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Nr. LOS.

Aierrstcrg, 11. Septerrrver 1900

86. Jahrgang.

R rr n d f ch a u

Amtlich wird bekannt gegeben, daß von jetzt ab Postkarten mit Bilderschmuck und Aufklebungen auf der Rückseite im Verkehr mit Oesterreich-Ungarn, sowie innerhalb Württembergs zugelassen werden.

Freudenstadt, 31. Aug In der gestrigen Sitzung der bürgerlichen Kol­legien wurde einstimmig beschlossen, zu der Erbauung der Schmalspurbahn Freu- denstadt-Pfalzgrafenweiler Grund und Boden zum Bahnhof sowohl, wie zur Trace unentgeltlich abzutreten, sowie als einmaligen Beitrag zum Bau derselben 20000 Mk. zu leisten. Wie man hört, ist Pfalzgrafenweiler ebenfalls geneigt, die gleichen Verpflichtungen zu überneh­men, so daß, falls die anderen beteiligten Gemeinden angemessene Beiträge leisten, der Ausführung wenig Hindernisse mehr im Wege stehen würden.

Eine interessante Statistik betr. die auf eine Wirtschaft entfallende Ein- wohner-Kopfzahl der 9 größten Städte Württembergs ist folgende: in Stuttgart kamen auf eine Wirtschaft 175 Einwohner, Cannstatt 160, Ludwigsburg 130, Ulm 149, Gmünd 132, Eßlingen 131, Reut­lingen 118, Heilbronn 116, Göppingen 86.

Ulm, 5. Sept. Der auch in Freuden­stadt wegen Zechprellerei bekannte und von Gmünd aus wegen Betrugs im Rück­fall verfolgte angebliche Schreiblehrer Karl Hümmel versuchte hier folgenden Schwindel, der zur Warnung bekannt zu werden verdient. Er annoncierte für Pensionäre, Invaliden, Frauen u. Kinder einen täglichen Nebenverdienst von 23 Mk. durch Anfertigung eines in großen Massen verlangtenPatent-Millionen- Weltartikels" (leichte Drahtarbeit). Vor­kenntnisse waren nicht nötig, aber eine Kaution von 20 Mk. für das zur Ver­arbeitung übergebene Drahtmaterial wnrde verlangt. Der Draht war selbstverständ­lich keine 5 Mk. wert und der Spitzbube wäre, wenn er eine größere Anzahl Ein­fältiger gefangen hätte, aller Wahrschein, lichkeit nach mit den Kautionsgeldern durchgebrannt. Die Polizei kam ihm aber zuvor und brachte ihn hinter Schloß und Riegel.

Gernsbach, 7. Sept. In der Mit­tagspause etwa gegen 1 Uhr explodierte in der Cellulose- und Papierfabrik hier ein Dampfcylinder. Derselbe, im Gewicht von ca. 65 Zentner wurde durch das Dach hindurch gejagt, flog unter furcht-

barem Getöse bis in die Höhe des Fabrik­kamins und sauste dann im Bogen in die Murg hernieder. Der Materialschaden ist groß. Glücklicherweise ist kein Mensch verunglückt. Die Ursache ist noch unbe­kannt.

Pforzheim, 7. Sept. Ein unver­hofftes Glück wurde einem hiesigen Ein­wohner zu Teil. Derselbe übernahm vor Jahren für einen guten Freund Bürg­schaft über eine große Summe, die er auch bezahlen mußte. In Folge dessen kam er selbst an den Bettelstab. Der gute Freund flüchtete wegen betrügerischen Bankerotts nach Amerika. Nach Jahr und Tag traf nun gestern von chem ehe­maligen Freunde ein Brief ein, dem ein Check auf ein Karlsruher Bankhaus über 18,000 Mk. beilag als Entschädigung für den seinerzeitigen Verlust.

Dresden, 5. Sept. Ueber die wahren Gründe, die den Zaren von dem Besuch der Pariser Weltausstellung abgehalten haben, ein Besuch, welcher tatsächlich geplant und bereits bis in alle Einzel­heiten vorbereitet war geht den Dres­dener Neuesten Nachrichten von besonderer Seite aus Wien eine Information zu, die das Blatt mit Rücksicht aus die Quelle als absolnt authentisch bezeichnet. Nach den Mitteilungen des Gewährsmannes ist lediglich eine keineswegs unberechtigte Furcht vor einem anarchistischen Coup die Ursache der Absage des Besuches ge- wesen. Es hat sich gerade in der letzten Zeit gezeigt, baß es noch immer nichl ge­lungen ist, einige der Hauptstützen der Propaganda der Thal, welche in der letzten Zeit von Amerika nach Europa überge- siedelt find, ausfindig zu machen und zu verhaften. Der Petersburger Polizei gingen in der letzten Woche mehrfach Beweise dafür aus Wien zu, daß die beabsichtigte Reise des Zaren nach Paris aller Wahr­scheinlichkeit nach eine anarchistische Ge­legenheit zu einem Attentatsversuch bieten sollte. Aus diesem Grunde hat sich der russische Polizeiminister veranlaßt gesehen, dem Zaren dringend nahe zu legen, die Pariser Reise zu unterlassen. Das dem Zaren vorgelegte Material muß derart überzeugend gewesen sein, daß noch in zwölfter Stunde die Absage des Pariser Besuches beschlossen wurde, ein Beschluß der in erster Reihe auf dringende Bitte der Kaiserin gefaßt worden sein dürfte.

Eine grundsätzliche Frage brachte ein Flaschenbierhändler in München zur gerichtlichen Entscheidung:

Es ist eine leidige Gepflogenheit der Land­arbeiter, die leeren Bierflaschen einfach auf dem Wege, der Wiese oder im Walde wegzuwerfen, ohne daran zu denken, daß die Flasche selbst Eigentum des Ver­käufers ist. So hatte auch der Händler im Laufe der Zeit den Verlust mehrerer Tausend Bierflaschen zu beklagen. Bei einem Besuche in Neulustheim bemerkte er bei einer Wirtswitwe für ungefähr 20 M. Flaschen aus seinem Geschäfte und brächte die Genannte wie auch einen andern Ortseinwohner wegen Unterschlag­ung zur Anzeige. Die beiden Angeklagten gaben den Besitz dieser Flaschen zu, be­stritten aber, etwas Unrechtes hiermit gethan zu haben; dritte Personen nämlich hätten diese leeren Flaschen teils in den Garten, teils in den Hofranm der Ange- schuldigten geworfen. Sie hätten sie ein­fach gesammelt und ausgehoben, jedoch nicht für sich verwandt. Das Amtsgericht München II sprach die Angeklagten auch von einem Vergehen der Unterschlagung frei, indem es ausführte, es handle sich hier um einen sogenanntenGebrauchs­diebstahl", der juridisch nicht strafbar sei. Die Verpflichtung, die leeren Flaschen an den Eigenthümer wieder abzuliefern, habe derjenige, der sie in Empfang genommen hat, nicht aber die Person, welcher die Flaschen von dritter Seite, noch dazu in­direkt zugetragen werden.

London, 5. Sept. Ueber die Be­lagerung der Gesandtschaften in Peking erzählen die ersten am 3. September in Tientsin eingetroffenen Europäer noch 'das Folgende: Ehe die Belagerung angefangen hatte, hatte die Gesandtschaft Englands einen riesigen Vorrat von Wein und Spirituosen, namentlich Champagner und Whisky, sowie von Reis eingelegt. An Fleisch war jedoch nur Pferdefleische ver­fügbar, nnd mit der Milch in Büchsen war es bald vorbei, obwohl sie für Kinder und die Kranken Vorbehalten wurde. Die Ermordung des deutschen Gesandten w. Ketteier war gewissermaßen der Anlaß zur Rettung der übrigen Europäer, indem sie die verräterische Haltung der Chinesen klar darlegte. Die Europäer berieten ge­rade, ob sie das Angebot der Chinesen, ihnen sicheres Geleit nach Tientsin zu geben, annehmen sollten. In Folge der Ermordung des deutschen Gesandten lehnten sie das Angebot ab und zogen sich in die Gesandtschaften zurück. -

Von dem deutschen Gesandtschafts arzt wurde als Todesursache bei Frhr