Amtsblatt für öie Stadt Wildbaö.

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Nr.

Dienstag, 25. Dezernker: 1900

- Jahrgang.

Weihnachten 1900.

von Alwin Römer.

(Nachdruck verboten.)

die Weihnachtsglocken klingen Durch den Abend, tief und klar!... Leise fühl' ich lichtwärts dringen,

Was so lang entschlummert war:

Junger Jahre selig Lauschen Auf die Wonnen, Tag für Tag,

Auf das Wehen und das Rauschen Von des Christkinds Flügelschlag!

Hold im Ohre tönen wieder Die vergess'nen Melodien All' der süßen Weihnachtslieder,

Die zum Thron des Höchsten ziehn;

Und durch heimlich schmale Ritzen In der Thür am Kämmerlein Seh' ich auch die Tanne blitzen In der Lichter Zauberschein!

Tollen Jubel hör' ich schallen . . . Und aus Augen, freudenheiß,

Seh' ich eine Thräne fallen In der Tanne dunkles Reis! . . . Traum, was willst Du mich berücken Mit verschollner Zeiten Lust?

Eigner Schar deu Baum zu schmücken, Füllt mit reicherm Glück die Brust!...

- Walte, Christnacht, denn auf Erden, Weihe auch die ärmste Flur,

Und laß allen Herzen werden Deines Segens reine Spur,

Ob sie froh im Vaterlande Um den Baum versammelt stehn,

Ob sie fern an China's Strande Nur den Glanz im Traume sehn!...

Hallet weiter, Weihnachtsglocken, Durch die hehre Winteruacht,

Und in Augen, starr und trocken,

Weckt der Thränen Wunderwacht!

Weist die Frohen zn den Thoren,

Hinter denen Trübsal zagt,

Daß zur Nacht, da Christ geboren,

Nicht ein Herz um Liebe klagt! . .

RH o f ch a u.

Stuttgart, 20. Dez. Zum Beginn des neuen Jahres bereitet der württem- bergische Kriegerbund seinem seit 23 Jahren an leitender Stelle stehenden Ehrenpräsi­denten, dem Prinzen Hermann von Sachsen- Weimar, eine besondere Ehrung, indem der Bundesausschuß einePrinz Weimar- Stiftung" ins Leben zu rufen beschlossen hat, deren Zinsertrag bedürftigen Mit­gliedern des württembergischen Krieger- bundes. Witwen und Waisen zu Gute-

kommen soll. Aus vielen Kreisen der Bevölkerung und von zahlreichen Vereinen sind Beiträge zu diesem guten Zweck ein­gegangen.

Neuenbürg, 2l. Dez. DasPforz- heimer Tageblatt" schreibt, daß die Wahl im hiesigen Bezirk angefochten werden dürfte und zwar weil angeblich in Con­weiler die Wahlcouverts geöffuet und statt Wasnerzettel solche von dem Kan­didaten Weiß hineingethan worden seien. (Dem Psorzheimer Blatt muß die Ver­antwortlichkeit für die Richtigkeit dieser Meldung überlassen bleiben.)

Vom Calwer Wald wird dem Schwäb. Merk." geschrieben: In einem kleinen, aber an geschichtlichen Erinner­ungen reichen Oertchen unseres Waldes >war die Herstellung desgesetzlichen Jso- lirraums" für die Landtagswahl der Gegenstand schwerer Sorge für den Orts­vorstand. Da der Schullehrer im Schul­haus wohnt und sich eines Pianos er­freut, kam man schließlich auf den Ge­danken, die Kiste, in welche dasselbe ver­packt war, in das Wahllokal zu stellen und auf diese Weise den Jsolirraum her­zustellen. Der Wahlakt begann, so alle halbe Stunde kam ein Wähler, verschwand hinter der Kiste, um feinen Zettel in den Umschlag zu stecken und dann im Haupt­raum wieder abzugeben. Nur ein Bürger des Orts ließ sich eine Ewigkeit nicht mehr sehen. Endlich ries der Wahlvor­sitzende nach ihm:Jakob, was machscht denn so lang?" Mit strahlendem Gesicht kam dieser nun hinter der Kiste zum Vorschein mit den Worten:So jetzt Hab i's drenne, 's ischt aber a feschts G'schäst gwäa". Der biedere Schwarzwälder hatte die zugenagelte Kiste für die Wahlurne angesehen und mit vieler Mühe am Deckel ein Spältchen gemacht, um sein Convert in die Kiste zu werfen. Urkund­lich wurde die Kiste dann geöffnet und das wohlgeborgene Couvert in die offi­zielle Urne geworfen.

Berlin, 22. Dez. Polizeidirektor v. Meerscheidt-Hüllesfem ist, wie feststeht, eines natürlichen Todes gestorben, und nicht, wie gestern vielfach angenommen wurde, durch Selbstmord. Er war schwer herzleidend. Seine Amtssuspension und der gegen ihn vorliegende Verdacht der Begünstigung Sternbergs haben sein Ende beschleunigt. (Frkf. Z.)

Berlin,. 21. Dez. Sternberg wurde zu 20r Jahren Zuchthaus und 5 Jahren Ehrverlust verurteilt.

Quell endorf, 22. Dez. Feldmar­schall Graf Blumenthal ist vergangene Nacht sanft entschlafen. Mit Feldmar­schall Graf Leonhard v. Blumenthal, der am 30. Juli. d. I. sein OOstes Lebensjahr vollendete, ist wieder einer der verdienst­vollen Männer aus großer Zeit dahin­geschieden, der geniale militärische Berater des damaligen Kronprinzen Friedrich Wilhelm von Preußen. Blumenthals Name ist mit 50 Jahre preußischer Kriegs­geschichte eng verknüpft. Am 18. März : 1848 nahm von Blumenthal beim Füsi- lierbataillondes 31. Regiments amStraßen- kampf in Berlin theil. 1849 wohnte er im Stabe des General v. Bonio dem Feldzug in Schleswig und Jütland bei und wurde im Mai zum Generalstabschef der schleswig-holsteinischen Armee ernannt. Als Chef des Generalstabs der kombi- nirten mobilen Armeekorps gegen Däne­mark hatte er 1864 entscheidenden Antheil an dem Sturm auf die Düppeler Schanzen und den Uebergang nach Alsen. 1866 im Feldzug gegen Oesterreich wurde er Chef des Generalslabs der 2. Armee unter dem Kronprinzen von Preußen. Bei König- grätz und den Operationen zwischen Olmütz und Wien hatte er hier besonders Gelegenheit sich hervorragend zu bewähren und so treffen wir ihn bei Ausbruch des Krieges 1870, 71 aufs Neue in der wich­tigen Stellung des Generalstabschef bei der Armee des Kronprinzen Friedrich Wilhelm, dessen glänzende Siegesthaten auch Blumenthals Ruhm verkündeten. Nach dem Frieden wurde er darum durch eine Dotation ausgezeichnet, zum kornman- direnden General des 4. Armeekorps und 1873 zum General der Infanterie er­nannt. 1883 wurde ihm der erbliche Grafenstand verliehen. Kaiser Friedrich ernannte ihn bei seiner Thronbesteigung zum Generalfeldmarschall. 1892 erhielt Blumenthal die 3. Armeeinspektion die er bis 1898 inne hatte. Dem jetzt im hohen Alter der Kriegspaladine Dahin­gegangenen wird die Armee, wird das ganze deutsche Volk eiu unvergängliches dankbares Gedächtnis bewahren.

London, 19. Dez. Salisburys ge­strige Rede, welche zu erneuter Anstreng­ung aufgefordert hatte, wirkt sehr depri- mirend und veranlaßt allseitig die Befürchtung, die Lage in Südafrika sei viel ernster, als man bisher geahnt. Man befürchtet, Salisbury habe Infor­mation erhalten, daß ein großer Kap- büren-Aufstand sicher sei. Die wahrschein-

8^^ Wegen der Weihnachtsseiertage ei scheint nächsten Donnerstag kein Bsatt. -ML