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Je mehr die Burghers sich ihren Farmen s näherten, umsomehr näherten sie sich St. Helena.

LenchM.

Eine!Erzählung von Dr. EmilFreiburger ^Fortsetzung.^ Machdruck verb.)

O Leuchen über die Dose brauchst Du nicht mehr zu erschrecken. Das ist mir jetzt ganz gleichgütig, wenn sie herab­fällt und auch zerbricht. Du bist mir zehn- und hundertmal mehr wert, wenn Du bei mir bleiben willst."

Aber Onkel," sagte Lenchen, nach Fassung rrngend,ich will ja nicht fort, ich will bei Dir bleiben."

Immer?" frug der Onkel in großer Erregung.Nicht blos als Haushälterin, auch als Frau?"

Lenchen erblaßte und schaute starr vor sich hin. Es war ihr unmöglich, irgend ein Wort hervorzubringen. Sie hielt sich krampfhaft am Tisch; eine Ohnmacht stand ihr nahe.

Der Onkel, welcher einen solchen Ein­druck seiner Werbung nicht erwartet hatte und einsah, daß er zu rasch so weit ge­gangen war, stand auf mit den Worten:

Komm' Lenchen, es ist so schwül in diesem Zimmer. Die Magd, welche ein. heizte, hatte offenbar vergessen, daß wir nicht mehr im Januar leben. Wir wollen ein wenig ins Freie; der Gärtner richtet heute das Frühbeet her. Du hast viel- leicht Lust, ihm ein wenig zu helfen. Wer weiß? Wir finden vielleicht auch schon ein Veilchen. Darf ich den Brief auch lesen, den Du von daheim erhieltst?"

Lenchen griff mechanisch irstdie Tasche und gab dem Onkel den lieben Brief aus der Heimat, dessen Ankunft so böse Dinge angerichtet hatte Dann folgte sie ihm ebenso mechanisch in den Garten.

Der Onkel blieb nur einige Augen- blicke bei dem Gärtner und pfiff dann dem Kutscher.

Johann, spanne sogleich an, ich habe in der Stadt etwas zu thun", sagte er zu dem hrbeigeeilten Kutscher, und zu Lenchen sich wendend, meinte er:

Du wirst heute nicht mit mir nach Baltimore fahren wollen. Zum Nachtessen bin ich wieder da. Besorge mir einen guten warmen Thee und auch einen guten warmen Empfang! Gelt, Lenchen?"

Gelt Lenchen?" Ja einen guten war- men Thee, den konnte des Hanfbauern Tochter schon besorgen, denn es fehlte weder in der Küche noch an Kohlen und an Holz, noch auf der Schnellfeuer-Ma- schine an Spiritus. Aber einen guten, warmen Empfang? Das Herz brannte und glühte nicht; und konnte man voraus­sehen, daß eS innerhalb zehn Stunden anders würde?

Lenchen verwerte nur kurz im Garten. Auch sonst ging sie an jenem Morgen und Mittag nicht in den gewohnten Räumen ihres Berufes umher. Sie konnte sich nicht leicht verstellen und ein so verän­dertes in tiefen Ernst und schmerzliches Weh verzogenes Antlitz wollte sie den Hausbewohnern nicht zeigen. Sie holte sich den Brief, den der Onkel nach flüch­tiger Durchsicht wieder auf ihren Platz am Kaffeetisch gelegt hatte, und zog sich auf ihr Zimmer zurück.

Als sie tief bekümmert in ihr hübsches Gelaß eintrat, rief ihr der Papagei: Gu­

ten Morgen, Lenchen! zu. Der Vogel mit seinem einfältigen Geschwätz wollte ihr überhaupt nicht gefallen, heute konnte sie seine albernen Laute gar nicht ertragen. Sie trug den Vogel hinaus auf den Gang und ließ sich bei ihrer Rückkehr zum ersten­mal auf einem Lehnstuhl nieder, der in einer Ecke ihres Zimmers stand. Bis jetzt hätte sie sich geschämt, auf einem so be­quemen Sessel Platz zu nehmen. Ihr Vater allein saß zu Hause auf einem solchen Stuhle oder allenfalls zum Scherz eines ihrer kleinen Geschwister. Einflei- siges junges Mädchen braucht kein Polster! Das war der Grundsatz, der sich von der Muttter auf die Tochter vererbte. Doch heute schämte sich Lehnchen nicht. Wahr­lich, sie bedurfte eines Sorgenstuhles. Wie abgeschlagen, ließ sie ihre Hände in den Schdoß sinken. Thatlos, ratlos saß sie da.

Wie ganz anders war es, als sie vor fünf Monaten znm erstenmel das Zimmer betrat! Wie fühlte sie sich von der Um­gebung angeheimelt! Mit welch tröstlicher Hoffnung sah sie noch in die Zukunft und freute sich für ihre lieben Eltern daheim, welche durch sie der drückenden Sorgen enthoben werden sollten!

Freilich schon einmal hatte sie in diesen Räumen eine schwere Stunde erlebt. An jenem Tage wars, als sie die Dose hinab­stieß und des Abends noch die Nachricht odn der tätlichen Erkrankung der kleinen Frieda eintraf. Doch der Onkel hatte das Mögliche gethan, um jenen Eindruck zu verwischen, nicht blos durch das Sperr- den von Geschenken. Auch im Umgang bewies er seiner Nichte große Freundlich, keit und Aufmerksamkeit. Aber wohl, wirklich wohl war es ihm bei allem dem doch nicht geworden. So oft sie auf dem Tische die Dose stehen oder den Onkel im Theater während einer Pause eine Prise nehmen sah, empfand sie ein geheimes Grauen, eine unsagbare Furcht, es könnte sich eine ähnliche furchtbare Szene wieder, holen. Denn mit den anderen Hausbe­wohnern, selbst mit dem vortrefflichen Melker, gab es öfters derartige Auftritte, wobei sich der Onkel bis zur äußersten Heftigkeit Hinreißen ließ und nur bei Lenchens Herannahen der Sturm sich legte. Die Jungfrau erwies sich durch ihr bloßes Erscheinen als ein Beruhigungs- und Frie- densengel. Aber wer stand ihr dafür, daß nicht auch über sie demnächst wieder ein derartiges Gewitter losbrach? Und einem solchen Manne sollte sie sich für Zeit und Ewigkeit mit ihren innersten heiligsten Gefühlen vertrauen? Nein, Lenchen fühlte nur, daß sie nichts für ihren Onkel fühlte. Sie hörte nur von neuem, und jetzt mit aller Macht, jene innere Stimme, welche ihr von Anfang an gegen die Reise nach Amerika ein un- sägliches Widerstreben eingeflößt hatte. Das war ihr Gefühl.

Der Verstand allerdings sprach anders:

Wie wird es sein,^> wenn ich dem Onkel meine Hand verweigere? Vernichte ich nicht mein ganzes Werk, wel­ches ich seither zu vollbringen mich bestrebte? Reiße ich nicht den ganzen Bau, den ich aufrichten wollte das Glück meiner Eltern, meiner Geschwister mit eigener Hand nieder? Wird der Onkel mich als Haushälterin behalten, wenn ich nicht

eine Frau sein will? Wird er meinen Eltern den ZinS Nachlassen, wenn er mich fortgeschickt hat und ich ihm nicht mehr diene? Und wo soll ich dann hin? Kann ich wieder heim? Kann ich meinen Eltern unter'die Augen treten? Kann ich mit weiem Gewissen, mit freudigem Herzen eines meiner Geschwister in die Arme schließen? Ach, was soll ich thun? Wer hilft mir aus dieser Stunde?"

Bei diesem Ausrufe hob sich, wie zu­fällig ihr Blick und fiel auf das ihr ge- genüberliegende Bild, den dornengekrön­ten Christuskopf mit seinem bis zum Tod betrübten, aber zum Himmel gerichteten Auge. Er war gefunden, der Helfer, bei ihm kamen ihr auch bald die rechten Ge­danken.

Ich will nach Hause schreiben, ich will meine Eltern fragen, was ich thun oll. Ihrem Wunsche folgend ging ich übers Meer. Ist es auch ihr Wunsch, daß ich einen Schritt thue, der mich nach meinem Gefühle in ein Meer des Leides ührt, so will ich mich nicht weigern."

Sie griff nach der Feder und schrieb ich das Herz etwas leichter. Dann stand sie auf und wollte an ihre Arbeit gehen, als sie plötz ich draußen auf dem Gang ein lautes Kreischen und Poltern hörte, als wenn etwas umgefallen wäre. Rasch öffnete sie die Thüre. O Schrecken, der grdße Käfig des Papagei war vom Tische herabgefallen und des Hauses Kater sprang in großen Sätzen auf und davon. Zum Glück blieb der Vogel unversehrt, nur zwei hübsche kleine Federn mußte er lassen, welche Lenchen für Franz noch in den Brief schob.

Es war für des Hanfbauern Tochter ein langer Tag bis zum Abend, wo der Onkel bei seiner Rückkehr einen guten warmen Thee und einen guten warmen Empfang erwartete. Wohl hatte sich die Arme durch den Brief an ihre Eltern das Herz ruhiger geschrieben. Doch je näher die Stunde rückte, desto näher rückten auch wieder neue Bedenken und ängstigende Gedanken an das Herz heran.(Frts. folgt.)

Berlin, 24. Aug. Die Leiche des Frhrn. v. Ketteler ist in Peking von deutschen Seesoldaten aufgefunden worden, v. Ketteler wird ein fürstliches Begräbnis erhalten. Nach neueren Mitteilungen wurde v. Ketteler auf höheren Wunsch durch Polizisten ermordet, als er in einer Sänfte nach dem Tsungliyamen unterwegs war; er hatte also eine Herausforderung seinerseits vermieden-

Stcrnöesbuch - GHvonik.

der Stadt Wildbad.

Vom 17. bis 24. Aug. 1900.

Aufgebote:

18. Aug.: Rau Georg Friedrich, Eisenbahnhilfs­

wärter von hier u. Anna Schweigle von Ottenhöfen Bez.»Amts Achern.

Geburten:

17. Aug-: Simon, Wilh., Fabrikarbeiter hier 1S.

19. Aug: Mutterer, Karl Wilh-, Oberholzhauer

hier 1 S.

19 . Aug: Hannot, Joseph, Monteur hier 1 T.

Gestorbene:

21. Aug.: Baron von Jke, Rentier u. Ritter- gutsbes. von Berlin. '

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