Amtsblatt für öie SLaöL Wttöbaö.
herreM-Anzeiger Mr MilWrd und AMgrbung.
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Nr. S0.
Samstag, 4. August 1900
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Stuttgart, 31. Juli. Anläßlich des Ablebens S. Maj. des Königs von Italien ist von heute an Hoftrauer auf 3 Wochen, sowie anläßlich des Ablebens S. K. H. des Herzogs von Sachsen- Koburg und Gotha eine solche von 2 Wochen angeordnet worden.
Calw, 31. Juli. Heute früh erschoß sich in der Wohnung seines Bruders der 24jährige ledige Kaufmann Schlienz. Der Beweggrund zu der unglücklichen That ist unbekannt.
Grunbach, O.A. Neuenbürg, 1. August. Eine schreckliche Kunde durcheilte heute früh unseren Ort, die Gemeinde in furchtbare Aufregung versetzend. 2 kleine Mädchen, Kinder hiesiger Bürgersleute, wurden heute früh 5 Uhr im Walde zwischen Grunbach und Engelsbrand ermordet aufgefunden. Die Ermordeten sind die 7 resp. 9 Jahre alten Töchterchen des Schreinermeisters Ernst Merkle und der verwitweten Friederike Schnürle. Die Leichen lagen am Boden und zeigten am Halse Spuren gewaltsamer Erdrosselung. Um den Hals des einen Mädchens war ein Tuch geschlungen. Es liegt jedenfalls ein Lustmord vor. Die Mädchen hatten sich gestern Nachmittag gegen Halbfünf Uhr entfernt, um Heidelbeeren zu suchen. Eine gestern Abend veranstaltete Nachforschung im Walde nach den Mädchen blieb erfolglos. Erst heute Morgen wurden die Leichen gefunden.
Pforzh eim, 1. August. Vermut- maßliche Mörder der beiden Kinder, an denen ein Lustmord verübt worden ist, ist der 36 Jahre alte Taglöhner Gustav Geisel von Wiesloch in Baden. Derselbe begab sich heute früh von Grunbach nach Engelsbrand, wo er erneute Versuche machte, Kinder in den Wald zn locken. Daraufhin wurde verfügt, daß der Wald zwischen Enzthal und Nagoldthal thalab- wärts von Engelsbrand von einem großen Gendarmerieaufgcbvt durchsucht werden soll. Auch die Schutzmannschaft von Pforzheim ist requiriert worden. Der Mörder trug auf dem Rücken ein weißes Bündel und kreuzweise übereinander ge- schnürte lange Stiefel; ausgerüstet war er mit einem Peitschenstock. Es ist derselbe Bursche, der gestern Nachmittag ein 14jähriges Mädchen, das sich aus der Begleitung der beiden Kinder entfernt hatte, in den Wald locken wollte. Darnach dürfte es unzweifelhaft sein, daß Geisel der mutmaßliche Mörder ist und
man hofft, denselben noch heute dingfest zu machen.
Pforzheim, 2. Aug. Der Lust- Mörder wurde um 8 Uhr im Walde links von Grunbach und um 4 Uhr bei Engels» brand wo er eine Frau mit Totschlägen bedrohte, gesehen. Die Verfolgung Lurch die Wälder wird mit ungeheurem Menschenaufgebot, Gendarmerie und die Pforz- heimer Schutzmannschaft fortgesetzt.
— Wie der Pf. Anz. berichtet, übernachtete der mutmaßliche Mörder nach dem vollbrachten Verbrechen in einer Herberge tn Neuenbürg, wo er ein paar blutbefleckte Beinkleider und den mit- geführten Peitschenstock zurückiieß. An dem Peitschenstocke fehlte die Schleife. Kurz vor seinem Weggange, um 9 Uhr gestern Vormittag erkundigte er sich bei dem Neuenbürger Polizeidiener nach dem Wege gegen Wildbad. Da der Mensch noch nicht signalisiert war, wurde ihm die erbetene Auskunft zu teil; bald nach seinem Weggange jedoch traf die Personenbeschreibung ein und nun wurde dem Polizisten klar, daß ihm ein guter Fang entgangen war. Trotz der angestrengtesten Thätigkeit der Polizei ist es bis jetzt nicht gelungen, des Mörders habhaft zu werden. In das Fremdenbuch der Herberge trug er sich als Karl Steinacher aus Herbertingen, O.-A. Saulgau, ein. Er scheint noch nicht lange außer Stellung zu sein. Der Mörder ist ein etwa 28—30 Jahre alter anscheinender Bauernknecht von mittlerer Größe und schlanker Gestalt, Mit blondem, ins Rötliche gehendem Schnurrbart, sonst glatt rasiert; auf dem Rücken trug der Betreffende einen weißen Bündel, einem Soldatenpaket ähnlich sehend und an einem Hosenträger befestigt, ferner ein Paar langschäftige Stiefel; schließlich hatte er eine Peitsche mit gelbem Stock bei sich. Er soll nach Angabe der Leute, die ihn gesehen, eine frische Kratzwunde im Gesicht aufweisen. Zur Verfolgung des Mörders war gestern die ganze Einwohnerschaft von Grunbach, Salmbach und Engelsbrand, des üaud- jägerkorps des Bezirks, die disponible Gendarmerie des Pforzheimer Bezirksamts , 6 Schutzleute von da und eine Abteilung Radfahrer auf der Streife, und auch heute früh find dieselben Leute wieder auf die Suche gegangen, hoffentlich haben sie heute den gewünschten Erfolg, damit das entsetzliche Verbrechen, welches noch die ganze Umgebung in Aufregung erhalt, seine baldige gerechte Sühne findet.
I Rastatt, 2. Aug. Soeben abends i halb 9 Uhr haben 2 württembergische Landjäger den mutmaßlichen Mörder Staubach, der die 2 Kinder im Walde Lei Grunbach tötete, in das hies. Amts» gerichtSgefängniS emgeliefert. Die 2 Land» jäger verfolgten ihn den ganzen Tag von Württemberg bis nach Sandweier, Amt Baden, wo sie seiner zwischen Sandweier und Rastatt habhaft wurden. Derselbe ist Freitag früh halb 9 Uhr nach Neuenbürg abgeführt worden-
Horb, 1. Aug. Von Mühringen kommt soeben die Kunde, daß Freiherr v. Münch von Hohenmühringen gestern abend in einem Wortwechsel auf einen seiner Knechte, Namens Friedrich Blatt, gebürtig von Herzogenbnchsee, Kanton Bern (Schweiz), aus einem Revolver 5 Schüsse abfeuerte, wobei sämtliche 5 Kugeln trafen und den Knecht tötlich verletzten. Der Zustand des Verletzten, der bereits in die Klinik nach Tübingen verbracht wurde, soll hoffnungslos sein. Die näheren Um» stände unter denen v. Münch die That verübt, sind noch nicht bekannt. Freiherr v. Münch wurde heute Mittag verhaftet und durch den Stationskommandanten an das Kgl. Amtsgericht Horb eingeliefert.
Vom Bodensee. 1. Aug. Manschätzt die Ünglücksfälle, welche jedes Jahr durch Ertrinken im See Vorkommen, auf etwa 40—SO Personen, hiervon kann in der Regel die Mehrzahl geborgen werden, der kleinere Teil verbleibt auf dem Grund des Sees. Es würde sich dem Auge ein grauenhafter Anblick darbieten, könnte man den' Seegrund innen schauen. In letzter Zeit sind nicht weniger als 7 Unglücksfälle zu verzeichnen: 2 bei Lindau, 1 bei Fried» richshafen, 2 bei Kreuzlingen, 1 bei Romanshorn und 1 bei Ueberlingen. In großer Lebensgefahr schwebten sodann bei dem Seesturm am Sonntag Abend 2 Nachen, der eine bei Rorschach mit 3, der andere bei Manzell mit ebenfalls 3 Personen.
Köln, 27. Jnli. Ein seltenes Schauspiel bot sich gestern Abend gegen 7 Uhr den Passanren der beiden Rheinufer, denn einen auf dem Strome wandelnden Menschen zu sehen, dürfte nicht zu den Alltäglichkeiten gehören. Als Wasserläufer von Oberrhein kommend, passierte um diese Zeit Kapitän Großmann, aus der Pfalz stammend, auf dem Rheine unsere Stadt. In einem leichten Lodenanzu
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