Amtsblatt für die Slaöt Wilöbaö.

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Nr.

Dienstag, 9. AktoLer 1900

86. Jahrgang.

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Se. Maj. der König hat die Erricht­ung einer Dostagentur in Gräfenhausen, O.A.Meuenbürg, verfügt. Die Pvstagen- tur tritt am 18. Okt. d. I. in Wirksam­keit. Der in Gräfenhausen.bereits einge­richtete Telegrafendienst wird mit .dem Postagenturdienst vereinigt.

Der Eyach-Sprudel Aktienge­sellschaft in Stuttgart-Eyach wurde aus der Ulmer Ausstellung für Wirtschafts­wesen, Kochkunst und verwandte Gewerbe ^ für ihr natürlich kohleusaures Mineral­wasserEyach-Sprudel" die goldene Me­daille verliehen.

DerEnzthäler" enthält folgendes Eingesandt zur bevorstehenden Landtags­wahl:Während in verschiedenen Bezirken unseres Landes sich die Parteien schon längst zu der vermutlich im Dezember d. I. stattfindknden Landtagswahl rüsten und bereits ihre Kandidaten aufgestellt haben, herrscht in unserem Oberamt in dieser Beziehung noch allgemeine Stille. Keine Parteie ist noch in der Oeffentlich- keit mit einem Kandidaten auf den Plan getreten. Da nun sicherem Vernehmen nach der seitherige Vertreter unseres Be­zirks, Hr. Kommerzienrat Commerell in Höfen bei der Neuwahl nicht mehr kan­didieren wird, so ist es gewiß Pflicht der Wähler, beizeiten ihr Augenmerk einem Mann zuzuwenden, der den Bezirk, wie auch die Anliegen jeder Gemeinde desselben genau kennt und im Stande wäre, denselben vermöge seiner Gaben, unabhängigen Stellung und rednerischen Talente in richtiger Weise zu vertreten. Von Tag zu Tag mehren sich die Stim­men, die den nationalgesinnten und doch freiheitlich denkenden Herrn Oberamts­pfleger Kübler in Neuenbürg als den richtigen Mann hiefür bezeichnen. Falls Hr. Kübler die Wahl annehmen würde, glaube ich, soweit sich die Gesinnung einer großen Anzahl Wähler kenne, versichern zu können, daß sich die weitaus größte Stimmenzahl unseres Bezirks auf seinen Namen vereinigen würde."

Tübinge n, 3. Okt. (Schwurgericht.) Ein nichtssagender Wortstreit machte den erst 20 Jahre alten Zimmergesellen Ernst Kull aus Rothensol, OA. Neuenbürg, der sich im siebten Fall zu verantworten hat, zum Verbrecher. Am Donnerstag den 12. Juli d. I. weilten mehrere Burschen aus Rothensol in dem benachbarten Herren- alb. Auf dem Heimweg entspann sich

zwischen Kull und dem gleichaltrigen Zimmergesellen Ludwig Knöller aus Rothensol ein Wortwechsel, der damit endigte, daß Knöller dem Kull einige Ohrfeigen versetzte. Daraufhin griff Kull zum Messer und versetzte dem Knöller einen Messerstich in den Hals, der bis in die Luftröhre drang und am nächsten Tag den Tod des Knöller zur Folge hatte. Kull stand nun gestern vor den Geschworenen, angeklagt eines Verbrechens der Körperverletzung mit nachgefolgtem Tod. lieber den Vorfall verhört, gab der Angeklagte an, Knöller habe ihn wiederholt mit der Faust ins Gesicht ge­schlagen und zu Boden geworfen, sei dann auf ihn gekniet und habe ihn so auf die Brust gedrückt, daß er kaum mehr habe atmen können. Er habe sich in einer derartigen Notlage befunden, daß ihm kein anderer Ausweg zu Gebot ge­standen sei, als zum Messer zu greifen. Deshalb habe er sein Messer aus der Tasche gezogen und sei mit diesem gegen Knöller gefahren, wobei er ihn in deu Hals getroffen habe. Im übrigen will der Angeklagte an diesem Tage betrunken gewesen sein. Nachdem die Geschworenen die Frage nach vorsätzlicher und rechts­widriger Körperverletzung nebst derjenigen nach mildernden Umständen bejaht hatten wurde der Angeklagte zu der Gefängnis­strafe von 2 Jahren verurteilt, wovon

2 Monate der Untersuchungshaft in Ab­zug kommen.

Tübingen, 4. Okt. Als vierter Fall kam zur Verhandlung die Strafsache gegen den 33 Jahre alten verheirateten Steinhauer August Ballon von Urach wegen eines Verbrechens des versuchten Totschlags. Die Anklage lautet: Ballon habe in der Nacht vom 24. zum 25. Juni d. I. den Entschluß, einen Menschen zu töten, durch nicht mit Ueberlegung aus- geführte Handlungen bethätigt, indem er in der Absicht, deu 35 Jahre alten ver- wittweten Steinhauer Karl Gottl. Frisier aus Pforzheim, jetzt in Ostfriesland, zu töten mit einem geöfneten Taschenmesser

3 bis 4 Stöße nach dessen Unterleib führte, von denen einer die Bauchwand durchbohr­te und für den Verletzten unmittelbare Lebensgefahr zur Folge hatte. Die Trieb­feder zu der unglücklichen That war zweifellos Eifersucht. Nach dem Gutachten des Sachverständigen war die Verletzung des Frisier anfänglich unmittelbar lebens­gefährlich, die Heilung der Wunden nahm jedoch wider Erwarten einen so günstigen

Verlauf, daß Frisier nach öwöchiger Ar­beitsunfähigkeit geheilt war. Die Ge­schworenen bejahten die Frage auf Körper­verletzung mit mildernden Umständen, wor­auf der Angeklagte zu einer Gefängnis­strafe von 1 Jahr und 6 Monaten ver- errteilt wurde. Als Obmann der Geschwo­renen fungierte Kaufmann Meisel-Neuen- bürg. Ferner stand vor dem Schwur­gericht, des versuchten Giftmords beschuld­igt, der verheiratete .Taglöhner Christian Metzger in Gültstein, O.A. Herrenberg. Demselben Mrd vorgeworfen, am 12 Juli d. I. sein am 20. Mai d. I. geborenes, an Magen- und Darmkrankheit, sowie an Lungenentzündung leidendes Kind zu töten versucht zu haben, umseinen schon vorher gefaßten Beschluß, das Kind aus der Welt zu schaffen, ausführen. Der^ Angeklagte ist unumwunden geständig, es sei ihm, wie er sagte, der Gedanke plötzlich gekommen, dem kranken Kind, das doch sterben müsse, beizuhelfen und es von seinem Leiden zu erlösen. Er tauchte zu diesem Zweck einen Schlotzer in Salmiakgeist und steckte diesen dem in der Wiege liegenden Kind in den Mund. Das Kind that den Schlotzer mit dem Finger wieder heraus und die Frau, welche gleich nachher ins Zimmer kam, be­merkte sofort, daß das Kind einen geschwoll­enen Mund und Blut auf der Zunge hatte und nahm das dem Ersticken nahe Kind zu sich, welches sofort Schleim erbrach. Der Wunsch des Angeklagten wurde nicht erfüllt, da das Kind heute noch lebt. Die Geschworenen bejahten,die auf vorsätzliche versuchte Tötung lautende Frage, worauf die Staatsanwaltschaft 4Vs Jahre Ge­fängnis beantragte. Das Urteil lautete auf 3 Jahre Gefängnis und 5jährigen Ehrverlust.

London, 5. Okt. Nach einer Mel­dung aus Shanghai soll Prinz Tuan auf Befehl des Kaisers und der Kaiserin- Wittwe verhaftet worden sein.

Aus der Schweiz. Auf dem St. Bernhardt ist jetzt, wie Schweizer Blättern zu entnehmen, zur Erinnerung an den Beruhardinerhund Barry ein Denkmal errichtet wordeu. Barry hat im Verlaufe von 10 Jahren 40 Personen, die sich auf dem Berg verirrten, das Leben gerettet. Seine tapferste That war die folgende: Er fand ein lOjähriges Kind in dem verhängnisvollen Schlaf, der dem Tode vorangeht, im Schnee liegen. Barry erweckte das Kind aus dem Schlaf. Als ihm dies gelungen war, legte er sich neben dem Kinde nieder und lud es offen^