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schichtlicher Notwendigkeit führen mußten, vergleichen zu wollen, ist unter aller Würde. Und Anklage auf Anklage aus amtlichen Berichten häufte der Vortragende auf die englische Kriegsführung. Die Bewaffnung der Koffern, eines blutdürstigen uncivilisierten Volkes, das Hinschlachten von Weibern und Kindern in den Konzentrationslagern, um die Männer lahmzulegen die in ehrlichem Kampfe gegen die englische Armee im Felde stehen — das sind Dinge, die jedem menschlichen Empfinden Hohn sprechen. Und die Barbarei, gefangene Weiber und Kinder der Buren vor die englischen Soldaten zu stellen — die Worte des Bortragen- Len gingen unter in dem Entrüstungssturm der elementar durch den Saal brauste. Auf der anderen Seite wurde die einfache Ritterlichkeit der Buren gepriesen, die Gott im Herzen gegen den Feind ausgezogen. Und einem solchen Feinde gegenüber verweigert man das Völkerrecht. Herr Chamberlain hat weder auf die Russen noch auf die Oesterreicher in ähnlicher Weise exemplificiert, wie gerade auf uns Deutsche. Glänzend waren die Beispiele, die der Vortragende gerade mit Bezug auf unsere Kriegsführnng vor Metz und vor Paris anführte. Attacken wurden unterbrochen, wenn französische Kinder in der Nähe waren, und der Verkehr der Vorposten dem hungernden Feinde gegenüber war dem Einzelnen gegenüber von hoher Menschlichkeit getragen. Selbst englische Korrespondenten haben vor 30 Jahren zugegeben, daß sie nie eine Ausschreitung von deutschen Soldaten gesehen haben. Aber so fuhr der Vortragende fort, wenn diese Versammlung auch keine politischen Folgen haben kann und haben soll, weil sie keine politische Versammlung sein darf, so ist es doch Pflicht, zu protestieren, im Namen Kaiser Wilhelms I. und seiner Paladine, seiner glänzenden, siegreichen uud glorreichen Armee, die im Interesse der Disziplin selbstverständlich schweigen muß, für die aber leider die Regierung kein Wort der Zurückweisung gefunden hat. Und dann müssen wir protestieren im Namen des stammverwandten, ritterlichen Volkes, welches heute unsägliche Qualen zu erdulden hat. Das Gebäude dröhnte unter den begeisterten, jubelnden Kund-! gedungen der akademischen Jugend. Und noch begeisterter, noch brausender und stürmischer wurde der Beifall, als der greise Professor, Geh. Justizrat Dr. Gierke das Wort ergriff. Er hat die große Zeit des Jahres 1870 mitgemacht, er war Kombattant und fühlte sich infolgedessen als „persönlich Angeschuldigter". Der KAeg ist ein unerbittlich ernstes Ding, und mit dem notwendigen Ernst haben wir diesen Krieg geführt. Niemals ist ein großer Krieg mit soviel Schonung des Privateigentums geführt worden wie der unsrige. Wir haben uns die Einheit erkämpft, und wir haben genommen, was unser war von uralten Zeiten her und was nunmehr deutsch bleiben soll für alle Ewigkeit. Es giebt keinen Vergleich zwischen den beiden Kriegen, und was England in Südafrika begeht, das wird die Weltgeschichte richten. — In einer zweiten Protestversammlung wurde eine Resolution angenommen, in welcher energisch gegen die Schmähung Chamberlain
.protestiert und der Hoffnung Ausdruck gegeben wird, daß die deutsche Regierung gegen Chamberlain Front machen werde.
Berlin, 7. Nov. Sämtliche Blätter widmen dem verstorbenen chinesischen Staatsmann Li-Hung-Tschang längere Nachrufe, in denen die Bedeutung des Verstorbenen als Reformator hervorgehoben wird, der die erste Bresche in die chinesische Mauer gelegt und zwar indem er das Vaterland der europäischen Kultur näher zn bringen suchte.
— Durch Li-Hung Tschang's Tod erleidet China einen Verlust, der unter all dem Unglück, das ihm die letzten 1U? Jahre gebracht haben, mit zum schwersten Mißgeschick gerechnet werden darf. Denn in Li geht ein Staatsmann dahin, der nicht nur die Lage seines eigenen Landes genau durchschaute, nicht nur strebte, nützliche Reformen in Chinas Verwaltung Heer rc. einzuführen, sondern dem es auch gegeben war, mit ganz außerordentlicher Klugheit mit der Diplomatie der sämtlichen verbündeten Mächte wirklich zu Gunsten seines Vaterlandes zu verkehren. Li-Hung-Tschang wurde am 13. Februar 1821 im Dorfe Hweilung geboren, ist somit 80 Jahre alt geworden. Er machte die übliche Laufbahn der Lit- teraten durch, die ihn zu den höchsten Würden führte. Er hat in seinem langen Leben in buntem Wechsel vom Hofe die höchste Gnade und die tiefste Ungnade erfahren. So wurde er im Jahre 1894 nach dem Kriege mit Japan der gelben Reitjacke und der Pfauenfeder, deS Zeichens seiner hohen Würde, entkleidet. Aber in schwieriger Zeit wandte sich der Hof immer wieder an ihn als Retter in der Not. Seine Rolle iu den letzten Wirren ist noch in aller Erinnerung. Li Hung Tschang hat es verstanden, sich ein ungeheures Vermögen zu erwerben.
Brüssel, 7. Nov. Die Nachrichten ans Südafrika lauten für die Buren andauernd günstig. Louis Botha nimmt bei Ermelo eine befestigte Stellung ein, welche die Natalbahn und den Schienenweg nach Lourenzo-Marques beherrscht und die Verpflegung des englischen Heeres erheblich erschwert.
Bern 9. Nov. Der „Berner Bund" bezeichnet es als ein Verbrechen an den Buren, weil der Bundesrath gestattet, daß den Engländern von den schweizerischen Milchsiedereien große Mengen kon- densirter Milch geliefert werden, wodurch England eine längere Kriegsführung ermöglicht und zugleich der Butterpreis in der Schweiz unerhört vertheuerr wird.
— Wie man aus Odessa vom 2. November schreibt, wird die Mitteilung der „Nowoje Wremja", daß in Süd- Rußland seitens der Engländer masten- Haft Pferde für die englische Armee ein- gekaust worden sind, von dem „Odesskij Listock" bestätigt. Diese Zeitung behauptet daß im Süden in diesem Herbst 18000 Pferde zum Preise von 90—150 Rubel für die englische Armee angekauft worden sein sollen.
Paris, 8. Nov. Eine Note der „Agence Havas" besagt: Die Pforte teilte mit, daß sie beschlossen habe, die verschiedenen Forderungen Frankreichs zu erfüllen. Der Minister des Aeußern Del- casss, erwiderte, sobald der französischen Regierung der Befehl des Sultans zuge
gangen sei, welcher den Beschluß der Pforte ratifizirt, werde das französische Geschwader Mytilene verlassen.
London, 9. Nov. Hiesigen Blättern zufolge hat das Bankhaus Rothschild als Weihnachtsgabe für die englischen Truppen 4000 Tabakspfeifen, 200 000 Cigaretten, 500 Kilogramm Tabak nach Südafrika gesandt. Dies soll bereits die zwanzigste derartige Sendung sein.
Peking, 7. Nov. Prinz Tsching hat die Regierungsgeschäfte übernommen. Tschisu wird als Gouverneur von Tschili fungieren, bis Lis Nachfolger ernannt sein wird.
Lokales.
— Die Herbstkontrollversammlung in Wildbad findet am 28. Novbr., 9 Uhr vormittags in der Trinkhalle für die Ge- meinden Calmbach, Enzklösterle, Wildbad statt.
Gemeinnütziges.
(Wie behandelt man einen Schnupfen?) Um einen Schnupfen richtig zn behandeln, muß man zunächst seine Ursache kennen und seine Aeußer- nngen verstehen. Die erste Ursache eines Schnupfens ist Mangel an frischer Luft. Warum, ist leicht zu erkennen. Bis tief in die Luftröhre hinab sitzen zahllose, kleine Wimpern. Diese winzigenBesen sind immerfort am Fegen, aber nur in einer Richtung — nämlich nach dem Munde zu. So wird' der Schleim, der, regelrecht abgesondert, dick und k eberig ist, um Staub und andere fremde Bestandteile festzuhalten, beständig die Luftröhre Hinaufgetrieben, bis er ihr weiteres Ende erreicht und leicht ausgestoßen werden kann. In reiner Luft bewegen sich die Wimpern ohne Unterlaß und bürsten weit emsiger als irgend ein Zimmermädchen, jedes Stäubchen hinaus, so daß alle die unberechenbaren Luftdurchgänge hübsch sauber bleiben. Enthält aber die Luft ein, wenn auch noch so geringesUebermaß von Kohlensäure, dann erschlafft die Beweglichkeit der Wimpern, und wenn ihnen keine freie Luft zugeführt wird, so sterben sie größtenteils ab. In dicht verschlossenen Wohn- räumen ist die Luft immer unrein, und wenn darin künstliches Licht, insbesondere Gas, brennt, schadet auch die Trockenheit der Luft, indem sie den Schleim verdickt und so den geschwächten Wimpern die Bewegung erschwert. Die Blütezeit der Erkältung fällt gewöhnlich in die Nebel- und Regenmonate, wo die Zimmer geheizt, und die Fenster verriegelt werden. Es ist ein Wunder, wenn unter diesen Umständen irgend jemand vom Schnupfen oder sonst einer Erkältung verschont bleibt, und thatsächlich trifft das auch nur selteu zu. Jeder körperliche Zustand der als krankhaft bezeichnet werden darf, jede Unreinheit des Blutes erzeugt Geneigtheit zum Schnupfen. Manche Leute schreiben ihn dem Umstande zu, daß sie aus einem warmen Raum ins Freie traten während sie sich in Wirklichkeit schon, drinnen in der dumpfen, unreinen Luft erkältet hatten. Daß der Schnupfen ansteckend wirkt, ist nicht wahrscheinlich. Jedenfalls sind die Keime der Ansteckung noch nicht entdeckt worden. Meistens vereinigen sich bei den Mitgliedern einer Familie dieselben Bedingungen, sodaß