Amtsblatt für öie SLcröL Wif-bad.

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27r. IIS.

Donnerstag, 11. Kktoöer 1900

86. Jahrgang.

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Seine Majestät der König hat die erledigte untere Hauptlehrstelle an der Massigen Realschule in Wildbad dem Elementarlehrer Kirschwer in Heilbronn übertragen.

Nach Mitteilung desStaats- Anz." hat der König die Berufung des Landtags auf Dienstag den 16. Oktober genehmigt.

Zu Mitgliedern des Beirats der Verkehrsanstalten und zu Ersatzmännern derselben sind gemäß der K. Verordnung vom 20. März 1881, betreffend die Bildung eines Beirats der Verkehrsan­stalten, von den Handelskammern, bezieh­ungsweise von der K. Zentralstelle für die Landwirtschaft u. a. gewählt worden: Als Vertreter des Handels und der Ge­werbe Von der Handelskammer in Calw: E. Stälin, Fabrikant in Calw, Ersatz­mann: A. Koch, Fabrikant in Rohrdorf, O.A. Nagold. Weiß, Gutsbesitzer in Otten­hausen O.A. Neuenbürg.

Stuttgart, 6. Okt. Rechtsanwalt Dr. Franz Kapp ist heute morgen infol­ge eines Schlaganfalls gestorben. Kapp war eines der tüchtigsten Mitglieder des Stuttgarter Anwaltstandes,namentlich im Zivilprozeß galt er als hervorragender Jurist. Geboren im Jahre 1852, widmete er sich anfänglich dem Studium der Theo­logie, bestand auch das theologische Ex­amen, gab aber alsbald seinen Beruf auf, um sich der Jurisprudenz zuzuwenden. Nach Vollendung seiner Studien ergriff er die Anwaltslauftahn, assozierte sich mit Friedrich Payer, dem gegenwärtigen Prä­sidenten der Abgordnerenkammer.

Sruttgart, 5. Okt. Einen eigen­artigen Schwindel hat die Generaldirektion der Posten und Telegraphen aufgedeckt. Es ist nämlich beobachtet worden, daß zur Frankierung von Postsendungen zer­schnittene oder zerrissene, nachher wieder zusammengesetzte Wertzeichen verwendet werden, deren einzelne Teile schon von benützten, mangelhaft entwerteten (ge- stempelten) Freimarken herrühren. Gegen­über einem solchen, die Postkasse schädigen­den, betrügerischen Verfahren hat nun gen. Generaldirektion im Amtsblatt der württembergischen Verkehrsanstalten eine Verfügung erlassen, zufolge welcher die Vorschriften, betreffend die Entwertung der Postwertzeichen mit besonderer Sorg­falt in Anwendung zu bringen sind und das Beamten und Unterbedienstetenper-

sona! mit entsprechender Weisung zu ver­sehen ist.

Calw, 6. Okt. Die Umwandlung des Oelgaswerks in ein Steinkohlengas­werk ist nun vollendet. An Stelle des alten Gaswerks sind neue, große Gebäude getreten. Es wurden neu aufgeführt: ein Feuer - Reinigungs- und Regenier- Haus. sowie ein Gasometer, dazu noch Gas- und Coaksschuppen. Der alte Gaso­meter hält 200, der neue 800 obm. Bei einem täglichen Verbrauch von 350 cbm reicht das vorhandene Gas auf etwa 3 Tage aus. Der Gasverbrauch hat sich vereinfacht, da bei Oelgas nur ein täg­licher Konsum von 80 obm stattfand. Die Einrichtung wurde von Schumann und Küchler in Erfurt geliefert. Sämtliche Kosten belaufen sich auf über 100 000^! Der anfallende Coaks wird nur an ärniere Einwohner in Quantitäten von 24 Ztr. abgegeben.

Tübingen, 5. Okt. Der am 14. Juli d. I. verübte Mordversuch an den beiden Kindern des Fabrikanten Starr in Nürtingen bildete den Gegenstand der heutigen Verhandlung. Der Sachverhalt, welcher der Anklage zugrunde liegt, ist dem S. M. zufolge folgender: Die zwei Kinder des Starr, der 7 Jahre alte Hermann Starr und die 6 Jahre alte Rosa Starr begaben sich am 14. Juli d. I. nachmittags gegen 3 Uhr, von ihrem elter­lichen Hause weg, um ihren Vater, ver in Frickenhausen einen Fabrikneubau er­stellte, zu besuchen. Sie benützten die Landstraße Nürtingen - Frickenhausen. Während nun die Kinder in die Nähe der steinernen Brücke kamen, wurden sie von einem Mann, der, von Frickenhausen herkommend, auf dem Trottoir lief, über­fallen und nacheinandermit seinem Taschen­messer auf gräßliche Weise zugerichtet. Dem Hermann Starr versetzte der Mann mehrere Stiche, einer ginig dem Knaben in die Mitte des rechten Unterarms und verursachte eine lange Schnittwunde, ein anderer drang unter dem rechten Rippen­bogen ein, dieser durchdrang die Bauch­gegend und öffnete die Bauchhöhle. Noch schlimmer erging es dem Mädchen. Diesem eilte er nach, hielt es an der linken Hand fest und versetzte ihm in die linke Bauch­seite und durch die Kleider hindurch einen solchen Stich, daß die Bauchwand an 3 Stellen der Dünndarm vollständig durch­stochen wurde und ein Teil des Gedärms aus der Wunde hervortrat. Die so zu­gerichteten Kinder ließ der Mann im

Straßengraben liegen und flüchtete sich eilends. Der Knabe konnte sich noch nach Nürtingen Hineinschleppen und von dem Vorfall Mitteilung machen; das Mädchen wurde nachher halbtot aufgefnnden. Beide Kinder wurden sofort in die Klinik nach Tübingen überführt, von wo der Knabe nach 14 Tagen, das Mädchen, dessen Leben in größter Gefahr war, nach 5 Wochen wieder entlassen werden konnten. Der Thäler Eckhardt wurde noch am Abend des 14. Juli in Nürtigen verhaf­tet, weil er durch sein auffälliges Beneh­men und die verschiedenartigen Erzähl­ungen, wie er mit den Kindern aus jenem Wege zusammengetroffen sei, in höchstem Grade sich als Thäter verdächtig machte. Ueber die Anklage gehört, leugnete er die That. Die beiden Kinder gaben auf Gegenüberstellung des Angeklagten, wie auch in den früheren Verhören, mit.Be­stimmtheit an, daß dieser der Mann sei, der sie gestochen habe. Die Geschworenen hielten eine beinahe einstündige Beratung; sie verneinten die Fragen auf versuchten Totschlag bezw. versuchten Mord und sprachen den Angeklagten nur zweier Ver­gehen der gefährlichen Körperverletzung schuldig, worauf das Gericht den Ange­klagten zu der Gesamtgefängnisstrafe von 8 Jahren verurteilte. Der Lustmörder Steinacher wird nun doch kommenden Mittwoch wegen seiner in Grunbach, O.A. Neuenbürg verübten Greuelthaten vor die Geschworenen gestellt. Seine Krank­heit erwies sich als Verstellung.

Tübingen, 6. Okt. (Schwurgericht.) Wegen vollendeter und versuchter Er­pressung wurde der verh. Taglöhuer Jakob Rothfuß von Feuerbach zu der Gefängnis­strafe von 9 Mon. verurteilt.

Heidelberg, 8. Okt. Bei dem gest­rigen Eisenbahnunglück handelte es sich um den Lokalzug Nr. 16 a und den sog. Neckargemünd-Mannheimer Vergnügungs­zug Nr. 126 a, welche in Abständen vo« 10 Minuten von der Station Karlsthor nach dem Hauptbahnhof fahren. Der Lokalzug hielt, wie üblich, zwischen beiden Stationen, um erst einzufahren, nachdem das Fahrpersonal für den Lokalverkehr im Zug selbst auszugebenden Fahrscheine an sämtliche Passagiere abgegeben hatte. Angesichts des prächtigen Herbstwetters war der Verkehr überaus lebhaft und die Einfahrt des Lokalzuges, der zwischen Vorsignal und Einfahrtssignal stand, ver- zögerte sich über Gebühr. Auf die An­frage der Station Karlsthor bei der