Amtsblatt für die SLaöt Wilöbad
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LIr. 123.
Samstag, 3. WovemlZer 1900
36. IaHr-gang.
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Stuttgart, 30. Okt. In der Kammer wurde der Antrag der Staatsrechts- Kommission, daß das württembergische Armeecorps, nor Allem in den höheren Kommandostellen in der Hauptsache von württembergischen Offizieren geführt wird, mit 74 gegen 5 ritterschaftliche Stimmen angenommen.
Stuttgart, 29. Okt. Das Weinjahr 1900 ist der Menge des Ertrags nach das reichste seit 100 Jahren. Die italienische Landwirtschafts - Gesellschaft veröffentlicht die folgenden knappen Charakteristiken nach amtlichen Quellen: Frankreich: In 35 Departements eine überaus reiche Ernte, in 30 eine sehr gute, in 4 eine' zufriedenstellende, in 4 eine leidlich gute und in einem Departement eine mittelmäßige. Algerien: Großes Erträgnis. Ungarn: Mehr als befriedigende Ernte, in vielen Gegenden auch in der Qualität vorzüglich. Dalmatien, Tirol und Istrien: Reiches Erträgnis. Griechenland: Sehr gute Ernte. Nur die Türkei hat knapp einen Drittelherbst im Vergleich zu dem Vorjahr zu erwarten.
Neuenbürg, 30. Okt. Gestern Abend 9 Uhr schlug der Blitz in das Rat. Haus in Brötzingen und es brannte uur das oberste Stockwerk ab, dank der raschen Hilfe der dortigen Feuerwehr. Bücher u. Akten wurden alle in Sicherheit gebracht.
Böblingen, 31. Okt. Im hiesigen Bezirkskrankenhaus wurde von der Ver. sicherungsanstalt Württemberg ein Erholungsheim für rekonvalescente Lungenkranke eingerichtet. Es werden etwa 40 Rekonvalescenten Platz finden; Aufnahme finden seit neuerer Zeit nur weibliche Kranke. Das hiesige Erholungsheim wurde infolge Ueberfüllung der Kuranstalt Schömberg gegründet.
Friedrichshafen, 30. Okt. Graf Zeppelin ist durch seine glücklich verlaufenen Aufstiegsversuche dermaßen befriedigt, daß er glaubt, die nächste Auffahrt nicht mehr über dem Bodensee machen zu müssen. Er beabsichtigt, sie über dem Festlande und zwar wahrscheinlich über dem Tempelhofer Felde bei Berlin aus- zuführeu. Wie Eugen Wolf an die „Allg. Ztg." schreibt, steht in der Luftschiff-Frage alles gut bis auf die Finanzen; das vermögen des Grafen Zeppelin stecke zum großen Teil drin und die übrigen Geldmittel seien völlig aufgebraucht.
Oehringen, 29. Okt. Ein bedauerlicher Unglücksfall ereignete sich gestern
nachmittag bei Cappel, hiesigen Oberamts. Als der Fahrknecht des Stadtrats Jäger hier bei Cappel mit seinem leeren Weinfuhrwerk an einer Bärentreibergesellschaft, welche auch einige Affen mitführte, vorüberfuhr, sprang plötzlich ein solcher Affe auf die Pferde, welche infolgedessen scheuten und davonrasten. Der Lenker des Fuhrwerks wollte vom Wagen ab- springen, blieb aber in den Pferdesträngen hängen und wurde bis Cappel geschleift, woselbst die Pferde angehalten wurden 'und der Knecht aus seiner gefährlichen Lage befreit werden konnte. Derselbe hat im Gesicht und um Kopfe schwere Ver- letzungen davongetragen und mnßte sofort in das Bezirkskrankenhausüberführtwerden.
Pforzheim, 28. Okt. Auf Ersuchen seiner Angehörigen wollte am Samstag abend die Polizei den 23jährigen Taglöhner Friedrich Koch in seiner Wohnung verhaften, weil er nacheinander seine Mutter und Geschwister, den Revolver in der Hand, mit Erschießen bedroht hatte. Als nun zwei Schutzleute den in seinem Zimmer eingeschlofsenen Koch aufforderten, zu öffnen, und ein Schutzmann sich vor der Thüre, der andere mit dem Bruder des Koch vor dem Fenster nach dem Hof postierte, gab Koch einen Schuß nach der Richtung, wo sein Bruder stand, ab, und als der andere Schutzmann ins Zimmer einzudringen suchte, schoß er dreimal auf diesen, ohne jedoch zu treffen. Die andern Schüsse versagten. Die Schutzmannschaft drang dann, von vier weiteren Mann unterstützt, in das Zimmer und nahm den Burschen fest. Um sich vor den Schußwaffen der Schutzleute zu sichern, hatte Koch die zwei Kinder seiner Schwester zu sich ins Zimmer genommen.
Mannheim, 31. Okt. Der Buchhalter des Hotels „Pfalz. Hof" Wilhelm Christ, welcher am 11. September nach Unterschlagung von 3660 Mk., flüchtig gegangen war, wurde gestern hier eingeliefert.
Berlin, 30. Okt. Die Antwort der Regierung auf die Schadenersatzansprüche der aus Transvaal ausgewiesenen Deut, scheu ist nunmehr durch Vermittlung des Berliner Polizei-Präsidiums an den Vorstand des Vereins der Ausgewiesenen in Berlin erfolgt. Es wird den Ausgewiesenen eröffnet, daß ihre Ansprüche durch den deutschen Botschafter in London dem dortigen auswärtigen Amt bekannt gegeben worden sind. Die englische Regierung habe sich bereit erklärt, die de
finitiven Verluste der Ausgewiesenen an Hab und Gut zu ersetzen, weitergehende Forderungen seien jedoch abgelehnt worden
Hamburg 1- Nov. Die Hamb. Börsenhalle meldet: 30 Kisten Rohgold, die auf Verfügung der Zivilkammer II des Landgerichts an Bord des Dampfers Bundesrat beschlagnahmt wurden, sind gestern Nachmittag auf Ersuchen des Landgerichts von der Nordd. Bank in Verwahrsam genommen worden. (Nach der Franks. Ztg. war das Gold an ein Hamburger Südafrikahaus adresstrt. Als Absender soll Krüger genannt sein, doch wird vermutet, daß es transvaalfiche Staatsgelder seien. Der Antrag auf Beschlagnahme des Goldes ging, wie verlautet, von zwei großen Banken aus, denen von der Transvaalregierung Geldsendungen und zwar vor der Erklärung des Krieges, konfisziert wurden.
Wien, 30. Okt. Das „Neue Wiener Journal" meldet, daß der .Kaiser der Gräfin Lonyay, gewesenen Kronprinzessin Stefanie, den Titel „Herzogin von Oeloszi" verleihen werde. Sie soll ferner das Prädikat „Hoheit" erhalten. Ter Titel geht auch aus die Kinder über, doch wird er nicht dem Gatten verliehen.
Wien, 29. Okt. Am Montag vor- mittag fand mit dem üblichen Zeremoniell in der Pfarrkirche der Hofburg die Trauung der Erzherzogin Maria Immaculata Raineria mit Herzog Robert von Württemberg statt. An der kirchlichen Feier nahmen teil der Kaiser, Herzog Nicolaus von Württemberg als Vertreter des Königs von Württemberg, die Mitglieder des kaiserlichen Hauses, die geladenen Hochzeitsgäste, die obersten Hofchargen u. Staatswürdenträger. Am Eingang der prächtig geschmückten Kirche empfing der Kardinal Fürsterzbischof Gruscha den Kaiser und das Brautpaar. Nach vorgenommener Segnung geleitete der Kaiser das Brautpaar unter Vorantritt des Klerus und unter Pauken- und Trompetenschall zum Altar. Unmittelbar darnach begann die Trauungszeremonie. Den Trauungsakt vollzog der Hofburgpfarrer Bischof Mayer. Derselbe hielt eine Ansprache an das Brautpaar. Nach Beendigung der kirchlichen Zeremonie verließen der Kaiser, das Brautpaar und die übrigen Anwesenden die Kirche. Nach der Vermählung empfing der Kaiser die Neuvermählten in Audienz. Dieselben begaben sich sodann in das Palais des Erherzogs Rainer,