hat , der verkommene haitische Negerstaat durch j seine Nichtachtung von Recht und Gesetz ' die Mächte, und unter ihnen auch Deutsch­land, herausgefordert. Wiederholt haben auch wir schon zu militärischen Zwangs­maßregeln greifen müssen, das letzte Mal, als unsere SchulschiffeStein" undChar­lotte" durch die Androhung eines Bom­bardements uni der Vernichtung der haitischen Kriegsschiffe die Zahlung einer Entschädigung erzwangen, die einem deut­schen Reichsangehörigen verweigert wurde. Die damalige Lektion scheint nicht genügend gefruchtet zu haben, und da die Bewohner von Haiti von jeher sich nur dem äußersten Zwange beugten, so schien es notwendig, daß ihnen diesmal eine besonders scharfe Bestrafung zuteil werde.

Unterhaltendes.

Am der Mitgift willen.

Roman von Arthur Zapp.

(Fortsetzung) (Nachdruck verboten.)

Womit kann ich ihnen dienen, gnädige Frau?" fragte er zuvorkommend, seinen Besuch zugleich mit einer freundlichen Handbewegung einladend, auf dem bereit­stehenden Stuhl Platz zu nehmen.

Klara beachtete jedoch die Einladung nicht; ihre Absicht war, ihre Angelegenheit so schnell als möglich zu erledigen.

Ich bin Frau v. Düringshofen," be­gann sie ohne eine weitere Einleitung. Sie haben früher mit meinem Manne in Geschäftsverbindung gestanden."

Herr Haberkorn blickte erstaunt auf.

Pardon!" rief er.Jetzt erkenn' ich Sie, gnädige Frau. Ich stand wohl z« Ihrem Herrn Gemahl als auch zu ihrem seligen Herrn Onkel, dem Herrn Konsul, in geschäftlichen Beziehungen. Der Herr Konsul"

Sie haben meinem Mann Geld ge­liehen", unterbrach ihn Klara ungeduldig.