Amtsblatt für die Stadt Wilöbaö.
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27r. 120.
Samstag, 13. Hktoverr 1900
36. Jahrgang.
Rundschau
Stuttgart, 9. Okt. Der Gesamtausschuß des deutschen Sängerbundes hat, dem „Schwab. Merk." zufolge, für das nächste Sängerbundesfest im Jahre 1902 Graz als Feststadt gewählt.
— Der '„Enzth." widmet dem von Neuenbürg scheidenden Oberforstrat Graf von Uxkull u. a. folgende Abschiedsworte: Ein allgemein tief empfundener Verlust für Stadt und Bezirk bewegt in diesen Tagen die Gemüter. Herr Oberforstrat Graf von Uxkull verläßt unsere Stadt, die ihn eine schöne Reihe von Jahren hindurch mit Stolz und Freude zu den Ihrigen szählen durfte und mit der hiesigen Stadt bedauert Nachbarschaft und Bezirk in schmerzlichem Gefühle des Vermissens den Weggang dieses vorzüglichen Beamten und echten, ritterlichen Edelmanns, der durch seine ganz ausgezeichneten Charaktereigenschaften, die Herzen aller gewonnen hatte, in einem Maße, wie es nur selten einer einzelnen Persönlichkeit beschicken ist. Im Januar des Jahres 1877 hat Graf v. Uxkull, zuvor Oberförster in Wildbad und vordem in Schönmünzach, sein hiesiges Amt als Forstmeister des Forstamts Neuenbürg angetreten und als ein Meister in seinem Fach hat er sich allzeitig erprobt; streng rechtlich und gewissenhaft, unparteiisch und durchaus pflichtgemäß hat er seines Amtes gewaltet, im persönlichen Verkehr liebens- würdig und wohlwollend gegen jedermann, im Dienste ein Mann von musterhafter Pünktlichkeit und sorgfältiger Treue. Wo es galt, ein gutes Werk zu fördern, sah man Graf von Uxkull stets in vorderster Reihe, und wo eine Unternehmung ins Leben trat, die dem allgemeinen Besten dienen sollte, der Ehre Gottes und dem Wohle des Nächsten, fand sie bei dem Scheidenden wie bei seiner ihm gleichgesinnten Gemahlin ein warmes Herz und eine opferwillige Hand. Mit besonderer Liebe war Graf von Uxkull seiner evangelischen Kirche zugethan und hatte als langj. Vorstand des Bezirksvereins des Evang. Bundes reichlich Gelegenheit, diese Gesinnung zu bethätigen. Bis in die Tage des Alters war dem allgemein verehrten Manne jugendfrohe Arbeitsfrische verliehen und eine Beweglichkeit des Geistes, die gar manchem an Jahren Jüngeren nicht zu Gebote steht. Wenn er nun doch sein Amt niedergelegt und zum Abschied aus dem ihm so lieb ge
wordenen Schwarzwald sich entschlossen hat, so wissen wir, daß er das nur mit schwerem Herzen gethan hat, aber in der wohlbegründeten Erwägung, daß er als ritterschaftlicher Abgeordneter im Ständehaus auch ferner noch den Interessen seines bisherigen Dienstes und Berufes dienen und der Wohlfahrt des gesamten teuren Vaterlandes sich nützlich machen könne. Jede öffentliche Abschiedsfeier hat der bescheidene, von der Wehmut des Abschiednehmens selbst allzu tief bewegte Mann mit Bestimmtheit abgelehnt, aber nicht versagen kann er es uns, daß wir ihm hier noch ein herzliches „Vergelt's- Gott" für alle Liebe und Güte Nachrufen und sein Scheiden aus Stadt und Bezirk begleiten mit dem aufrichtigen Wunsche, daß ihm, sowie seiner verehrten Frau Gemahlin noch ein langer, inhaltvoller, reichgesegneter Feierabend in Kirchheim u. T. beschieden sein möge.
Tübingen, 10. Okt. Im Grün- ballier Doppelmordprozeß wurde der ledige, 24 Jahre alte Dienstknecht Karl Anton Steinbacher von Herbertingen, Oberamts Saulgau, welcher am 31. Juli dieses Jahres im Walde bei Grunbach, Oberamts Neuenbürg, zwei Kinder im Alter von 7 und 9 Jahren ermordete, nachdem er eines derselben vergewaltigt hatte, zweimal zum Tode und zu 10 Jahren Zuchthaus verurteilt. — Der Zuhörerraum war während der Verhandlung dicht besetzt. Ueber die That befragt, gab der Mörder an, daß außer den beiden Mädchen kein Mensch um den Weg ge- wesen sei. Er habe den Mädchen gerufen, sie sollen zu ihm Herkommen, er wolle ihnen helfen Beeren suchen. Das schwarzgekleidete Mädchen, die 7jährige Schnürle, sei zuerst gekommen; er habe sie an der Hand geführt und sei mit ihr dem nahen Dickicht zugegangen. Ohne Widerreden sei das Mädchen mit ihm gegangen; das andere Mädchen, die 9jähr. Pauline Merkle, sei nachgelaufen und habe sich daneben gestellt. Nach der That habe ihn gleich die Angst überfallen und aus Furcht vor der Entdeckung der That habe er sich entschlossen, die beiden Mädchen umzubringen. Hier überkam den Mörder eine gewisse Bangigkeit, er zögerte, und erzählte dann weiter: Sofort packte ich die Merkle und warf sie rechts neben die Schnürle, die noch am Boden lag, hin. Zunächst wollte ich diese beiden betäuben; ich nahm ihre Köpfe und schlug ihnen die Stirnen gegeneinander. Als
sie etwas betäubt waren,drückte ich ihnen den Hals zu. Mit jeder Hand hatte ich den Hals eines Mädchens erfaßt. Ich bemerkte, wie den Kindern das Atmen aus- ging, und hielt ihnen deshalb den Hals so lange zugedrückt fest, bis ich sicher war, daß keines mehr ein Lebenszeichen von sich gab. Um ganz sicher zu sein, beobachtete ich die Kinder noch einige Zeit. Die Schnürle war bald tot, die Merkle lebte länger. Als ich mich überzeugt hatte, daß die Mädchen wirklich tot waren, ging ich auf dem Waldweg Engelsbrand zu; dort habe ich in einer Wirtschaft eingekehrt und mich mit dem anwesenden Schullehrer unterhalten. Auf Vorhalt des Vorsitzenden, welche Motive ihn zu dieser schauerlichen That bestimmt haben, gab er au: Ich kann nicht sagen, wie ich dazu gekommen bin, dies zu thun. In Neuenbürg übernachtete dann der An- geklagte und reiste von da aus am andern Morgen über Herreualb nach Baden: in Sandweier wurde er von zwei seine Spur verfolgten württ. Landjägern nach vielen Anstrengungen festgenommen und dem Amtsgericht Neuenbürg zugeliefert. Der Sachverständige gab aus Grund des Ergebnisses der Sektion sein Gutachten dahin ab, daß der Tod der beiden Kinder infolge gewaltsamer Erstickung eingetreten sei und daß die Verletzungen der Schnürle derartige gewesen seien, daß auf einen geschlechtlichen Mißbrauch geschlossen werden müsse. Die in den letzten Tagen bei dem Angeklagten zu Tage getretenen Krankheitserscheinungen erweisen sich nach heutigem Sachverständigengutachten als Verstellung. Sämtliche Sachverständige erklärten den Angeklagten für vollkommen zurechnungsfähig und straffähig. Der Angeklagte nahm das Urteil ruhig auf! Die Geschworenen sollen es abgelehnt haben, den Verurteilten der Gnade des Königs zu empfehlen.
Calw, 9. Okt. Gestern Abend fuhren auf dem hiesigen Bahnhof 2 Rangierah- teilungen zusammen, wobei ein größerer Materialschaden entstand; verletzt wurde Niemand.
«l Frankfurt, 10. Okt. Infolge einer aus jetzt noch unbekannter Ursache entstandenen Explosion brach heute Mittag kurz vor 12 Uhr im nördlichen Teile des Fabrikgebäudes der „Adler"Fahrradwerke vormals H. Kleyer, Großfeuer aus. Die 800 in der Fabrik beschäftigten Arbeiter konnten sich, soweit übersehen werden kann, >.ch retten; doch trugen ziem