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Nr. 141
Dienstag, 4. DeZernver 1900
86. IaHvgang.
R « ir v s «h a u.
O.A. Rottweil, 27. Nov. Für das ganze Land, soweit es auf baldige Erledigung der Steuerreform abhebt, find die Aeuherungen von hohem Interesse, die der Schw. Bolksfrd. aus einer Schöm- berger Versammlung ves bisherigen demokr. Abg. Bürk berichtet. Darnach hat dieser erklärt: »Wir drohen damit, die Steuerreform wiederholt fallen zu lassen. Wir lassen es wieder auf eine Kraftprobe ankommeu, die allerdings das letzte Mal zum Nachteil des Volkes und der Volkspartei ausgefallen ist." — Wir sagen: Das Volk will keine „Kraftproben" sondern möglichst bald seine Steuerreform. Wenn übrigens der Kandidat Bürk selbst zugiebt, daß die letzte Kraftprobe zum Nachteil des.Volkes und der Volkspartei ausgefallen ist, so hat er damit selbst das Urteil über seine Partei gesprochen. Die Wähler werden für den Strafvollzug besorgt sein. Da Bürk außerdem auch noch für eine „möglichst hohe" Progression eintritt, so hat man auch ihn an Payers Rede vom Dreikönigsfest von 1898 zu erinnern, die diese Forderung energisch bekämpfte. (Schw. M.)
— Für Württemberg ist nun ebenfalls die Gründung eines Trinkerasyls in Aussicht genommen. Man beabsichtigt, dasselbe mit der bestehenden Arbeiterkolonie Erlach im Oberamt Hall in Verbindung zu bringen.
Berlin, 80. Nov. Dr. Leyds hat gestern die Nachricht hierher gelangen lassen, daß Präsident Krüger nach den letzten Reisedispositionen am Dienstag den 4. Dezember in Berlin eintreffen wolle. Es ist nicht ausgeschlossen, daß Krüger alle Kundgebungen bei seinem Empfange ablehnt. Es schweben hierüber noch Verhandlungen mit der Regierung.
Paris, 30. Nov. Der bisherige deutsche Botschafter Fürst Münster erklärte in einem Gespräch mit einem Mitarbeiter des „Figaro", daß er nuyfeines hohen Alters wegen aus seinem Amte scheide. Nach der Weltausstellung, während welcher zwischen Deutschland und Frankreich ein ausgezeichnetes Einvernehmen herrschte, habe er das volle Werk der Beruhigung, welchem er sich gewidmet, als beendet angesehen und den Augenblick für gekommen erachtet, um dem Kaiser zu sagen: „Mus äimittis sarvum tuuw, äomius." (Jetzt entlaß deinen Diener, Herr). Fürst Münster fügte hinzu, daß er sein Amt in 2 Monaten seinem
Nachfolger übergeben und die übrige Zeit des Winters an der Riviera verbringen werde.
Brüssel, 30. Nov. Man ist in Transvaal- Kreisen von dem Erfolge des Pariser Aufenthaltes des Präsidenten Krüger sehr befriedigt und überzeugt, .daß er nicht nach Berlin reisen würde ohne die Zuficherung erhalten zu habe», daß sein Besuch genehm ist. Präsident Krüger gedenkt in Berlin einige Tage zu bleiben. In gewissen Kreisen glaubt man, daß selbst England jetzt einer freundschaftlichen Vermittlung des deutschen Kaisers nicht mehr prinzipiell abgeneigt sein werde.
London, 30. Nov. „Daily Tele- graph" meldet unterm 29. d. M., daß Lord Kitchener gestern den Oberbefehl in Südafrika übernommen hat.
London, 29. Nov. Die hiesigen Blätter fordern die Erklärung des Standrechts für die ganze Kapkolonie, desgleichen die Suspension der Verfassung. Die Buren haben wieder 15 000 Mann im Felde. (M. N. N.)
London, 29. Nov. Den Abendblättern wird aus Peking vom 28. ds. gemeldet: Dem Vernehmen nach zog der russische Gesandte v. Giers seine Zustimmung zu dem Entwurf der au China zu stellenden Forderungen zurück und weigert sich, die Präliminarien zu unterzeichnen, wenn die Bestimmungen wegen Bestrafung der Schuldigen und Entschädigung nicht abgeändert werden. Die Verzögerung übt auf die Chinesen eine schlechte Wirkung aus.
; London, 30. Nov. (Amtlich.) Lord Roberts wird als Oberbefehlshaber in Südafrika durch Lord Kitchener ersetzt, der zum Generalleutnant befördert wird mit dem Titel Local-General.
— Die Meldung, daß zwischen den Mächten bereits Verhandlungen schwebten über eine Vermittlung zwischen England und den südafrikanischen Freistaaten ist irrtümlich; die Diplomatie ist gegenwärtig ganz von der ostasiatischen Frage in Anspruch genommen. Eine Vermittlung würde von einer Macht nur übernommen werden können, wenn beide kriegführende Teile darum nachsuchten. Erst wenn England zu erkennen gegeben hätte, daß es nicht eine völlige Niederwerfung des Burenvolks, sondern eine Verständigung suchte, könnte eine Macht sich der Buren annehmen, aber nach der Lage der Dinge scheint diese Möglichkeit völlig ausge ! schlossen zu sein.
Lokales.
Wildbad, 3. Dez. Am Samstag Abend sprach Herr Vincenz Weiß aus Ottenhausen in der Wählerversammlung der Deutschen Partei im Gasth. zum „Ochsen". In schlichten, einfachen Worten besprach er sein Programm, machte keine großen Versprechungen, sondern sagte, er huldige dem Grundsatz, „wenig versprechen und mehr halten". Ganz entschieden ver- wahrte er sich gegen die Behauptung feiner Gegner, er sei Agrarier. Er sei ebenso vertraut mit den Notständen der Klein- gewerbetreibenden wie mit denen der Kleinbauern und die Interessen dieser beiden seien ihm gleich am Herzen gelegen. Herr Dr. Teufel hob besonders den nationalen Standpunkt der deutschen Partei hervor, die auch als gute Wärt- temberger treu und freudig zu Kaiser und Reich halten. Herr Sanitätsrat Hauß- mann nahm die deutsche Partei gegen gegnerische Angriffe betreffs des Wahlbündnisses in Schutz und führte aus, daß ein Wahlbündnis der Deutschen Partei mit den Conservativen jedenfalls nicht so unnatürlich sei wie Wahlkartelle der Demokratie mit dem Zentrum.
— (Eingesandt). „Viele Köche versalzen den Brei". Von der Wahrheit die- ses Sprichworts haben die Macher des anonymen „Eingesandt" einen glänzenden Beweis geliefert, denn ihre Argumente sind ein einziger Widerspruch, gerade wie die Erklärung des Abg. Hauß- mann in Calmbach mit seinem „Selbst aber wenn .. diesmal ist es des Einsenders „bedrücktes Anliegen", auf die Mache in Nro. 140, Beilage zum Wildbader Anzeiger, prompt zu antworten und nicht erst in 8 Tagen. Er „erfrecht" sich also kurz und einfach nochmals seine Behauptung auszustelleu: ., Wer sein altes Recht nicht gesährdert wissen will, wähle Vincenz Weiß!" Er macht sich ferner eine Ehre daraus, von denen „Heuchler" genannt zu werden, die um Abschaffung der Bürgernutzung vorstellig geworden sind und sich jetzt als Hüter derselben aufspielen — M. Nett ist es von den Schreibern des Artikels, dem man wieder den Vorzug der Länge wenigstens nicht absprechen kann, nicht, es selbst als eine „Dummheit" zu bezeichnen daß ihr Genosse die Bürgernutzung auf die Tagesordnung setzte. Wie hätten sie sich gefreut, wenn die deutsche Partei diese „Dummheit" gemacht hätte!