Amtsblatt für die Staöt Wilöbaö.

Erscbeint Dienstag, Donnerstag u. Samstag

Der Abonnements-Preis beträgt incl. dem jeden Samstag beigegebenen Zllustr. Sonntagsblatt für Wildbad vierteljährlich 1 ^ 10 ^, monatlich 40 Psg.; durch die Post bezogen im Oberamts- Beznk 1 30 ^ ; auswärts t 45 Be­

stellungen nehmen alle Postämter entgegen.

Der Annoncenpreis beträgt für die einspaltige Zeile oder deren Raum 10 Pfg., Reklamezeile 15 Pfennig. Anzeigen müssen spätestens den Dag zuvor morgens 9 Uhr aufgegeben werden. Bei Wiederholungen entsprechender Rabatt.Stehende Anzeigen nach Uebereinkunft. Anonyme Ein­sendungen werden nicht berücksichtigt.

Nr.SI.

Rundschau.

Wie bereits berichtet, wurde der Mörder, welcher am letzten Dienstag Abend die beiden Kinder im Walde bei Grunbach tötete, am Donnerstag Abend von 2 württembergischen Landjägern in Sandweier bei Rastatt verhaftet und Freitag Vormittag ins Amtsgerichts­gefängnis nach Neuenbürg eingeliefert. Es ist der 24jähr. Dienstknecht Karl Steinacher aus Herbertingen OA. Saul­gau, als welcher er sich in das Fremden­buch einer Wirtschaft in Neuenbürg ein- schrieb, woselbst er übernachtete. Als der Mord daselbst besprochen wurde, soll er sich geäußert habenso Einer g'hört g'rad anfg'häugt". Am Mittwoch morgen teilte er der Wirtin mit, daß er nach Wildbad, event. Gernsbach gehe, um sich eine Stelle zu suchen. Er begab sich nun über Dobel, Herrenalb und Loffenau nach Staufenberg, übernachtete daselbst und ging am Donnerstag über Baden- Baden, Oos nach Sandweier, wo ihn sein Schicksal ereilte. Die beiden Land­jäger von Loffenau und Herrenalb ver­folgten ihn von Donnerstag morgen an per Wagen bis nach Sandweier wo ihnen seine Verhaftung gelang. Das weiße Leinwandbündel und die daraus befestigten Stiefel, welches der Mörder wie einen Tornister auf dem Rücken trug erleichterte es, seine Spur zu verfolgen. Er hatte bei Landwirt Schäfer bereits eine Stelle als Dienstknecht angenommen. Bis 30. l. M. stand er in einer Mühle in Kirnbach bei Ettlingen in Dienst und hatte im Falle er keine paffende Stelle finden sollte die Absicht, über Baden-Baden und Straßburg nach Belfort zu wandern um sich dort in die Fremdenlegion anwerben zu lassen. Der Mörder hat nach seiner Einlieferung in Neuenbürg, wo er sofortverhört wurde, seine ruchlose That eingestanden, nachdem er sah, daß alle Anzeichen gegen ihn sprechen. Der der That ebenfalls ver­dächtige in Brötzingen inhaftierte Geisel wurde aus der Haft entlassen. Das Schwurgericht in Tübingen wird in der nächsten Session das Urteil über den Mörder zu sprechen haben. Ginge es nach dem augenblicklich sich kundgebenden Volkswillen, würde man ihn den Dörflern von Grunbach und Umgebung ausliefern, die aufs tiefste erregte und empörte Bewohnerschaft würde die schlimmsten Martern mittelalterlicher Justiz noch für gerade gut genug halten, um sie gegen den

Dienstag, 7. August i960

verruchten Menschen in Anwendung zu bringen.

Calw, 3. Aug. Gestern wurde vor der Strafkammer in Tübingen der 21 Jahre alte Schmied Calmbacher von Teinach zu 8 Monaten Gefängnis ver­urteilt. Derselbe hatte unter der Angabe, ein Sohn eines Bauunternehmers zu sein, von einem hiesigen Einwohner 300 Mk. entlehnt und sofort einen Teil des Be­trags mit Freunden verjubelt.

Wie demN. T." aus Mühringen gemeldet wird, ist der von Frhr. v. Mün ch am 31. Juli während eines Streites durch mehrere Revolverschüffe tätlich ver­letzte Knecht in der chirurgischen Klinik in Tübingen gestorben. Die Kugeln waren in den Magen, die Lunge und die Gedärme eingedrungen. Wie man hört, giebt der verhaftete Freiherr an, er habe in Notwehr gehandelt, da der Knecht mit einer Mistgabel auf ihn eirigedrungen sei.

Göppiugen, 29. Juli. Gestern Vor­mittag hat Pfarrer Blumhardt aus Boll- Ort, Bruder desGenossen" Christoph Blumhardt in Voll Bad, die Stätte seines langjährigen, segensreichen Wirkens verlassen und sich in Liebenzell ein neues Heim gegründet, in welchem auch solche Personen Unterkunft finden können, die das dortige Bad besuchen wollen. Theo­phil Blumhardt hat Voll verlassen, weil er, wie er sich amtlichen Personen gegen­über geäußert hat, das Treiben seines Bruders Christoph nicht länger mit an- sehen könnte.

Ulm, 3. Aug. Eine für Jägerkreise nicht unwichtige Verhandlung endete hier vor der 1. Strafkammer gegen Gemeinde­rat und Güterbeförderer Steinhäuser von Ehingen a. D. mit dessen Freisprechung und Uebernahmeder Kosten auf die Staats­kasse. Steinhäuser hatte am 9. Juni d. I. von einer Waldlichtung aus auf einen in dichtes Fichtenunterholz flüchtenden Reh­bock geschossen, diesen gefehlt und eine im Gehölz mit Kranzreisschneiden beschäf­tigte Frau, die er von seinem Standorte aus in keiner Weise wahrnehmcn konnte, getroffen. Die Frau starb 2 Tage hernach. Die Sachverständigen verneinten die vom Gericht aufgeworfene Frage, ob ein Jäger auf Wild nur dann schießen dürfe, wenn er die ganze mögliche Schußbahn über­sehen könne, ebenso die andere Frage, ob es unmöglich sei, daß die Einzelheiten des Unglücks in der vom Schützen dargestell­ten Weise vor sich gegangen sein können. Die Staatsanwaltschaft stellte das Ermessen >

86. I.aHrgcrng

über die erstere Frage dem Gericht anheim, hatte aber im Uebrigen wegen Fahrlässig­keit 14 Tage Gefängnis beantragt. Stein­häuser wurde freigesprochen.

Pforzheim, 3. Aug. Auf dem hie­sigen Friedhofe wuidc heute der Wirt zumEinhorn" tot aufgefunden. Der Selbstmörder hatte einen Brief in der Hand, worin er angiebt, daß Familien­zwistigkeiten ihn zu diesem Schritte ge­trieben haben.

Die Localbahn-Aktiengesellschaft in München hat im Interesse der Hebung des Fremdenverkehrs ein künstlerisch aus­geführtes Plakat ihrer Zufahrtslinien in das bayerische Hochland und der im Anschluß hieran betriebenen Wagen­verbindungen, sowie einen hübsch illustr. Eisenbahn-Prospekt ihrer bayerischen Ge- birgslinien Herstellen lassen. Der Prospekt, welcher neben einer Art Reliefkarte des bayerischen Hochlandes eine kurze Be­schreibung der Bahnlinien und ihrer Verkehrsverhältniffe und eine Anzahl sehr gelungener Illustrationen enthält, ist unentgeltlich im Verkehrsbureau der Localbahn-Aktiengesellschaft in München Dachauerstraße 9 II zu erhalten.

Berlin, 31. Juli. Für das oft- asiatische Expeditionskorps werden sowohl jetzt gleich als auch späterhin viele Tausende Flaschen Bier auf Veranlassung der Militärverwaltung nach China ge­sandt. Damit dieses Bier, ohne zu ver­derben, den Aequator passieren kann, wird es vor der Verladung nach einem vom Prof. Pasteur erfundenen Verfahren sterilisiert. Das geschieht in der Weise, daß das auf ganze Literflaschen von sehr starkem Glas gefüllte Bier in einem lang­sam auf 60 Grad Reaumur erhizten Wasser zwei Stunden liegen muß. So­dann ist auch die Hefe vollkommen keimfrei und das Bier erträgt unbeschadet seiner Güte jede Temperatur. Die Flaschen find zu diesem Zweck lediglich mit Korken verschlossen, nicht mit Patentverschluß. Das Verfahren ist indes dadurch recht kostspielig, daß ein beträchtlicher Prozent­satz der Bierflaschen zerspringt und damit sowohl Glas wie Inhalt verloren geht. HHes läßt sich Bier, das nicht sterilisiert wurde, nicht genießbar über den Aequator bringen.

Berlin, 31. Juli. Die Einführung von Eier-Zwieback als Nahrungsmittel für die Mannschaften findet jetzt in größerem Umfange statt, nachdem die Versuche, die bei einzelnen Truppenteilen