Amtsblatt für die Staöt Wildbaö.
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Nr. lOS.
Montag, 8. September 1902.
38. Jahrgang.
Rundschau.
Neuenbürg, 5. Sept. Die mit einem Aufwand von 25,000 Mk. erbaute Turnhalle mit Steigerturm wird am 14. Sept. unter Teilnahme verschiedener auswärtiger Turnvereine eingeweiht wer- den. Am Tag darauf soll das Kinderfest folgen.
— Anläßlich des Volksfestes findet am Sonntag den 28. Sept. aus dem Cannstatter Exerzierplatz ein Kreisturnen statt.
Pforzheim, 3. Sept. Fast die ganze Famile des Goldarbeiters Julius Burk- Hardt, sowie einige Helfershelfer wurden wegen Verdachts monatelang verübter Goldschnipfelei hinter Schloß und Riegel gesetzt. Der alte Burkhardt machte kurz vor seiner Verhaftung einen Selbstmordversuch, indem er sich hängt«; er wurde jedoch noch rechtzeitig abgeschnitten.
Berlin, 5. Sept. Professor Rudolf Virchow ist heute Nachmittag 2 Uhr gestorben.
Posen, 4. Sept. Die Antwort des Kaisers auf die Hnldigungsansprache des Provinziallandtagsmarschalls von Wila- mowitz-Möllendorff bei Annahme des Ehrentrunkes lautete folgendermaßen: „Die patriotischen Worte, durch welche Sie mir und der Kaiserin die Gesinnungen der Provinz Posen entgegengebracht haben, erfüllen unsere Herzen mit Freude und Dank. Sie finden ihre Bestätigung durch den patriotischen Empfang seitens der hiesigen Bevölkerung. Wir befinden uns hier in einer treuen deutschen Stadt und treu ist die Arbeit, welche die Deutschen zur Hebung des Landes hier vollführen. Soll diese Arbeit, deren Endziel die Hebung von Land und Volk ist, zum Nutz und Frommen des Ganzen gelingen, so ist eS notwendig, einmal, daß die Deutschen ihren Erbfehler des Parteihaders ablegen, daß der Einzelne das Opfer seiner ausgeprägten Individualität zu bringen bereit ist, um in der Gesamtheit mit Allen vereint zu wirken, so wie einst die Ritter des deutschen Ordens, auf persönliche Ungebundenheit und Bequemlichkeit ver- zichtend, sich zu dem festen Gefüge des Ordens zusammenscharten, um in anhaltend harter Arbeit die deutsche Kultur zu verbreiten. Zum Anderen versteht es sich von selbst, daß meine Beamten unbe- dingt nach meinen Direktiven und gehorsam meinen Befehlen ohne Zaudern die Politik durchführen, welche ich für das Wohl der Provinz als richtig erkannt
habe. Das Zusammenwirken von Volk und Beamtenschaft unter der Leitung der Krone wird nicht ermangeln, im Laufe der Jahre die segensreiche Entwicklung der Provinz zu fördern. - Ich beklage tief, daß ein Teil meiner Unterthanen nichtdeutschen Stammes sich nur schwer in unsere Verhältnisse zu finden scheint. Der Grund dazu dürfte in zwei Jrrtümern zu suchen sein. Einmal wird in ihnen wachgehalten die Besorgnis vor Antastung ihrer Konfession. Wer behauptet, daß man Unterthanen katholischer Konfession Schwierigkeiten in der Ausübung ihres Glaubens gemacht oder sie gezwungen werden sollten, von demselben zu lassen, macht sich einer schweren Lüge schuldig. — Meine ganze Regierungszeit und meine Worte in Aachen beweisen, wie hoch ich die Religion, das heißt, das persönliche Verhältnis jedes Menschen zu seinem Gott, achte, und er beleidigt durch eine solche Verläumdung den Nachfolger des großen Königs, der erklärt hat, ein Jeder solle auf seine Facon selig werden. Der zweite Irrtum ist der, daß die Besorgnis wacherhalten wird, daß die Stammeseigentüm- lichkeiten und Ueberlieferungen ausgelöscht werden sollten. Dem ist nicht so. Das Königreich Preußen setzt sich aus vielen Stämmen zusammen, welche stolz sind auf ihre frühere Geschichte und ihre Eigenart. Das hindert sie jedoch nicht, vor allen Dingen brave Preußen zu sein. So soll es auch hier sein. Ueberlieferungen und Erinnerungen können ruhig bestehen, allein sie find Geschichte, der Vergangen- heit angehörig. Jetzt kenne ich hier nur Preußen, und bin ich es der Arbeit meiner Vorfahren schuldig, dafür zu sorgen, daß diese Provinz unauflöslich mit der preußischen Monarchie verknüpft ist, daß sie stets gut preußisch und gut deutsch bleibe. Diesen Becher, gefüllt mit dem Säst der Reben, die an den Ufern des schönen Rheines gewachsen sind, leere ich auf das Wohl der Provinz Posen, und ihrer Hauptstadt an der Warthe!"
London, 3. Sept. Die Burengenerale setzen, wie nachträglich hier bekannt wird, bei ihrer Ueberfahrt von Südafrika, im Gespräche mit ihren Mitreisenden auf der „Saxon" die Anzahl der bewaffneten Eingeborenen, welche die Ablieferung der Waffen verweigern, auf 60 000 Mann fest. Ueberhaupt mehrt sich nach einer Meldung der Frft. Z. die Ansicht, daß das Regieren in Südafrika noch unendlich schwieriger ist als das Kriegführen.
! — lieber eine neue Katastrophe auf
Martinique veröffentlichtdiePariserAgence Havas vom 5. Sept. folgende Newyorker Depesche: Aus Castries wird telegraphiert: „Ein von Martinique eingetroffener Dampfer berichtet, daß gestern Abend eiu heftiger Vulkanausbruch stattgefunden habe. Man behauptet, daß 2000 Menschen umgekommen feien. Viele Bewohner verlasse» die Insel." D>e Agence Havas bemerkt hierzu, es handle sich wahrscheinlich um einen neuen, am Abend des 3. September stattgehabten Ausbruch.
Aus Italien. Uebereinen originelle» Protest berichtet die „Münch. N. N.": Vorige Woche fand die feierliche Eröffnung der neuen italienischen Eisenbahnstrecke Balsorano-Avezzano statt. Der erste Zug dampfte ab; alles ging glatt von statten, als plötzlich in ziemlich rasch fallendem Gelände der Lokomotivführer Schreckensschreie ausstieß und Gegendampf gab. Der Zug blieb einige Meter vor einem Haufen von Personen, die quer über die Schienen lagen, stehen. Es waren der Bürgermeister, die Beigeordneten und Notabel n, einschließlich des Pfarrherrn eines nahen Städtchens, die auf diese Weise gegen die Eisenbahnverwaltung protestieren wollten, die ihnen keine Haltestelle genehmigt hat. Sie drohen, ihren kleinen Scherz noch öfters wiederholen zu wollen.
New-Aork, 5. Sept. Dem Präsidenten Roosevelt ging als eine der ersten Sympathiekundgebungen das nachstehendt vom 4. d. Mts. datierte Telegramm des deutschen Kaisers zu: „Gemeinsam mit allen Amerikanern preise ich die Vorsehung, welche ihr Leben vor dem schrecklichen Unfall bewahrte. Wilhelm I. R."
Newyork, 8. Sept. (Telegr.) Das den Haitianischen Rebellen gehörige Kanonenboot „Cretiapierrat" wurde durch das deutsche Kriegsschiff „Panther" in der Hafeneinfahrt von Gonaaves in den Grund gebohrt. Die Besatzung rettete sich.
— Daß die Indianer Nordamerikas nicht am Aussterben sind, wie man meist annimmt, sondern sich langsam, aber stetig vermehren, zeigt ein Bericht des „Eo. Miffionsmagazins" vom August d. I Dasselbe teilt auf Grnnd der neuesten Veröffentlichungen deS Chefs der Abteilung für Indianer-Angelegenheiten in Washington folgendes mit: „Ueber den Stamm der Irokesen z. B. sind Ziffernangaben seit der ersten Berührung mit den Missionaren vorhanden. Damals betrug ihre Zahl 11000, gegenwärtig