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Amtsblatt für die Stadt Wildbad.
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Nr. LOS.
Samstag, 7. September 1900
36. Jahrgang.
Rundscha u.
— Es wird darauf aufmerksam gemacht, daß die goldenen Fünfmarkstücke am 1. Oktober d. I. nicht mehr als gesetzliches Zahlungsmittel gelten. Außer den mit der Einlösung betrauten Kassen ist von diesem Tage an kein Geschäftsmann mehr verpflichtet, goldene Fünfmarkstücke in Zahlung zu nehmen. Dagegen nehmen die Reichskassen dieselben bis zum 30. September 1901 in Zahlung, bezw. in Umtausch gegen andere Reichsmünzen an.
Cannstatt, 3. Sept. Die heute stattgehabte Versteigerung der Plätze für Wirtschaftsbuden auf dem Volksfcstplatz brachte der Stadtkasse wiederum die schöne Summe von rund 10000 Mk. Vor einigen Jahren waren einige Plätze etwas teurer. An Gebühren für die Wasserleitung stehen der Stadt noch reiche Einnahmen in sicherer Aussicht. Für jeden Hahnen haben die Wirte 25 Mk. zu entrichten. Die am 11. September stattfindende Versteigerung der Plätze für Schaubuden, Karoussels etc. dürfte voraussichtlich nochmals 10000 Mk. oder mehr einbringen.
— In Ulm wurden 2 Gauner verhaftet, deren Spezialität Ring-Verkaufen war. Das „U. Tgbl." schreibt darüber: Die Beiden operierten nach folgendem Plaue: Sie ließen sich zunächst eine Anzahl goldähnlicher Ringe im Werte von 20—50 Pfg. kommen. Während sich nun der eine in einer Wirtschaft niederließ, in der gewöhnlich einfacheres Publikum zu verkehren pflegt, und dort einem Gaste in jammernden Worten seine jetzige Zwangslage schilderte, die ihn nötigte ein teures Andenken an seinen Vater, eben einen der Ringe zu veräußern, kam der zweite der Schwindler wie zufällig hinzu, gab sich als wandernder Goldarbeiter aus, prüfte den Ring, fand ihn natürlich sehr wertvoll und entfernte sich wieder mit dem Bedauern, selbst nicht in der Lage zu sein, das gediegene Stück so wohlfeil erstehen zu können. Der dadurch begierig gewordene Käufer fiel meist auf den Schwindel herein und kam auf diese Weise für 5—30 Mark in den Besitz des wertlosen Objektes. Allmählich wurde den Schwindlern doch der Boden in Berlin zu heiß und sie beschlossen, ihr Glück auf der Reise zu versuchen. Obwohl überall verfolgt, gelang es ihnen, in 44 Städten mit dem gleichen Erfolge zu operieren, bis sie der Ulmer Polizeibehörde gestern in die Hände fielen. Als sie sich entdeckt
sahen, ergriffen sie die Flucht. Schutzleute, Zivilisten und Soldaten jagten ihnen nach, sie wurden bei der Wilhelmsburg eingeholt und gefesselt unter großem!Ge- leite der Straßenpassanten gegen 5 Uhr nachmittags hier eingeliefert. Der eine der Schwindler ist Klempner, der zweite Schneider.
Freudenstadt, 3. Sept. Bei der am letzten Freitag abgehaltenen Ortsvorsteherwahl in Reinerzau ist Generalmajor z. D. v. Ruoffjvon Stuttgart, welcher die Absicht hat, sich dort niederzulassen, mit 25 von 45 abgegebenen Stimmen gewählt worden. Ein weiterer Bewerber, Acciser Schillinger,erhielt 13,dieübrigen Stimmen zersplitterten sich. Der Gewählte hat die Annahme der Wahl von der Möglichkeit, eine passende Wohnung zu bekommen, abhängig gemacht.
Baden-Baden, 3. Sept. Wie das „Badbl." mitteilt, hat die Regierung zugesagt, einem zu bildenden Ausschüsse die Heilmittel der großherzoglicheu Badan- stalteu für die Pflege von Angehörigen der deutschen und mik diesen Verbündeten Truppen unentgeltlich zur Verfügung zu stellen. Ein zu diesem Zweck zusammengetretener Ausschuß, an dessen Spitze der Geheime Regierungsrat Haape und Oberbürgermeister Gönner stehen, hat seine Thätigkeit alsbald begonnen und die Organisation der zu treffenden Maßnahmen zur Aufnahme und Verpflegung der hierher kommenden Verwundeten und Erkrankten bereits in die Hand genommen. In einem Rundschreiben hat sich der Ausschuß in erster Linie an die Aerzte, Zahnärzte, Apotheker, Sanatorien, Gasthofbesitzer und Inhaber von Pensionen in hiesiger Stadt gewandt mit der Bitte, etwa hierher kommenden Deutschen und mit diesen verbündeten ^Kriegern freie Behandlung und Medikamente bezw. Vorzugspreise einzuräumen. Die Opfer des Krieges, seien sie nun Deutsche, Oesterreichesi, Italiener, Franzosen, Russen, Engländer, Amerikaner oder Japaner, werden hier alle ein bereitwilliges Entgegenkommen finden.
Baden-Baden, 5. Sept. Der Weg zum Glück ist oft mit Dornen geschmückt —, wie folgender, dem „Bad. Landsmann" von hier berichteter Fall beweist. Das mußte auch eine ältere, steinreiche Jungfrau erfahren, der es in späteren Lebensjahren nochmals in den Sinn kam, zu heiraten. Sie ist Radlerin und lernte auf einer Tour einen Radler kennen, 'einen hiesigen, einfachen Kaufmann, der
ein feiner Mann, aber kein Krösus ist. Die Radlerin, die selbst über ein Vermögen von über 380 000 Mark verfügt, stieß sich nicht an der Armut des schneidigen Radlers, schenkte ihm ihr Herz und trug ihm — natürlich durch die Blume ihre Hand an. Der Radler zwar nicht von ihren Reizen, um so mehr aber von ihren 380000 Mk. berückt, willigte ein. Um nicht viel Aufsehen zu machen, und insbesondere um ihren Verwandten und ihrem Hausarzt zu entgehen, denen sie in einem Testament bereits reiche Legate vermacht hatte, schlug sie ihrem Geliebten eine stille Abreise nach der Schweiz vor, wo die Heirat stattfinden sollte. Die Sache wurde indessen doch ruchbar, die Verwandten erfuhren davon — und flugs waren sie dabei, die Dame als geistig abnormal hinstellen zu lassen und gegen deren Geliebten wegen „Entführung" Strafantrag zu stellen. Es wurde extra ein Rechtsanwalt in die Schweiz geschickt, welcher das Paar ausfindig machte und auch bewirkte, daß der Bräutigam verhaftet und an Deutschland ausgeliefert werden sollte, denn sowohl der mit einem Legat bedachte Hausarzt wie andere von den Verwandten der Dame anfgerufene Leute.erklärten, daß die „Braut" nicht ganz normal sei und daß sie das schon früher beobachtet hätten. Zum Glück hatte der Bräutigam von einem Bekannten in der Heimat das Reisegeld für die Schweiz geborgt, und dieser Mann, der nur im Vertrauen auf die bevorstehende Heirat seine milde Hand aufgethan hatte, kam um sein Geld, wenn der Bräutigam wirklich verurteilt wurde, und die Heirat nicht zu Stande kam; er hatte also das größte eigene Interesse, den Machenschaften der Verwandten der Braut entgegen zu arbeiten und stellte deshalb, als er von letzteren Kenntnis erhielt, sofort einen Gegenanwalt auf, der ebenfalls nach der Schweiz reiste, und dort bewirkte, daß die angeblich geisteskranke Dame zunächst von Schweizerischen Medizinalbehörden beobachtet wurde, und deren Urteil ging nach achttägiger Beobachtung dahin, daß die betreffende Dame wohl bis über die Ohren verliebt und männertoll sein möge — aber unzurechnungsfähig sei sie nicht. Der Bräutigam wurde daraufhin alsbald aus der Haft entlassen und in allernächster Zeit findet die Hochzeit statt.
München, 5. Sept. Mathias Pschorr, der Begründer der Hackerbrauerei, ist heute nacht gestorben.