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„Wie hast du dein Gelübde gehalten! und ich habe es dir schwer genug gemacht."
„Sprich nicht davon", erwiderte Rüdiger, „du lohnst mir reich, wenn du wieder an Liebe glaubst. Was sind Worte? Im Wesen allein ruht die Kraft! Ich versuchte das Reckte zu thun. Gott sei mit dir, und sorge dich nicht um Weib und Kind."
Ein Windstoß fuhr durch das Ge- zweige, zwei rote Lichter zeigten sich am nächtlichen Horizont.
„Eile dich", bat Rüdiger und er nahm ihm Mantel und Tuch ab.
„Leb wohl, du Lieber, du Guter."
„Gott allein ist gut", antwortete Rüdiger, „zu ihm gehen wir, welchen Weg, das ist das wichtigste nicht." Robert riß sich gewaltsam los und obwohl nun mit Kösferchen und Tasche beladen, schritt er wie gejagt vorwärts.
„Er kommt noch bequem an", dachte Rüdiger, ihm nachsehend. Bei dem starken Verkehrter auf diesem Knotenpunkt herrscht schlüpft er als bescheidener Reisender dritter Klasse unbemerkt mit unter", und dann nahm er seinen Hut ab und sah zu dem Himmel empor, den jetzt die aufgelöste Wolkenwand überzog. Wie gut, daß es nicht hier ausbrach. Es sist jenseits des Dachsberges niedergegangen und wir bekommen nur die Nachzügler."
Er knöpfte den Rock auf, um das Tuch, welches ihm lästig war, auf seiner Brust unterzubringen, den Mantel hing er über die Achsel und nahm das Ge»> wehr in die Hand. Er wollte nicht direkt nach der Oberförsterei zurückkehren, sondern gedachte noch nach dem Eichengrund zu wandern und einige Zeit in dem hohlen Baum Wache zu stehen. Um rascher dorthin zu gelangen, konnte er die Felspartie überklettern, welche oberhalb des Jagdschlosses lag, das Heim des weißen Hirsches, der Wohnplatz der großen Anemonen, die Kapelle, in welcher er seine nächtlichen Konzerte gegeben.
Sein Herz war sanft bewegt, frischer wehte es durch den Wald, doch hatte sich die Dunkelheit nur wenig erhellt, der Mantel allein schimmerte unklar durch die Büsche. Er stieg rüstig aufwärts, nun setzte er den Fuß auf die Felsenkante. Ein Blitz zuckte, zugleich erschütterte ein heftiger Knall die Luft, und das Echo der Berge hallte ihn nach. Ge- brochen der Wäldfriede! gestürzt die >
schlanke eben noch so federkräftige Männergestalt! in schreckhaft purpurnen Tau gebadet die reinen, diezarten Anemonen. „O mein Gott, nimm mich auf zu dir", seufzte Rüdiger, während er niedersank. Eine Kugel hatte ihm die Brust durchbohrt. Eben fuhr scharf ein zweiter Wind, stoß durch die Wipfel, vertrieb die Wolken und machte den Mond frei, der ein blendendes Licht über die Stätte ausgoß.
Dort, von wo aus der Schuß gefallen, aber hinter den Felsen verborgen, erhob sich ein heftiges Ringen, einer, und der war nicht mehr jung, das kündete sein eisengraues Haar, kämpfte hart mit zweien, die ihm an Kraft nichts nachgaben. Sichtlich war der erste bemüht, die beiden gefangen zu nehmen, während er laut hinaus ries: „Rüdiger, hiex her mein Junge", — aber Rüdiger antwortete nicht. Er war in der andern Welt, wo kein Blut wehr fließt, — und der Himmlischen eine hielt ihn im Arm, und bemühte sich, wiewohl vergeblich, ihn auf- zurichten, während ein zweiter Engel sich verschüchtert in einiger Entfernung hielt, als ob der soeben statt^efundene Vorgang auf der rauhen Erde ihn in Schrecken versetzt hätte.
„Halten Sie fest, Hildebrandt", rief eine senore Stimme, und eine hohe Män- nergestaltj zeigte sich zwischen den Trümmern, sie raffte das Gewehr auf, welches Rüdiger entfallen war und mit einigen weitausgreifenden Sätzen eilte sie dem > Kämpfenden zu Hülfe. Das Gewehr lag im Anschlag: „Steht oder ich schieße." Es war der Fürst selbst, der seinem Oberförster beistand und indem er den Hahn knacken ließ, die beiden Verbrecher willenlos machte.
„Es ist der Müller Wenzel, Durchlaucht, er hat den weißen Hirsch niedergeschossen."
Ein tiefer Schmerz durchzuckte das Herz des Landesherrn. „Ich fürchte, Hildebrand, es war nicht der Hirsch", erwiderte er in gedämpftem Ton.
(Forts, folgt.)
Vermischtes.
— Lehrer: „Wer kann mir sagen, warum man annehmen kann, daß sdie Wüste Sahara früher ein Meer war?" — Ein Schüler: ..Ich weiß es. — Lehrer!" „Nun, sag' es!" Schüler: „Weil die > Neger noch mit Schwimmhosen herum-
Wildbad, 6. Drz. Der vorläufige Abschluß der Volkszählung ergab eine Gesamteinwohnerzahl von 3532 Personen 1676 männliche, 1856 weibliche, gegen zus. 3477 im Jahre 1895.
Wildbad, 6. Dez. Das Ergebnis der gestrigen Landtags wähl ist wie bereits durch Extrablatt bekannt gegeben, folgendes: Abgestimmt haben von 740 Wahlberechtigten in hies. Stadt574; hievon erhielten Vincenz Weiß-Ottenhausen (D.P.) 252, K. Schöning er, Calmbach (V.P.) 267, O. Waßner, Stuttgart (Soz.) 48, A. Gröber, Heil- bronn (Z.) 9. nngiltig 8. Im ganzen Bezirk haben von 5755 Wahlberechtigten 4447 abgestimmt. Es erhielten : V. Weiß 1884, Schöninger 1243, Waßuer 1308, zerspl. 22. Da nun keiner der Candidaten die absolute Stimmenmehrheit auf sich vereinigte, sti eine Stichwahl erforderlich und zwar zwischen Weiß und Waßner.— Im Jahre 1895 erhielten in hies. Stadt: Stadtschultheiß Bätz- ner 563 (i. Bezirk 1448), Co mm ereil 56 (2325), Proß (Soz.) 11 (474). Bei der Reichstagswahl i. I. 1898 erhielten hier: Schrempf (Cons.) 212 (i. Bez. 1254) CIeß (Dem.) 243 (1518), Waßner (Soz.) 11 (960). Als Kuriosum sei noch erwähnt daß gestern der letzte Wahlzettel folgende Worte enthielt: „Was dem Weiß an Schönheit fehlt, fehlt dem Schöninger an Weisheit".
Stcrnöesbuch-Gh r onik
der Stadt Wildbad. vom 9. bis 16 Nov. 1900.
Aufgebote.
1. Dez. Schmid, Gottlieb Christian, Oekonom in Hochwiese u. Agnes Spathelf von Warth.
4. Rentschler Albert Friedrich, Schuhmacher in Calmbach und die led. Dienstmagd Bertha Knüller in Neuenbürg.
6. Huber, Ludwig Schuhwarenhdlr. in Pforzheim und Christiane Pauline Keller, Köchin vou Sprollenhaus.
Geburten:
27. Nov- Zieste, M- Bäckermeister hier 1 Sohn.
„ Kuch, Rudolf Friedrich Emil, Zunmermeister hier, 1 Sohn.
30. Haag, Wilhelm Jakob, Bäcker in Kohlhäusle Gde. Wildbad 1 Tochter.
3. Dez. Hammer, Gottlob Friedrich, Steinhauer und Pflasterer hier, 1 Tochter.
30. Nov. Gantenbein, Chr. Friedrich Holzsetzer hier, 1 Sohn-
G e sto rb e n e:
4. Dez. Bachem, Karl Jakob, Bijouteriefabrikant von New-Aork-
6. Dez. Eitel, Marie Karoline, geb. Kaull Goldarbeiters Ehefrau hier, 54 Jahre alt.
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