Amtsblatt für öie SLaöL WiLöbcrö.

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Nr. 134.

Samstag, 17. Wovember 1600

86. AaHr-gang.

Runodcha u

Ministerpräsident a. D. Freiherr v. Mittnacht ist vom Gemeinderat in Stuttgart zum Ehrenbürger der Stadt Stuttgart gewählt worden.

Die Ziehung der Uracher Kirchen- buulotterie ist auf Donnerstag den 6. Dezember verlegt worden.

Karlsruhe, 15. Nov. Die Firma Brüder Landauer" in Ulm wurde von der dortigen Strafkammer wegen unlau­teren Wettbewerbs zu 300 Mark Geld­strafe verurteilt. Die Brüder Landauer hatten aus ihrer Karlsruher Filiale, die bekanntlich am 8. Februar niederbrannte, einen Posten beschädigter Weißwaren um 2218 Mk. übernommen und einenAus- verkauf zu enorm billigen Preisen" ver­anstaltet, wobei sie für 10000 bis 12 000 Mark Waren aller Art verkauften und das Publikum im Glauben ließen, sämt­liche Waren stammen aus dem Karlsruher Brand. Den Strafantrag hatte der Schutz­verein für Handel und Gewerbe gestellt.

Baden, 13. Nov. Herr Küfern,elfter W. von hier zeigte heute eine Anzahl allerthümlich aussehender Sachen, wie Säbel, Münzen, Urnen u. s. w., die beim Abbruch seines Hauses in der Küferstr. gefunden wurden. Merkwürdiger Weise waren einige Stücke davon so gut erhal­ten, daß einem leise Zweifel aufsteigen konnten an deren hohen, Alter. Jetzt wird man dieses begreiflich finden, wenn es sich bestätigen sollte, daß einige Spaß­vögel, um Herrn W. einige frohe Stun­den zu bereiten, die Sachen dort vergraben hatten. Als Herr W. nun des Nachmit­tags auf der Abbruchstelle erschien, wurden dieselben zufällig entdeckt und ahnungslos, freudestrahlend von ihm in Empfang genommen und vorsichtig nach seiner Wohnung verbracht. Die Veranstalter dieses Spaßes freuen sich natürlich riesig ob des guten Gelingens, während Herr W. für den Spott nicht zu sorgen braucht und das städtische Museum auf diese Bereicherung leider verzichten muß.

Vom Bodensee, 12. Nov. Der Schneefall in den Bergen dauerte gestern den ganzen Tag an. Die Drahtleitung zum Säntisgipfel ist infolge der nieder­gegangenen Schneemassen unterbrochen.

Berlin, 14. Nov. Heute mittag um 12 Uhr fand im Rittersaale des Schlosses die feierliche Eröffnung des Reichstags durch den Kaiser statt. Zahl­reiche Mitglieder des Reichstags waren anwesend. Der Kaiser verlas die ihm

von dem Reichskanzler Grafen v. Bülow überreichte Thronrede, welche u. a. lautet: Geehrte Herren! Nachdem ich Sie zu erneutem Wirken im Dienst des Gemein­wohls berufen habe, entbiete ich Ihnen namens der verbündeten Regierungen Gruß und Willkommen. Die Ereignisse im fernen Osten haben unter allen ge­sitteten Völkern der Erde tiefe Erregung hervorgerufeu. Fänatischer Haß und finsterer Aberglaube, angestachelt von ge­wissenlosen Ratgebern des Pekinger Hofes hatten mißleitete Massen des chinesischen Volkes zu Greuelthaten getrieben gegen die friedlich unter ihnen weilenden Vor­posten abendländischer Zivilisation und christlicher Kultur. Bei dem mutig unter­nommenen Versuche, die heranziehende Gefahr zu beschwören,erlag mein Gesandter meuchlerischer Hand, die Fremden in der Hauptstadt sahen sich an Leib und Lebeu bedroht, aber die Schreckensbot­schaft einte, was sonst getrennt war. Alle Nationen, gegen die sich der uner­hörte Angriff richtete, schlossen sich eng zusammen und einmütig kämpften Schulter au Schulter ihre Söhne. Und wie die Feldzeichen draußen gemeinsam wehen, so zeigen sich die Regierungen in ihren Be­ratungen von dem einstimmigen Wunsche beseelt, möglichst bald wieder geordnete Zustände herbeizuführen nnd nach Be­strafung der Hauptschuldigen der Wie­derkehr solcher Störungen des Weltfrie­dens für die Zukunft vorzubeugen. Gern hätte ich auf die Kunde von dem Aus­bruch der Wirren in China alsbald die Volksvertretung um mich versammelt. Aber während nur das eine sicher war, daß ohne Zögern gehandelt werden mußte, war die Grundlage für die zu fassenden Beschlüsse, zumal bei der Unsicherheit des Nachrichtendienstes, schwankend. Es stan­den demgemäß die uns erwachsenden Ausgaben noch keineswegs fest und es entzog sich damit das Maß der so not­wendigen Aufwendungen einer finanziellen Schätzung. Wenn hienach davon abgesehen wurde, den Reichstag zu einer außerord- entlichen Sitzung behufs verfassungs­mäßigen Entschlusses über den Kostenpunkt zu berufen, so hegen doch die verbündeten Regierungen das Vertrauen, daß die Volksvertretung den unvermeidlich gewor­denen Ausgaben ihre nachträgliche Zu­stimmung nicht versagen werden, galt es doch nicht nur schwer bedrohte deutsche Interessen zu schützen, sondern auch die Ehre des deutschen Namens ohne Verzug

zu bewahren. Gegenwärtig läßt sich der durch das ostafiatische Unternehmen ver­ursachte Aufwand für das laufende Rech- nungsjahr übersehen. Er bildet den Gegenstand einer besonderen Kreditvor­lage, die Ihnen sofort zugehen wird. In dem Entwurf zum Reichshaushaltetat haben Dank dem natürlichen Steigen der Einnahmen und den vom Reichstage in der vorigen Tagung beschlosseneneSteuer- erhöhungen für fast alle Zw ige der Reichsthätigkeit reichere Mittel angesetzt werden können, insbesondere zu Zwecken der Fürsorge für die Arbeiter und der Landesverteidigung. Ein Zolltarifgesetz ist soweit vorbereitet, daß die Vorlage des Entwurfs an den Bundesrat im Lause des Winters zu erwarten ist. Vorberei­tet wird eine durch die Neugestaltung des Unfallversicherungsgesetzes bedingte Ab­änderung der Vorschriften über die Unfall­fürsorge für Beamte und Personen des Soldatenstandes, sowie eine Vorlage, welche die Vorschriften über den Verkehr mit Wein zu verbessern bezweckt. Die Be- ziehungen des Reichs zu allen auswärtigen Mächten sind fortdauernd gut und freund- lich. In Wehmut gedenke ich meines Ver­bündeten und treuen Freundes, des Königs Humbert, welcher in seinem königlichen Berns als Opfer eines fluchwürdigen An­schlags fiel. Auf der Weltausstellung zu Paris, wo das Nachbarland dem fried­lichen Wettstreite der Völker eine gastliche Stätte bereitet hatte, ist deutschen, Fleiß und deutscher Kunstfertigkeit reiche An­erkennung zu teil geworden. Dieser Erfolg, den Sie gewiß mit mir freudig begrüßen, wird der nationalen Arbeit auf allen Gebieten ein Sporn zu neuen Anstreng­ungen und immer größeren Leistungen sein. Möchten die Beratungen, denen Sie sich, geehrte Herren, im Einvernehmen mit den verbündeten Regierungen widmen wollen unter dem Beistand der göttlichen Gnade dem teuren Vaterlande zum Segen gereichen.

Das nächste große Deutsche Turn- fest war für 1902 in Nürnberg geplant; der Ausschuß der deutschen Turnerschaft hat sich aber nun genötigt gesehen, das­selbe mit Rücksicht auf das gleichzeitig in Graz 1902 stattfindende Deutsche Sänger­fest auf das Jahr 1903 zu verschieben, wobei es freilich mit dem in demselben Jahr für Hannover in Aussicht genom­menen Deutschen Schützenfest zusammen­fallen wird.

Berlin, 12. Nov. Zur Einwander-