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Nr. 13S.

Dienstag, 20. Movernber 1900

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Neuenbürg, 17. Nov. Die Kan didaten zur Landtagswahl für den hiesigen Bezirk sind nunmehr endgültig nominirt und haben auch ihre Zusage gegeben. Es sind dies: Weiß-Ottenhausen (Kons.) Hdlzhändler Schöniuger-Calmbach (V.P.) und Handschuhmacher Waßner-Stuttgart (Soz.)

Neuenbürg, 14. Nov. Nach 9jäh- rigein ersprießlichen Wirken schied heute Oberpräzeptor Calmbach von hier, um die Stelle eines Gymnasiallehrers in Stuttgart, wohin er kürzlich ernannt wurde, zu übernehmen. Der Scheidende zeichnete sich durch hervorragende Pflichttreue und als eifriger, von warmer Vaterlandsliebe getragener Lehrer, wie als liebenswürdiger edler Mensch und Gesellschafter aus.

Calw, 16. Nov. Auf schreckliche E°Weise verlor heute vormittag auf dem hieß Bahnhof das 19 Jahre alte Dienst­mädchen Anna Maria Rinderknecht aus Oberjettingen das Leben. Als der 7 Uhr 34 Min. abgehende Zug bereits im star­ken Lauf sich befand, versuchte das Mäd­chen trotz der Warnungsrufe der Umstehen­den in den zweitletzten Wagen einzusteigen. Sie kam jedoch zu Fall und geriet unter! die Räder, wobei sie gräßlich verstümmelt wurde; der Tod erlöste sie alsbald. Nach der bei ihr Vorgefundenen Fahrkarte war Nagold ihr Reiseziel; sie stand bei Apo­theker Wieland in Dienst und wollte sich zu einem Leichenbegräbnis nach Hause begeben. Das Bahnpersonal trifft an dem Unglück keine Schuld.

Oberkollwangen, 15. Nov. Am nächsten Dienstag findet unter Mitwirkung des Hrn. Oberbaurat Leibbrand von Stuttgart die Uebernahme der neugebau­ten Vicinalstraße vonTeinachnachSchmieh- Oberkollwangen statt. Hieran wird sich am Mittwoch, den 21. Nov., die Ein­weihung der Straße anschließen. Die Gemeinden Teinach, Schmieh und Ober­kollwangen rüsten sich zu einem feierlichen Empfang der Gäste.

- < Betzenhausen, 14. Nov. Heute Nachm, trafen Ihre Majestäten der König und die Königin mittelst Sonderzugs zum Jagdaufenthalt hier ein. Bei der Ankunft wurden Ihre Majestäten von Forstmeister Stock, Oberförster Pfizenmayer, Pfarrer Essig von Lustnau u. a. empfangen und begrüßt. Als Jagdgäste sind eingetroffen: Se. Kgl. Hoheit Herzog Albrecht von Württemberg, Seine Durchl. der kaiserl. Statthalter in Elsaß-Lothringen Fürst zu

Hohenlohe-Langenburg, Seine Durchl. Fürst zu Hohenlohe-Bartenstein, der kom- mand. General des 18. Armeekorps Ge­neral der Inf. v. Lindequist, der General ä. 1a suita Sr. Maj. Generall. z. D. v. Schott u. a.

Pforzheim, 14. Novbr. Der Ita­liener, welcher vor einigen Wochen in einer Waschküche auf der sogen. Wilhelms­höhe 2 Mädchen von 9 und 10 Jahren vergewaltigte, wurde von der Karlsruher Strafkammer zu 9 Monaten Gefängnis verurteilt.

Berlin, 15. Nov. Zum ersten Prä­sidenten des Reichstags wurde Graf Ballestrem (Ztr.) mit 268 St. wiederge­wählt; zum ersten Vizepräsidenten v.Frege (kons.) mit 190 St. und zum zweiten Vizepräsidenten Büsing (nat.-lib.) mit 181 Stimmen.

Berlin, 17. Nov. Die in der Thron­rede angekündigte Novelle zum Weinge- setz ist erschienen. Zu Z 1 des Gesetzes wird hinzugefügt: Der Bundesrat wird ermächtigt, außer den angegebenen noch andere Stoffe zu bezeichnen, auf die das Verbot Anwendung zu findenhat.Wein"ist das durch alkoholische Gährung ausdemSaft der Weintrauben mittelst eines solchen Ver­fahrens oder durch Zusätze, welche als Ver­fälschung oder Nachmachung nicht anzusehen sind, hergestellte Getränke. K 4 verbietet die Herstellung und den Vertrieb von Kunst­wein, tz 6 erweitert die Kontrolbefugniffe und sieht die Heranziehung von Vertrau­ensmännern als Hilfsorganen der Polizei vor. Die Strafen werden erhöht. Das neue Gesetz soll am 1. Okt. 1901 in Kraft treten.

Berlin, 12. Nov. , In einem Flug­blatt der ehemaligen Arbeiter der Ber­liner sozialdemokratischen Genvssenschafts- bäckerei, die eine neue Genossenschaft be­gründen wollen, heißt es: Von vornherein erwartet man von einer Genossenschaft, deren Mitglieder auf dem - Boden der Arbeiterbewegung stehen wollen, die stets an die Parteigenossen um Abnahme von Brod appelliert, die auch nur einzig und allein ohne Gründungskapital durch ihre Arbeiter groß und wohlhabend geworden ist, daß sie darnach strebt, die in dieser Bäckerei notorisch sehr schwere Knochen­arbeit zu erleichtern durch Schaffung gesunder Arbeitsräume, Anlegung maschi­neller Einrichtungen und vor allen Dingen eine Verkürzung der Arbeitszeit. Von Jahr .zu Jahr vertröstete man die Arbei­ter, daß, sobald genügend Kapital vor.

Händen sei, dies geschehen solle. Der Reingewinn wuchs von Jahr zu Jahr, doch nichts geschah; statt dessen trieb man nur Dividendenjägerei, man ging an die Teilung des Reingewinns. Leute, die keinen Finger krumm gemacht hatten, als nur das Risiko, 5 Mark einzuzahlen, er­hielten im Vorjahre 500 Mk., in diesem Jahre (nach der in Nr. 260 desVor­wärts" veröffentlichten Bilanz) weit über 1000 Mk. Von Jahr zu Jahr wieder­holt sich dies Schauspiel, die Arbeiter aber schwitzen, schuften und warten weiter. Wurden Forderungen seitens der Arbeiter gestellt, wies man sie einfach ab, man rief uns höhnisch zu:Streikt nur, die Geschädigten seit ihr doch, weil wir im schlimmsten Falle nur 5 Mk. verlieren können, wir bewilligen einfach nichts.

Rappoltsweiler, 18. Nov. Wie von sachverständiger Seite berichtet wird, ist der Gesamtertrag der diesjährigen Weinernte ini Bann von Rappoltsweiler auf 22500 Hektl. Wein zu schätzen. Der durchschnittliche Verkaufspreis pro Hekto- liter ist 32 Mk., und so giebt der Gesamt­erlös einen Betrag von mindestens 720000 Mark.

Dresden, 12. Nov. Von hier wird demHannov. Cour." geschrieben: Baukrach über Baukrach ist hier an der Tagesord­nung. So enthält die gestrige Nummer desDresdn. Anzeigers" nicht weniger als 21 Zwangsversteigerungen von Grund­stücken. Als Eigentümer kommen in Betracht 3 Bauunternehmer, 1 Zimmer­polier, 1 Maurerpolier, 1 Steinmetzmeister, 4 Baugewerker, 1 Kaufmann rc. zum großen Teil Opfer der Spekulation und der Sucht, rasch reich zu werden. Die Bauwut hat außerdem die Grundstücks­preise ganz enorm verteuert und dadurch die Mietpreise bedeutend in die Höhe ge­trieben.

Breslau, 16. Nov. Als der Kaiser sich heute Mittag mit dem Erbprinzen von Meiningen im offenen Wagen vom Bahnhof nach der Kürassier-Kaserne be- gab, warf eine anscheinend geistesgestörte Frau aus dem Publikum ein kurzes Hand­beil in der Richtung nach dem kaiserlichen Wagen. Das Beil fiel hinter dem Wagen auf die Erde. Niemand wurde verletzt. Die Frau wurde sofort verhaftet. ES herrscht eine große Aufregung in der Stadt. Das Polizeipräsidium teilt mit, daß die Person, die den Anschlag auf den Kaiserausgeführt hat, Selma Schnapka heißt. Sie ist eine 40jährige unverehe-

36. Jahrgang.