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Nr. 77.

Donnerstag 5. Juli 1900

86. Jahrgang.

Rundschau.

Am Sonntag den 15. Juli und am 26. August wird von Stuttgart über Calw nach Wildbad ein Sonderzug ausgeführt werden. Stuttgart ab 6.30 Vorm., Wildbad an 9.36. Rückfahrt Abends 8.30, Stuttgart an 11.25. Bei starker Beteiligung wird ein 2. Sonder» zug, Stuttgart ab 6.50 Vormittags aus- geführt.

Vom Lande, 27. Juni. In emem Dorfe am Fuß der Alb wird, wie der Reutlinger .Generalanz." erzählt, eine Bauersfrau öfters von Krämpfen heim­gesucht. Da bis jetzt kein Mittel helfen wollte, verfällt die Kranke und ihr ganzes Haus mit ihr auf den Gedanken, sie sei verhext. Verschiedene Bemühungen führen zur Auffindung der Hexe, der Frau eines Bäckers im gleichen Dorfe. Als die Bauersfrau eines Tages wieder vom Magenkramps heimgesucht wird, begeben sich die Verwandten der Leidenden ins Haus der Bäckersfrau, beschuldigen sie der Hexerei und bitten schließlich, sie möge doch endlich ihr armes Opfer erlösen. Bestürzt und heiße Thränen weinend, eilt die Beschuldigte znm Pfarrer und Schultheiß, um Rat und Hilfe bittend. Jetzt soll die Sache beim Amtsgericht an­hängig sein, da die Bäckersfrau nicht nur wegen der Beschuldigung Sühne bean­sprucht, sondern der Bäcker selbst pl ötzlich eingesehen hat, warum sein Geschäft in letzter Zeit wesentlich zurückgegangen ist.

Tübingen, 1. Juli. (Zum Lieben­zeller Gattenmordprozeß.) Die am 22. Juni d. I. vom Schwurgericht Tübingen wegen Mords zum Tode verurteilte frühere Löwenwirtin Marie Faas von Liebenzell hat innerhalb der gesetzlichen Frist ein Rechtsmittel gegen ihr Todes­urteil nicht eingelegt. Dasselbe wäre so­nach zu vollstrecken. Wie verlautet, soll die FaaS der Kgl. Gnade empfohlen sein und auch ihrerseits durch ihren Vertei­diger, Rechtsanwalt Bohnenberger, ein Gnadengesuch an Se. Majestät den König gerichtet haben.

Friedrichshafen, 2. Juli. Das Luftschiff des Grafen Zeppelin hat gestern tadellos funktioniert. Die Schrauben- Wirkung war sehr groß, die Stabilität vorzüglich, ebenso die Steuerfähigkeit. Während des ersten Teils der Fahrt gehorchte das Schiff völlig dem Steuer und den Schrauben, so daß es gegen und mit dem Wind bequem gefahren werde" konnte. Das Luftschiff beschrieb

zunächst eine große geschlossene Kurve. Ebenso glückten die Versuche, die Stellung der Längsachse zur horizontalen zu ändern, und hierdurch die vertikale Bewegung des Ballons zu erzielen. Beim zweiten Teil der Fahrt geriet die eine Steuer­vorrichtung in Unordnung sodaß nur ein- seitige Steuerung möglich war. Graf Zeppelin mußte infolge dessen, um bei einem ziemlich heftigen Winde über der Seefläche zu bleiben, eine Vor- und Rück­wärtsbewegung des Schiffes einleiten, welches das Fahren einer regelmäßigen Kurve verhinderte. Dieser Grund war es auch, der den Entschluß zur Landung herbeiführte, die unter allen Umständen auf dem See erfolgen mußte. Der Aeronaute Führer Baron v. BassuS beschloß infolgedessen die Landung, die in kurzer Zeit glatt und geschickt vollzogen wurde. Die G ondeln des Ballons setzten auf der Seeoberfläche völlig horizontal aus, ohne irgendwie Wasser zu schöpfen, so daß der Ballon als riesiges Luft­schraubenboot auf der Seeoberfläche in völligem Gleichgewicht schwamm. Die Fahrer blieben in den Gondeln, bis das Abfahrtsfloß herbeigeschleppt war, hierauf wurde der Ballon entlastet und allmäh­lich auf das Floß gebracht, das ihn in feine Halle zurückbrachte.

zBerIin, 30. Juni. Wie der Reichs- Anzeiger meldet, hat der Kaiser am 24. und 30. Juni an den Chef des Kreuzergeschwaders, Vice-Admiral Bende- mann zwei Telegramme gesandt. Das erste Telegramm vom 24. Juni lautet: Voller Freude über die Bravour der Il­tis und seiner Erfolge bei Taku spreche der Besatzung meine volle Anerkennung und meinen kaiserlichen Dank aus. Ich sehe, die Tapferen des alten Iltis sind neu erstanden; es wird meinen Schiffen nie daran fehlen, dess' Lin ich sicher. Dem Kommandanten LanS verleihe ich den Orden kour Io mörite, für alle Offi- ziere und Mannschaften find Ordensvor­schläge telegraphisch einzureichen. Ehre den Gefallenen. Das heutige Telegramm hat nachfolgenden Wortlaut: Es gereicht mir zu besonderer Genugthuung, daAdas Expeditios-CorpS des Kreuzer-Geschwa­ders sich unter den äußersten Anstregungen in fernen Landen vorzüglich gehalten hat. Die unerwartet an dasselbe heran­getretenen Aufgaben stellte es vor eine ernste Probe. Würdig schließt sich die Haltung von Offizieren und Manschaften den Thaten an, mit welchen der deutsche

Name verknüpft war, wo immer es sei. Ehre den Gefallenen, meine warme Teil- nahM den Verwundete». Dem Kapitän von ufedom verleihe ich den Kronorden 2. Klasse mit Schwertern. Für Offiziere und Mannschaften sind Auszeichnungs- Vorschläge einzureichen.

Berlin, 3. Juli. In einer Ansprache an das Seebataillon in Wilhelmshaven hob der Kaiser hervor: Die deutsche Fahne ist beleidigt und dem deutschen Relch ist Hohn gesprochen worden. Das verlangt eine exemplarische Bestrafung. Ich werde nicht ruhen, bis die deutschen Fahnen vereint mit denen der anderen Mächte siegreich über den chinesischen wehen, auf den Mauern Pekings aufge- pflanzt, bis wir den Chinesen den Frieden diktieren.

Dem ,Berl. Tagbl.* wird aus London genreldet: Eine unglaublich klingende Nachricht kommt aus Nanking, wo die französischen Priester die Meld­ung erhalten haben, daß seit dem 20. Juni in Peking Massenhinrichtungen von Fremden begonnen haben. Die Nachricht soll durch Läufer von den französischen Priestern aus Peking selbst eingegangen sein, die den dem Tode Geweihten das Sterbesakrament verabreichtem

Saarlouis. lieber ein militärisches Kuriosum wird berichtet: In Saarlouis wurde ein Hauptmann der Artillerie an die öffentliche Fernsprechstelle gerufen, weil man ihn von auswärts zu sprechen wünschte. Erwartungsvoll begab sich der Offizier an den Apparat, um Zu hören, was man von ihm wolle. Man kann sich leicht das Gesicht des Offiziers aus- malen, als er aus dem Gespräch zu seinem Erstaunen hörte, ^ daß ein auf Urlaub befindlicher Soldat seiner Ab­teilung ihn telephonisch um Gewährung eines Nachurlaubs von einigen Tagen ersuchte. Das Gespräch soll darauf einen ziemlich kurzen militärischen Abschluß ge­funden haben. Der telephonlustige Jünger des Mars wird wohl bei seiner Rückkehr in die Garnison darüber belehrt werden, daß der Fernsprecher in diesem Sinn, keine militärische Einrichtung ist.

London, I.Juli. Die letzten Mel- düngen aus Südafrika verzeichnen meh­rere Angriffe der Buren unter Dewet auf die Verbindungslinie des Lord Ro­berts und auf die Truppen des Lord Kitchener. Die letzten Gefechte fanden zwischen Vryburg und Lindley statt. Die Engländer hatten über hundert Tote und