Amtsblatt für die Stadt Wildbaö.

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Donnerstag, 27. Juni 490t

87. Jahrgang

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S t u t t g a r t, 23. Juni. Prinz Her­mann von Sachsen-Weimar veröffentlicht folgende Danksagung:Durch die mir ani 15. Bundestag in Heildronn zur Verfügung gestellteEhrenpräsident Prinz Weimarstiftung' bin ich aufs freudigste bewegt und tief gerührt worden. Es ist mir deshalb ein aufrichtiges Herzens­bedürfnis, allen Kameraden, die in opfer­freudigem Sinn zu der Stiftung beige­tragen haben, meinen innigsten Dank auszusprechen für die mir dadurch er­wiesene Aufmerksamkeit in der ich den Ausdruck treuer, mich mit hoher Freude erfüllenden Anhänglichkeit erblicke. Diese Treue meiner lieben Kameraden des würt- tembergischen Kriegerbundes ist der schönste Lohn meiner langjährigen Thätigkeit für den Bund. Auch künftig werde ich, so lange mir Gott Kraft und Gesundheit schenkt, es als meine vornehmste Aufgabe betrachten, den Interessen des mir so teuren württembergischeu Kriegerbundes zu dienen. Besondere Befriedigung aber gewährt es mir, aus den Zinsen dieser Stiftung notleidenden und kranken Ka­meraden, namentlich auch Veteranen hilfe­leistend beistehen zu können. Nochmals allen Gebern innigsten Dank."

Frankfurt, 22. Juni. Ein ge­fährlicher Einbrecher machte dieser Tage die vornehmen Straßen unseres Westends unsicher. Am Donnerstag Nachmittag schlich er sich in das Haus eures Bank­herrn in der Myliusstraße ein. Dieser war im Geschäft, seine Frau ausgefah­ren, die Dienerschaft im Untergeschoß. So gelangte er unangefochten in das Boudoir der Dame und entwendete dort eine Anzahl Brillantringe und andere Schmucksachen im Werte von 810000 Mk. Im Salon hatte er seine Stiefel ausgezogen. Beim Weggehen begegnete er dem Gärtner, diesem sagte er, er habe ein Mädchen, das im Hause diene, be­sucht. Am folgenden Abend hörte der Rentner Klein, der ein Haus in der Westendstraße bewohnt, in seinem Schlaf­zimmer, das im Erdgeschoß liegt, ein Geräusch, Er drehte das elektrische Licht auf und sah einen Menschen ohne Stie­fel und Hut im Zimmer. Auf die Frage, was er wolle, stürzte der Einbrecher mit einem Dolchmesser auf den 73jähr. Mann los und versetzte ihm 9 Stiche. Auf die Hilferufe des Ueberfallenen flüchtete er durch das Fenster, barfuß und barhäup- ig unter Zurücklassung des Messers. Der

sofort vollzählig aufgebotenen Kriminal­polizei gelang es, den Verbrecher bei Ta­gesgrauen an der Galluswacte festzuneh­men. Es stellte sich heraus, daß es der­selbe ist, der den Einbruch in der My- liusstraße verübt hat, ein erst 17 Jahre alter Schlosser Karl Simon, welcher erst vor wenigen Tagen aus dem Gefängnis gekommen war. Der Rentner Klein ist so schwer verletzt, daß man an seinem Aufkommen zweifelt. Der Ueberfall hat die ganze Stadt in Aufregung versetzt und allgemein bedauert man, daß der Verbrecher durch sein jugendliches Alter vor dem Zuchthause bewahrt bleibt.

Köln, 21. Juni. Dieser Tage stellte sich bei uns so erzählt derStadt­anzeiger" derKölnischen Ztg." ein Mann in den fünfziger Jahren namens Daniel Kau vor. Er sagte uns, er sei einwunder Mann", könne nicht essen noch trinken und lebe doch, ja, gehe so­gar täglich seiner Beschäftigung als städt. Arbeiter beim Wasserturm nach. Wir waren natürlich über diese Eröffnung ungläubig erstaunt, obwohl das einge­fallene und gelbe Gesicht des Bedauerns­werten sofort verriet, daß er nicht auf Rosen wandte. Kau hatte zwei Feldzüge mit Auszeichnung mitgemacht und war bis vor etwa 4 Jahren ein recht gesun­der, kräftiger Mensch. Eines Tages fühlte er, seiner Angabe nach, Beschwer­den in der Speiseröhre, das Uebel nahm zu und führte schließlich zu einem voll­ständigen Zuwachsen der Röhre über dem Magenmunde, sodaß weder feste noch flüssige Nahrung mehr hindurchging. Eine schleunige Operation war unver­meidlich. Geheimrat Prof. Dr. Barden­heuer hat dann den schwierigen und wohl in seiner Art äußerst seltenen Eingriff persönlich im hiesigen Bürgerhospital ausgeführt; er bestand darin, daß dem Patienten die Bauchhöhle geöffnet und sein Magen direkt mit einer Kanüle ver­bunden wurde. Das geschah vor drei Jahren. Der Mann hat diese bemerkens­werte Operation gut überstanden und er­freut sich heute, und voraussichtlich noch für lange Zeit hinaus eines, wenn auch nicht beneidenswerten, so doch erträglichen Daseins. Die Speisen gehacktes Fleisch, Cognac und Eier führt er durch ei­nen langen Schlauch, an dessen oberem Ende ein Trichter befestigt ist, dem Ma­gen zu, nachdem er zuvor den Geschmack seiner Nahrung auf der Zunge probiert hat. Das damalige Leiden des Mannes

war so ernster Natur, die Operation galt in seinen Bekanntenkreisen als so gefähr­lich, daß man ihn allgemein verloren gab; als er dann in der langen Zeit seines Aufenthalts im Hospital von seinen Be­kannten getrennt war, hielten ihn alle für verstorben und begraben. Natürlich hat sein Leiden ihn im Aeußern vollstän­dig verändert, und so geschieht es, wie er uns erzählt, heute noch, daß ehemalige Bekannte, die ihn, wie gesagt, längst zu den Verstorbenen rechneten, nur mit Mühe von seiner Identität zu überzeugen sind.

" New-Aork, 24. Juni. Eine De­pesche aus Roanoke in Virginien bestätigt, daß in Pocathontas über 300 Menschen infolge eines Bruches eines auf einem Hügel errichteten Dammes ertrunken seien. Die herabstürzenden Wassermassen schwemmten ganze Häuser weg. Das Unglück geschah um Mitternacht. Die Mehrzahl der Er­trunkenen seien Bergarbeiter oder Ange­hörige von solchen. Einer Blättermeldung zufolge sollen auch die Städte Kaystone, Ellhorn und Viviani, sowie andere Orte überschwemmt worden sein. Die dortige Bahnlinie soll auf 2530 Meilen zerstört worden sein. 1? Meilen von der Un­glücksstelle entfernt sind bereits 31 Leichen gefunden worden.

In einer Ottawaer Bank ereignete, sich gestern ein Fall, wie er wohl kaum je dagewesen ist. In die Bank trat ein Mann, der dem auszahlenden Kassierer einen Chek im Betrage von ungefähr 600 Doll, zur Zahlung präsentierte; der. Check war in Ordnung und der Kassierer wollte gerade das Geld durch das Gitter reichen, hatte es also noch in seiner Hand als ein neben dem Empfänger in 8p6 stehender Mann es ihm fortnahm und einsteckte; der Kassierer, einen geriebenen Gauner vor sich erblickend, griff zu dem stets bereit liegen Revolver und schlug an, feuerte aber nicht, da er sah, daß der vermeintliche Dieb ruhig steheu blieb. Er entpuppte sich denn auch als ein Gerichtsvollzieher und erklärte, daß er dem Manne neben ihm schon lange wegen eines Zahlurteiles folge, ihm in die Bank nachgegangeu und nunmehr in etwas zu seinem Gelde gekommen sei. Kassierer wie Präsentant des Check gaben sich mit dieser Erklärung nicht zufrieden, der Direktor, sowie der zufällig im Bankge­bäude weilende Rechtsbeistand wurden schnell gerufen und nach langem Hin- und Herreden durfte der Gerichtsvollzieher unter Protest mit seiner so schnell er-