Amtsblatt für öie Stadt Wttööaö. eneral-Anzeiger für Aildbsd und Umgebung.
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Nr.'T'S.
Dienstag 3. Juki 1900
36. AaHvgang.
Aiundfchait
Calw, 26. Juni. Die Wahlen im Handelskammerbezirk Calw haben folgendes Resultat ergeben: gewählt wurden A. Koch, Fabrikant in Rohrdorf mit 114 ; Julius Stöffler, Fabrikant in Herrenberg mit 114; C. Commerell, Kommerzienrat in H ö f e n mit 112, Otto Wagner, Fabrikant in Calw mit 112, G. Münster, Fabrikant in Freudenstadt mit IlO, Emil Zöppritz, Kommerzienrat in Calw mit 108, Eugen Staelin, Fabrikant in Calw mit 81, C. W. Lntz^ Kaufmann in Altensteig mit 71 und A. S ch m i d t, Kommerzienrat in Neuenbürg mit 70 Stimmen. Zu wählen waren 9 Mitglieder. Eine Agitation wurde in der Stadt Calw nicht entfaltet. Die Wahl vollzog sich ruhig wie in früheren Jahren.
Neuenbürg, 26. Juni. Ein hier beschäftigter Pflästerer von Calmbach nahm gestern das Fahrrad des Fabrikanten Schmidt, seines Geschäftsherrn, unbefugter Weise vom HauS weg und radelte damit auf die Bahnhofstraße, hatte aber das Unglück, auf ein ihm ent- gegrnkommendesFuhrwcrk hineinzurennen, wobei der dreiste Radler, noch mehr aber das Rad, übel zugerichtet wurde. Der Verunglückte soll nun auch noch 300 M. Schadenersatz leisten. Ein teurer Spaß.!
AuS Herren alb wird der „Frkf. Z." unterm 28. d. gemeldet: Heute Vor- mittag stürzte ein Kurgast Herr Bloch aus Stuttgart vom Felsen Falkenstein ab und wurde kurze Zeit darauf tot aufgesundrn. Die Stelle auf dem Felsen ist'gefährlich und entbehrt eines Geländers, die flachen Steinplatten sind glatt und bieten schlechten Halt. Der Sturz geschah an derselben Stelle, wo vor zwei Jahren ein Herr Michaelsen, Student vom Corps Bavaria in Karlsruhe, abgestürzt ist. Trotz dem damaligen Unfall ist aber bis heute noch von keiner Seite eine Schutzvorrichtung an der so sehr gefährlichen Stelle angebracht.
Ludwigsburg, 29. Juni. Heute Vorm. 8 Uhr brach in der in der unteren Wilhelmsstraße gelegenen Fabrik chemisch, technischer Produkte von Koch u. Schenk Feuer aus, das sich bei dem reichen Vorrat an Fett- und Oelstoffen mit größter Schnelligkeit über die ganze Fabrik verbreitete. Die Fabrik ist völlig zerstört, von den Vorräten an Rohstoffen und Erzeugnissen ist so gut wie nichts gerettet.
Tübingen, 20. Juni. (Schwur, gericht.) Angeklagt eines Verbrechens wider die Sittlichkeit war gestern der ledige Bauführer Friedrich Wilhelm Kümmerte von Calw. Er verübte die That am 22. März 1900 auf der Straße zwischen Hirsau und Spindlerhof, Gde. Altburg. OA. Calw, an einem 22jähr. kranken Mädchen. Der Angeklagte gab di« ihm zur Last gelegte That an sich zu. Die Unterhandlung fand bei geschlossenen Thüren statt. Die Geschworenen erachteten nur rin Vergehen der thätlichen Beleidigung als vorliegend. Auf Grund dieses Wahrspruchs wurde der Angeklagte zu 2 Monaten Gefängnis verurteilt, woran 1 Monat der Untersuchungshaft abgeht. Kümmerte wurde hierauf aus der Haft entlassen. Ankläger war Staatsanwalt Hezcl. Die Verteidigung führte Rechtsanwalt Schoffer. Als Obmann der Geschworenen war Bahndirektor Leo von Urach gewählt. — Im letzten Falle stand Vörden Geschworenen der ledige Steinbruch- arbeiter Möhrmann von Loffenau, OA. Neuenbürg, wegen eines Verbrechens des Meineids. Am 7. Mai 1900 wurde der Angeklagte in der Rechtssache der Friederike Mandler von Loffenau gegen Friedrich Schweikhardt von da, Alimente betreffend, vor dem Kgl. Amtsgericht Neuenbürg als Zeuge vernommen und beeidigt. Die Anklage legt ihm nun zur Last, er habe diesen Eid wissentlich durch ein falsches Zeugnis verletzt. Der Angeklagte war seiner That geständig und machte Beeinflussung von dritter Seite geltend, er habe eben seinem Kameraden Schweikhardt Hinaushelsen wollen. Den Geschworenen wurden zwei Fragen vorgelegt, eine auf wissentlichen Falscheid, eine auf fahrlässigen Falscheid. Hilfsstaatsanwalt Frank beantragte, die Frage nach wissentlichem Falscheid zu bejahen. Der Verteidiger Rechtsanwalt Sailer beantragte in erster Linie die Freisprechung des Angeklagten, in zweiter Linie bloß Bejahung der Frage nach fahrlässigem Falscheid. Nachdem die Geschworenen die letztere Frage bejaht hatten, wurde der Angeklagte wegen fahrlässigen Falscheids zu der Gefängnisstrafe von 7 Monaten, woran ein Monat der erlittenen Untersuchungshaft abgeht, verurteilt. Als Obmann der Geschworenen fungierte Bahndirektor Leo von Urach. Hierauf wurden die Geschworenen mit Worten des Dankes für ihre Mitwirkung in die Heimat entlassen.
Wildberg, 26. Juni. Auf dem Kirchhof in Schönbronn wurde in der Nacht vom Sonntag auf Montag eine ruchlose That verübt, indem 9 steinerne Grabdenkmale umgeworfen und beschädigt wurden. Der bübische Thäter war über die Mauer ein- und ausgestiegen, da die Kirchhofthüre geschlossen war. Die Aufregung im Ort ist groß und besteht der allgemeine Wunsch, daß der Thäter ermittelt und zu exemplarischer Strafe gezogen werden möge.
Haiterbach, 27. Juni. Letzten Sonntag den 24. ds. Mts. fand eine sehr zahlreich besuchte Versammlung des hieß Gewerbevereins im Lamm statt. Die Tagesordnung bot u. a. einen wohldurchdachten, mit vielen praktischen Beispielen belegten Bortrag über wichtige Abschnitte aus dem bürgerl. Gesetzuch. Mit sichtlichem Interesse folgten die Anwesenden dem Vortragenden Hr. Gerichtsschreiber Brehm aus Nagold. Den Schluß der Verhandlungen bildete die Uebergabe kleiner Geldprämien an solche Fortbildungsschüler, die sich im verflossenen Schuljahr durch Fleiß und regelmäßigen Schulbesuch auszeichneten.
Ulm, 21. Juni. Die Zahl der Deserteure vermehrte sich in letzter Zeit in hiesiger Garnison auffallend. Abermals wird nun ein solcher und zwar in der Person des Musketiers Emil Ferdinand Köhler aus Sundhausen bei Gotha von der 2. Comp, des Infanterieregiments 120 steckbrieflich verfolgt, der am 22. ds. in Uniform entwichen ist. Beigebracht sind der im März d. I. desertierte Musketier Georg Wilhelm Ulmschneider der 3. Compagnie Regiments 127, nachdem er in der Schweiz festgcnommen und von dort ausgeliefert wurde, ferner der steckbrieflich verfolgte Musketier Wilhelm Martin Jakob der 8. Compagnie Regiments 120, der gestern in seinem Heimatsort Eybach O.-A. Geislingen, wohin er beurlaubt war, festgenommen wurde. Aus Furcht vor Strafe wegen Urlaubsüberschreitung soll Jakob ausgeblieben sein.
Ellwangen, 28. Juni. Heute wurde die 21 Jahre alte Katharine Hiller, geb. Beck, Ehefrau des Taglöhners Friedrich Hiller, von Burgberg, O.-A. Heidenheim, wegen zweifachen Mords, begangen an ihren in die Ehe gebrachten 2 Kindern (Zwillingen), die sie vergiftete, zweimal zum Tode verurteilt. Sie zerriß