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Unterhaltendes.
Der weiße Hirsch.
EimsErzählung von Adelheid von Rothenburg, (Fort,.) geb. v. Zastrow.
„Und du glaubst wirklich, auf diese Werse die Schulden, welche!du um meinetwillen gemacht hast, bezahlen zu kön- neu? Rüdiger, das erleichterte mir den Abschied!"
»Ich hoffe es, und auch daß die Geige mehr wie einmal für uns alle sorgt. Mein Vater sagte mir stets: „Treibe alles gründlich." Darin liegt die Erklärung, warum ich nicht ganz Dilettant geblieben bin, und dann — wer so viel Waldmusik gehört hat, wie ich, muß sie auch wiedergeben können."
Die Zeit verging unter mannigfachen Vorbereitungen. Rüdiger, als er um Mittag zu essen, nach der Oberförsterei zurückckehrte, fand, daß die Schwüle zugenommen hatte, auch thürmten sich bereits stahlblaue Wolkenmassen über dem Dachs- berg und schufen unter den Bäumen eine beängstigende Dämmerung. „Nur diese Nacht kein Gewitter", dachte er, „sonst muß der arme Robert durchnäßt in das Koupee steigen." Die Station, bis zu welcher dieser zu gehen hatte, lag nicht allzufern, auch befand sich kurz vor dem Ausgang des Waldes eine verschlossene Köhlerhütte, in welcher der Flüchtling seine Kleider wechseln konnte. Die Maskerade hielt Rüdiger für nötig, weil die Erscheinung eines fremden Mannes bedeutend mehr Aufsehen erregt als die einer einfachen Landfrau, denn obwohl
sie bei Nacht zu wandern gedachten, konnten sie zumal während des Ueberschrei- tens der Chaussee Menschen begegnen, besonders Frachtfuhrleuten, die in der Gegend bekannt waren. In der Mühle hatte Robert sich mit Erfolg verborgen gehalten und von dem Müller das Versprechen bekommen, ihn nötigendenfalls für seinen Gesellen ausgeben.
Die Zeit verging in banger Erwartung. Mit stiller Rührung sah Rüdiger, wie feine Eltern ihm auswichen. „Eine Nacht Geduld!" murmelte er, „nur so lange noch bis wieder die Sonne in neuer Pracht über dem Walde steht, bin ich Euer unwürdiger Sohn." Nun riefen schon die Grillen im Grase, und ein fernes Abendläuten kam von der Kapelle, Diana lag lang ausgestreckt im Grase, um sich am Thau zu kühlen, der Raubvogel, welcher im Laufe des Nachmittags die kleinen Sänger geängstet, schwebte langsam heimwärts, und die vier oder fünf Haide- schnucken, braunwollige Schafe, welche die Frau Oberförsterin austreib en ließ, — sie liebte es an langen Winterabenden für Arme zu stricken — kamen blöckend von der Hütung und blieben um den Brunnen versamelt, der ihnen Labung spenden sollte.
Eine rote Glut brannte im Westen, scharf hob sich der purpurne Himmel gegen die schwärzliche Wolkenwand ab, die drohend angewachsen war, und zuweilen ein leises Grollen hören ließ. „Rüstet auch zum Kampf, ihr Wetter!" dachte Rüdiger, „aber laßt mich, bevor ihr ausbrecht, mein Werk vollenden. Ich habe das Höchste daran gesetzt, was ein Mann zu bieten vermag, meine Ehre." Wenn er es recht überlegte, der Plan konnte nicht scheitern! Wie still ruhten die Wälder hüben und drüben, welch ein -harmloses Unternehmen war es, eine j Stunde oder zwei sie zu durchwandern, und doch — woher der Druck auf seinem ^Herzen? Ward er allein durch die gewitterschwüle Luft veranlaßt? Aber wenn man so jung und so stark ist, wie er, wird man von Temperatureinflüssen noch nicht belästigt.
! Er stand eine Weile an dem geöffneten Fenster seiner Kammer, das nach Westen hinausging, und blickte in das leuchtende Abendrot, durch welches silberne Bänder sich zogen, — wie Userränder, — an denen der Kahn landen mag, der eine abgeschiedene Seele in das sonnige Sommerland der Erlösten bringt?
(Fortsetzung folgt.)
Nützliche Weihnachtsgeschenke
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2ur 81suer cker Vadrkeil!
(Gingest) Es ist ja blos sehr bedauerlich, daß die Bürgernutzungsfrage für die bevorstehende Abgeordnetenwahl in den Kampf geworfen wurde. Wir Wildbader insgesamt haben ja hinlänglich Beweis dafür, daß die bürgerlichen Kollegien, und an deren Spitze unser Stadtvorstand schon vor Auftauchen des Brachhold'schen Lichtes mit aller Energie für Erhaltun g der Bürgernutzung eingetreten sind, so namentlich auch bei einem abweichenden Antrag eines hiesigen Mitglieds der Volks Partei. Es bedarf absolut nicht der geradezu lächerlich wirkenden Bürgschaftsleistung eines aufgeregten Menschen, um dieses Recht, soweit die bürgerlichen Collegien Hüter desselben sein können, zu erhalten. (Was soll denn überhaupt die Bürgschaft des Herrn Brachhold für den Nutzungsbürger für einen Wert haben.)
Daß aber auf gesetzgeberischem Wege, in welchem Falle eben der beste Wille der bürgerlichen Collegien gebrochen wäre, die Frage in verneinendem Sinne entschieden werden könnte, gab Herr Haußmann in Calmbach selbst zu, wenn er sagte: „Selbst aber wenn die Bürgernutzung auf Grund eines Staatsgesetzes eingeführt wäre, so müßte zur Abschaffung derselben die Zustimmung der Regierung und beider Kammern eingeholt werden." Etwas anderes wurde aber von uns auch nicht behauptet! Rätselhaft ist blos, daß der Jurist und Parlamentarier Haußmann nicht wissen sollte, daß die Bürgernutzungsfrage durch Gesetz vom 16- Juni 1885 geregelt worden ist- Also ist Thatfache, daß die gesetzgebenden Faktoren die Bürgernutzungen auf- heben können. Wenn man nun erwägt, daß die Demokraten in ihrer Gleich macherei- und Steuererleichterungswut für die besser Situirten Jeden, der hier wohnt, an allen Rechten und Pflichten Anteil nehmen lassen wollen, so ist es für die Erhaltung der Bürgernutzung eben weit besser und sicherer, einen Demokraten nicht zu wählen!
Schließlich sei noch bemerkt, daß der Artikel in Nro. 140 der „Wildbader Chronik" gar nicht von der Seite stammt, an welche sich das langatmige, aber arg geistesschwache Eingesandt in Nro- 140 des „Wildbader Anzeiger" in nicht mißzuverstehender Weise wendet. Dies wird die Redaktion der „Wildbader Chronik" bestätigen können.