Amtsblatt für die Stadt Wilöbaö

4

MMge- mrd Avterhaltungsdistt für Hildbad und Umgebung.

Erscheint Montag, Mittwoch und Freitag.

Der Abonnements-Preis beträgt incl. dem jeden Freitag beigegebenen Mustr» SonntagSblatt für Wildbad vierteljährlich 1 Mk. 10 Pfg-, ohne Sonntagsbeilage 90 Pfg., (monatlich im Ver­hältnis); durch die Post bezogen im Oberamts- Bezirk viertelj. 1 30 ; auswärts l 45 ^.

Der Annoncenpreis beträgt für die einspaltige Zeile oder deren Raum 8 Pfg., auswärts 10 Pfg. Reklamezeile 15 Pfg. Anzeigen müssen spätestens den Tag zuvor aufoegeben werden. Bei Wieder­holungen entsprechender Rabatt.StehendeAn­zeigen nach Uebereinkunfl. Anonyme Einsen - düngen werden nicht berücksichtigt.

Nr. 104.

Ireitcrg, 6. September 1902.

8S. Jahrgang.

Rundschau.

Se. Maj. der König hat die erleb, evang. Pfarrei Grafen Hausen, Dek. Neuenbürg, dem Pfarrer Lutz, Neckar­gröningen übertragen.

Gestorbenr 4. Sept. auf dem Salon Karlshöhe bei Ludwigsburg Theo, dor Klunzinger, Privatier, früher Kauf­mann in Wildbad, Inhaber des Olga­ordens, 73 I. a.

Stuttgart, 2. Sept. Das Amts­blatt für die Verkehrsanstalten veröffent­licht heute einen Erlaß, wonach künftig der Ausdruck Telephon und die damit zusammengesetzten Bezeichnungen in das Wort Fernsprecher umgewandelt werden. Insbesondere ist darauf Bedacht zu neh­men, daß künftig an Stelle der Benen­nungen Telephonanstalt, Telephonstelle und Telcgraphenanstalt mit Telephonbe­trieb Fernsprechanstalt, Fernsprechstelle und Telegraphenanstalt mit Fernsprechbe- trieb zu setzen sind.

Neuenbürg, 1. Sept. Das am Sonntag hier abgehaltene Bezirksmissions­fest war vonseiten der Landbevölkerung recht zahlreich besucht. Nach einer An­sprache von Psarrverweser Bochterle von Gräfenhausen berichtete der alte Missions­veteran Fritz aus Stuttgart über seine Thätigkeit an der westafrikanischen Gold­küste, während Missionar Leonhardt, der in der Zeit der Wirren imReich der Mitte" weilte, die Chinesen schilderte. Für die Mission steuerte der Bezirk im letzten Jahr nahezu 5000 Mark bei.

Tübingen, 30. Aug. (Auszug aus der Spruchliste der Geschworenen für das dritte Quartal 1902.) Karl Bechtle Kaufmann in Herrenalb; Wilhelm Dittus, Schuhmacher in Salmbach; Gottl. Th. Müller, Kabinetmeister und Kaufmann in Birkenfeld; Otto Lerch, Fabrikant in Höfen.

Heilbronn, 30. August. Ein aus­wärtiger Arbeitgeber hatte es unterlassen, einem von ihm beschäftigten Arbeiter Marken in dessen Quittungskarte in aus­reichender Zahl fristgerecht einzukleben. Erst nachdem dessen Invalidität einge- treten und der Antrag auf Gewährung der Invalidenrente bereits gestellt war, wurde ermittelt, daß nicht genügend Beitragsmarken eingeklebt waren, worauf der Arbeitgeber zu deren nachträglicher Beibringung angehalten wurde. Er leistete auch der Aufforderung Folge. Allein trotz alledem wurde dem Anspruch auf Inva­

lidenrente nickst stattgegeben, weil das Jnvalidengcsetz nicht gestattet, nach ein­getretener Erwerbsunfähigkeit - nachträg­lich Beiträge zu entrichten und deshalb die vorgeschriebene Wartezeit nicht erfüllt sei. Der infolgedessen um seine Rente gekommene versicherungspflichtige Arbeiter nahm den säumigen Arbeitgeber vor den ordentlichen Gerichten in Anspruch, indem er von ihm die Zahlung und Sicherstell­ung der Jahresrente in Höhe von 224 Mark forderte. Der säumige Arbeitgeber wurde unter Zugrundelegung des H 823 des Bürgerlichen Gesetzbuches verurteilt seinen früheren Arbeitnehmer in Höhe der Rente schadlos zu halten und ihm eine jährliche, vorher sicher zu stellende lebenslängliche Rente in Höhe von 224 Mk. zu zahlen.

Pforzheim, 1. Sept. An einem hiesigen Neubau stürzte heute Morgen ein Maurer aus dem dritten Stock in die Tiefe. Er erlitt einen Schädelbruch, einen Arm- und Beinbruch und außerdem war ihm an einer Stelle des Kopfes die Ge­hirnmasse ausgetreten. Der Mann ist ohne Besinnung und es ist keine Hoffnung auf Erhaltung seines Lebens vorhanden.

Vom Feldberg, 29. August. Auf 1500 Meter Bergeshöhe, im Anblick der erhabenen Natur versunken, durch das unheimlicheTöff-Töff" eines Automobils erschreckt zu werden, dürste wohl selten Vorkommen. Und doch, passierte dies vor kurzem etwa 200 Besuchern des Feldbergs, die vom Turm aus die Fernsicht genossen. Fabr. Georg Egly-ManSkopf aus Frank- furt machte in Begleitung seiner Gemahlin und Frau Rittmeister Schwenke mit seinem Automobil von St. Blasien aus einen Ausflug auf den Feldberg und brauchte nur die kurze Zeit von einer Stunde, um vom Fuß des Berges bis zur Spitze desselben zu gelangen. Das erste Auto- mobil, das vor. Jahr auf unfern Höhen zu sehen war und einem französischen Grafen gehörte, brauchte 8 Stunden bis es die Spitze erreichte, obwohl es einen OOpserdigen Motor hatte. Das Fahrzeug des Herrn Egly-Manskopf besitzt eine 16pferdige Maschine. Besonders schwierig gestaltete sich die Fahrt vom Feldberg­gasthof nach dem Turm; da eine eigent- liche Straße nicht vorhanden, mußte über die schlüpfrigen Matten gefahren werden, was nur dadurch möglich war, daß die Steigung in Serpentinen genommen wurde.

Gumbinnen, 29. August. Die Vor­gesetzten der gemaßregelten Offiziere, der Regimentskommandeur Oberstleutnant Weiß und Major Dyckerhoff, sind ersucht worden, ihr Abschiedsgesuch einzureichen, was auch sofort geschehen ist. Beide haben zwar von der geräuschvollen Ver­anstaltung ihrer Offiziere nichts gewußt uud mißbilligen sie auch durchaus, haben aber als ,Vorgesetzte Verantwortung zu tragen. Die Verabschiedeten, Hauptmann von Frankenberg und Poschlitz und Ober­leutnant Rumbauer und der zum Train versetzte Leutnant George mußten sefort aus dem Manöver zurückkehren. Dem Oberstleutnant Weiß, Kommandeur des 1. Feldartillerieregiments, und dem Ab- teilungskommandeur Major Dyckerhoff, die aufgefordert worden sind, ihre Ent­lassungsgesuche einzureichen, wird, wenn sie sich auch an den Kundgebungen für den Leutnant Hildebrandt nicht beteiligt hatten, doch der Köln. Ztg. zufolge Mangel an Aussicht und mangelnde Fähigkeit, ein Offiziercorps zu erziehen und zu leiten, zum Vorwurf gemacht. Der wegen dieses Falles zum Train versetzte Offizier ist der Leutnant George.

Paris, 2. Sept. DieAgence Ha- vas" meldet aus Fort de France: Am 30. August, abends, erfolgte ein heftiger Ausbruch des Mont Pelee. Die Dörfer Morne Rouge und Ajonpa-Bouillon wurden zerstört. Etwa 1000 Personen kamen umS Leben, mehrere Hundert wurden verletzt. Eine Flutwelle richtete in Le Carbet große Verheerungen an. Ihre Wirkungen wurden noch in Fort de France verspürt, no eine Panik ausbrach. Die KreuzerSujet* undTage" gehen nach dem Norden ab, um alle dort befindlichen Flüchtlinge auf­zunehmen. >

Basse Ter re (Guadeloupe), 3. Sept. Nach Meldung von Polizisten auf Mar­tinique sind bei dem letzten Ausbruche des Mont Pclee 1060 Menschen umgekommen und 1500 verletzt worden.

Agram, 3. September. Die serben­feindlichen Ausschreitungen nehmen trotz der Verstärkung der militärischen Besatz­ung in überaus bedrohlicher Weise zu. Die Plünderung der serbischen Geschäfte wird fortgesetzt. Die meisten Exzedenten sind bewaffnet. Alle größeren Geschäfte besonders in den Hauptstraßen, wurden geplündert. Da alle Gasflammen abge­sperrt waren, zogen die Demonstranten mit Fackelbeleuchtung von einem Geschäft zum andern. Wo sich ein Polizist zeigte,