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gesundheitsamt" eine bemerkenswerte Rebe überGesundbeten",Spiritismus", etc. in welcher er n. a. ansführte: Meine Herren, da vom G.'sundbeten, der soge­nanntenchristlichen Wissenschaft", eben geredet ist, so möchte auch ich einige Worte dazu sagen. Ich bemerke, daß im Sinne wahrer Wissenschaft bei dieser Sache von Christentum nicht geredet werden kann, auch nicht vom Beten im eigentlich religiösen Sinne, so daß der Ausdruck, der jetzt durch die Presse geht, als ob ein Gesundbeten stattfinde, nicht zutrifft. Man hat es hier zu thun mit einer von Amerika importierten schlechten Philosophie und einer noch schlechteren Theologie. Aber eS ist nicht zu leugnen, daß die Anschauung, die hier zu Grunde liegt, auf viele Menschen, leider auch ge­bildete, einen ganz ungemeinen Eindruck macht. Und es liegt meines Erachtens die Gefahr nahe, daß, wenn man allge­mein gegen die Sache vorginge, die Schwärmerei, die jetzt schon groß genug ist, nur noch mehr entflammt würde. In Amerika geht man sehr scharf gegen diesechristliche Wissenschaft" vor, und zwar so, daß, wenn in ihren Anstalten Kranke, die zum Arzt hätten gehen müssen, kränker oder unheilbar geworden oder gestorben sind, man gegen die Anstalten und ihre Besitzer wegen Kurpfuscherei einschreitet und schwere Strafen verhängt. Das, sollte ich meinen, wäre das nächste. Die ganze Sache hängt zusammen mit der Neigung unserer Zeit nach dem Aben­teuerlichen und Unnatürlichen. Das Christentum ist vielen verleidet, nun grei­fen sie nach allem Wunderbaren, das ihnen entgegentritt. Es ist ähnlich wie init dem Spiritismus. Ich möchte die Herren vom Reichsgesundheitsamt daraus auf­merksam machen, daß die seltsame Er- scheinung, an der doch Gelehrte von namhaftem Ruf teilnehmen, ungemein dazu beiträgt, den öffentlichen Geist zu verderben. Ich habe von diesem Gebiet der sog.okkulten Dinge" die übelsten Dinge vernommen. Zweierlei wäre nötig: einmal, daß eine wissenschaftliche Kom­mission klar stellt, was wirklich an dieser Sache ist, dann und das ist das wichtigste, daß man die Ausübung solcher abergläubischen Geschichten für Geld unter schwere Strafe stellt. Eine Menge Leute lebt von dem bewußten Betrug auf diesem Gebiete. (Lebhafte Zustimmung auf allen Seiten.) Es giebt edle Spiritisten und ich habe solche kennen gelernt, welche solchen Unfug auf das schärfste verurteilen. Und es entspricht doch in der That unseren rechtlichen Zuständen nicht, daß Betrüger, die aus den Aberglauben ihrer Mitmen­schen spekulieren, damit noch große Ge­schäfte machen. Ich halte es für eine durchaus gewiesene Ausgabe des Reichs- gesnndheitsamtes, wie der christlichen Wissenschaft, auch diese Erscheinung zu beobachten. Unser Volk leidet varunter unbeschreiblich. Kundige Leute sagen, daß es Hunderte von spiritistischen Medien in Berlin giebt, zum Teil solche, die aus Gewinnsucht handeln, und Zehntausende mir wurden neulich die Ziffern KO 90 000 genannt, die durch dies Trei­ben in eine wilde Verwirrung des Gei­stes gestürzt werden.

Paris, 4. Febr. In dem Cirkus Bamum und Bailey befanden sich zwei

kleine. Hindnmädchen, Radica und Doo- dica, welche ähnlich wie einst die siame­sischen Brüder zusammengewachsen sind. Jetzt liegen sie im Hospital Tronsseau, beide sehr geschwächt, die eine an Bräune erkrankt. Es handelt sich nun darum, sie von einander zn trennen zu dem Zwecke, Radica zu retten, falls Doodica ihrem Leiden erliegen sollte; zu»rst aber möchte man sie für die Operation noch etwas stärken.

England hat im südafrikanischen Feldzug schon bisher mehr Geld für Pferde ausgegeben, als Preußen während sämt­licher Kriege seit Beginn seines kampf. reichen Daseins. Zu großenteils uner­hört hohen Preisen werden 24 000 Pferde monatlich in allen Erdteilen aufgekauft. Die Frachtkosten bis zum Kriegsschau­platz sind nicht gering und erhöhen sich durch den Verlust von Pferden während der Uebersahrt. In Afrika sebst kommen die Tiere meistens in die Hände von Leuten, die mit ihnen nicht umzugehen verstehen. Tommy trabt stundenlang stumpfsinnig ans seinem Gaul, ohne chm Rnhe zu gönnen, und eines schönen Au­genblickes fällt das Tier dann um. Auch um dic Sattel-Lage kümmert man sich zu wenig. Gedrückte Pferde mit geschwoll­enen brandigen Stellen sind hänfig. Daran ist nicht nur der unkontrolierle schlaffe Sitz der berittenen Infanteristen während der ewigen Nachtmärsche schuld, sondern auch die unzweckmäßige Belastung des Armeepferdes mit einem ganzen Warenlager von Uniformen und Stiefel. Schließlich läßt man dann das Pferd mit seinen vielen offenen Wunden laufen, bis es dann irgendwo einem Trupp von Buren in die Hände fällt, die sich vor­züglich auf das Gesuudpflegen der Tiere verstehen. Am unverantwortlichsten ist die englische Methode der Fütterung. Viele Kommandos füttern nun mit Erb­sen. Erbsen müssen aber, wie jeder Pferdepfleger weiß, zuerst lange im Was­ser gequollen werden, ehe man sie den Tieren vorschüttet. Dazu haben die Brit­en sehr oft nicht Zeit. Und so quellen die Erbsen den Tieren erst im Bauche; und die Tiere fallen zu Hunderten um. Schließlich kommen dazu die spezifisch-af­rikanischen Pferdeseuchen, die ein Pferd schneller verenden lassen, als hier zu Land die heftige Kolik. So erklärt es sich, daß monatlich ein Ersatz von 24 000 Stück nötig ist. Der Preis eines jeden Pferdes aber schwankt einschließlich der Transportkosten zwischen tausend und zweitausend Mark. Da sieht man, wo die Millionen bleiben. Für die Land­wirtschaft in den Ländern, wo die engli­schen Aufkäufer Hausen, ist das ein vor­zügliches Geschäft. Darum sehen alle Staaten Europas mit wohlwollender Neutralität diesem Handel zu. Aber es fragt sich, wie weit unser militärisches Lebensinteresse dadurch nicht berührt wird. Nachdem in Ungarn, in Rußland, in Frank­reich, in Italien, ja selbst in Holland, von den Engländern Pferde rekrutiert sind, ist auch Deutschland an die Reihe gekommen. Die Lieferung der preußischen Pferde hat eine Berliner Firma über­nommen, und als erste Sendung gehen jetzt in einzelnen Trupps 10 000 unserer treuen Tiere hinüber, um von den Brit­en zu Grunde geritten zu werden. Es wäre mit dankbarer Erleichterung zu begrüßen

wenn bei uns ein allgemeines Pferde­ausfuhrverbot erlassen würde, nicht aus antibritischen Erwägungen, sondern led­iglich aus unseren eigensten nationalen Interessen heraus. Nebenbei wäre dann, wenn alle übrigen unserem Beispiele folg­ten, binnen Kurzemohne jeden Appa­rat" die Fortdauer des Burenkrieges unterbunden.

Ueber den mutmaßlichen Ausgang des Krieges erklärte der Burengesandte Fischer einem Pariser Berichterstatter: Ich bin Optimist, wie ich es seit dem Beginne des Krieges war. Die Nachrichten die uns mitunter, allerdings in langen Zeitabständen, aber immerhin regelmäßig zugehcn, rechtfertigen übrigens meinen Optimismus. Den Engländern brennt der Boden unter den Füßen. Wie man bei uns zu Hause sagt:VVij maust Iml wosA" wir machen sie schachmatt, und mit ihren Blockhäusern werden sie am wenigsten dazu gelangen, die Kampflust ihrer Soldaten wieder anzufeuern. Hier will ick ihnen ein Wort des Präsidenten Steijn zitieren, der wahrlich kein ruhm­rediger Mensch ist. Als vor etwa Jahres­frist unsere Sache gefährdet erschien, sagte der Präsident am Schluß eines Aufrufs an die Burghers:Wir wollen fechten bis ans bittre Ende." In einem jüngst an die Kommandos gerichteten Tagesbefehl erinnerte Steijn an dieses Wort und fügte hinzu:Gegenwärtig, Freunde, glaube ich sagen zu dürfen: Wir werden streiten bis ans glückliche Ende." Glauben Sie, daß die Gefangen­nahme Ben Viljoens das Ergebnis haben werde, welchesl-die Engländer davon er­hoffen, das heißt, daß sie die Leute seines Kommandos entmutigen könnte?Nein! Niemand bei uns ist unentbehrlich. Nicht etwa, daß die Gefangennahme eines Man­nes wie Ben Viljoen kein fühlbarer und schmerzlicher Verlust wäre! Aber ein an­derer Burgher, ebenso tapfer wie er und ebenso wenig bekannt wie er selbst vor dem Kriege war, wird ihn an der Spitze seines Kommandos ersetzen." Haben Sie Scheepers gekannt?Gewiß! Seine Er­schießung war ein erbärmlicher Meuchel­mord und sein Prozeß eine schmachvolle Komödie. Um ihn erschießen zu können, haben die Engländer ihm eine Anzahl von angeblich mit kaltem Blute verübten Mordthaten aufgehalst. Ich habe Schee- pers jedoch gekannt und darf versichern, daß, ich eher mich selber eines Meuchel­mordes für fähig halten würde, als Scheepers, der die Güte selbst war." Warum greifen die Buren nicht zur Wiedervergeltung?Dessen sind sie un­fähig. Niemals wird ein Bnr einen wehrlosen Menschen kaltblütig uwbrinaeu. Das wäre ihm nicht möglich. Uebri- gens ist es auch nicht nöthig. Die Hin­richtung von Männern wie Lotter, Louw und Scheepers bringt unserer Sache mehr Gewinn und den Engländern mehr Schaden, als die strengsten Repressalien es vermöchten.

Der westliche Teil der Kapkolo- nie, der im Norden an Deutsch-Südaf­rika stößt, ist von englischen Kolonisten so gut wie gar nicht besiedelt. Im nörd­lichen Teile dieses ungeheuren Gebietes liegt das sogenannte Buschmannsland. Wie es da aussieht, wissen die Engländer selbst nicht. Vermessen ist dort noch