Amtsblatt für die SLaöL Wrtöbcrö.

emrsl-Anzeiger für Kilöbsö und KMgebnng.

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Nr. LOS.

Dienstag, 18. Septernbev 1900

86. ZaHr-gang.

Rundscha u.

Stuttgart, 14. sepr. Konfisziert in den hiesigen Buchhandlungen wurde am Mittwoch durch die Polizei ein bei der bekannten Züricher Firma Schmidt er­schienenes, von einer Gräfin geschriebenes Buch:Meine Beziehungen zu Kaiser Wilhelm II." Das Buch, welches auch die Dreyfusaffäre behandelt, lag über 14 Tage unbehelligt hier aus.

Ulm a. D. Wie aus der in der letzten Nro. befindlichen Annonce ersicht­lich, wurde am Samstag den 15. Sept. dieAllgemeine Ausstellung für Kochkunst-, Hotel u. Wirtschaftswesen und verwandte Gewerbe in Ulm im Soalbau, die sich sehr umfangreich und interessant gestaltet hat, in feierlicher Weise durch Herrn Ober­bürgermeister Wagner eröffnet. Die Ausstellung zeigt, wie weitverzweigt die Industrie mit dem Wirtsgewerbe verbun­den ist und wie vielen Tausenden in allen Erwerbszweigen sie ihren Lebensunterhalt gewährt. Eine Ausstellung für Hotel und Wirtschaftswesen hat für Jedermann Interesse; was der Gastwirt im Großen gebraucht, kommt auch in jedem Haushalt mehr oder weniger zur Verwendung, und der Besucher lernt die besten Bezugsquel­len kennen und erfährt die Vorzüge man- cher Fabrikate, die ihm bisher unbekannt waren. Der Hauptsaal nebst Gallerien, sowie Schiller-, Goethe-, Mozart-, Beet­hoven- und Wieland-Saal sind festlich ge­schmückt, ebenso in Anspruch genommen. In der Vorhalle des Hauptsaales befindet sich das Ausstellungs-Restaurant, welches einem Palmenhain gleicht. Im Haupt­saale zeigen die Wirte Ulms, was sie zu leisten vermögen; wir werden ^betrachten können, wie den allerhöchsten Herrschaften serviert wird, aber auch wie man einfach, schmackhaft und nahrhaft speisen kann. Konditorei, Bäckerei, Metzgerei, Delika­tessen füllen den übrigen Raum des großen Saales in überraschender Weise. Die anderen Säle nebst Gallerien dienen dem übrigen Teil der Ausstellung und ist auch hier an Gediegenheit und Pracht Staunens­wertes geleistet. Der Besuch seitens der Wirte Württembergs wird ein sehr großer.

Ulm, 10. Sept. Auf der Wanderung von München nach Paris begriffen, durch­zog heute Vormittag ein interessantes Münchener Kleeblatt unsere Stadt, überall, wo sie sich zeigten, eine große Schaar Neugieriger anlockend. Zwei der Wan­derer tragen ein auf einer Tragbahre

befestigtes Bierfaß von der Münche­ner Kindlbrauerei, auf dem nach allen Regeln der Kunst ein Münchener Kindl einen Maßkrug haltend sitzt, während der dritte Ansichtspostkarten verkauft und dabei ein gutes Geschäft zu machen scheint. Die ganze Sache, unschuldig wie sie ausfleht, ist einer Stammtischwette entsprungen, nach der den drei Männern, wenn sie die Strecke München-Paris in der oben er­wähnten originellen Art zurücklegen, je 200 Mark nebst Rückvergütung per Bahn bezahlt werden. Die Wanderer gedenken Paris in 1415 Tagen zu erreichen.

Biberach, 14 Sept. Die 42.Wan­derversammlung des Verbandes der württembergischeu Gewerbe­vereine wird in der Zeit vom 22. bis inclusive 24. September in Biberach a. R. abgehalten werden. Die Einteilung der Tagesordnung ermöglicht eine ausgiebige Behandlung von Wünschen und Anträgen der Berbandsvereiue. Außerdem sind neben dem üblichen Jahresbericht vorge­sehen: Berichterstattung des Vereüisvor- standes Professor Gicßler über die Ber- bandstage der schweizerischen Gewerbever- eiue in Zürich, der Elsaß-Lothringischen Gewerbevereine in Gebweilcr, des deut­schen nnd des badischen Gewerbcvereius- verbandes in Freiburg i. B. und über Kranken-, Unfall-, Haftpflicht-, Kapital- und Lebensversicherung der Handwerker, sowie zwei Borträge: Regierungsassessor Freiherr Theodor von Soden wird spre­chen über: das Jnvalidenversicherungsge- setz und dessen Handhabung und Wirk­ung im Kleingewerbe, und Dr. Zwiesele. Wanderlehrer der K. Zentralstelle für Gewerbe und Handel, über: Eindrücke von der Pariser Weltausstellung.

Friedrichshafen, 9. Sept. Nach den verschiedenen Vorbereitungen zu schließen, steht ein erneuter Anfstieg des Zeppelinschen Luftschiffes ausgangs dieses oder anfangs nächsten Monats zu erwarten. Da neueren Nachrichten zufolge das Königspaar nach dem Cannstatter Volksfest nochmals hieher zurückkehrt, dürfte nunmehr der erste offizielle Auf­stieg des Luftfahrzeuges in Anwesenheit der königlichen Majestäten erfolgen.

Bei Vergebung der uenen Artillerie, kasernenbauten in Lahr haben sich die dortigen Baugeschäfte tüchtig gegen die auswärtige, namentlich Straßburger und Frankfurter Konkurrenz gewehrt. Trotz, dem waren sie nahe daran, leer auSzu- gehen, denn sie hatten immerhin noch

auf die mit etwa 350000 Mark veran­schlagten Arbeiten etwa 33000 Mark mehr verlangt, als ihre Wettbewerber. Es gelang aber dem Stadirat, eine Ver­einbarung zu treffen, nach welcher die Arbeiten nun doch von den einheimischen Firmen als Mindestfordernde ausgeführt werden.

Schweidnitz, 13. Sept. Ein Herr Schütze wurde von seinem Chef beauftragt, eine zweitägige Tour per Rad zu unter­nehmen. Am ersten Tage erreichte erBens- dorf, wo er zu übernachten gedachte. Ein größeres Zimmer wurde ihm überwiesen. Ehe er sich entkleidete, zählte er seine Bar­schaft durch und begab sich darauf zu Bett, den Leuchter brennen lassend, um noch seine Zigarre fertig zu rauchen. Nun staubte Herr Schütze die Asche ab, wobei er un- vorsichtigerweise einen Funken auf den zottigen Bettvorleger fallen ließ. Er beugte sich nun aus dem Bett heraus, um den glühenden Funken anszudrücken, als ihm plötzlich Jemand znvorkam. Eine Hand laugte unter dem Bett hervor. Herr Schütze glaubte zuerst, es wäre eine Vision und wiederholte das Schauspiel zum zweitenmal. Und wieder spielte sich derselbe Vorgang ab. Nun war er sich seiner Situation bewußt.. Mit einem Satz sprang er zur Thür, dieselbe von außen schlißend und rief den Wirt und den Hotel­diener. Der Mann unter dem Bett woll­te gerade zum Fenster hinaus versä win­den, als er noch ergriffen wurde. Erhal­te einen langen Dolch und einen Revol­ver bei sich.

Von Oberammergau. lieber die drastische Wirkung des Spiels der Ober- ammergauer auf bayerische Landbewohner weiß ein Berliner Blatt zu berichten, die Aeußerungen klingen erheiternd und rüh­rend zugleich. Fast in jeder Vorstellung kommt es vor, daß die Zuhörer beim Kreuzgang Jesu laute Verwünschungen gegen die Peiniger ausstoßen und Säze wie:Wennst den Heiland kan Ruh giebst hau i dir a paar eini, daß des so leicht nimmer thust, du Sakra!"Mistbua wannst den Herrn Jesu nomal schlägst, kumm i dir!" rc. rc. gehören zu den Stimmen aus dem Publikum, die beim Passionsspiel in jenen Szenen laut wer- den,' wenn Christus gegeißelt an der Martersäule gefesselt steht und die Schergen ihn emporreißen und mißhandeln. Jüngst schrie eine Landfrau auf die Bühne dem Kriegsknecht zu:Habts denn ös in der Christenlehr' gar kan Glauben