Amtsblatt für die Staöt Wilöbaö.

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Nr. 74-.

Donnerstag

28. Juni 1900

86. Jahrgang.

Rundschau.

Das erledigte RevieramtLangenbrand, Forsts Neuenbürg wurde dem Forstamts­assistenten Revieramtsverweser Bühler übertragen.

Stuttgart, 24. Juni. Der Ver­kauf des Anwesens Friedrichsstraße 35 von den Banzhaf'schen Erben an Brauerei­besitzer Leicht-Ba-hingen a. F. für die Summe von 303000 Mk. ist jetzt perfekt geworden. Wie mau hört, will Herr Leicht das ziemlich umfangreiche Anwesen zu einem guten bürgerlichen Gasthof mit Fremdenzimmern umbauen.

Stuttgart, 18. Juni. In seiner heute abgehaltenen Generalversammlung beschäftigte sich der süddeutsche Buchhänd­lerverein mit der vom preußischen Kultus­ministerium abermals geplanten Einführung einer neuen Rechtschreibung. Die sich gegen die projektierte Neuerung wendende Broschüre des Gymnasialdireklors Erbe- Ludwigsburg kam in der Versammlung zur Verteilung. Allseitig wurde darauf hingewiesen, daß eine abermalige Aends- rung schwere Nachteile im Gefolge haben werde und mit allen Mitteln bekämpft werden müsse, da sie nicht im Interesse des deutschen Volkes sei. Der Vorstand des Buchhändlervereins ist bereits beim Reichskanzler um eine Audienz eingekom­men und hat an diesen sowohl wie an sämtliche deutsche Negierungen eine Ein­gabe gerichtet, in welcher darauf aufmerk­sam gemacht wird, wie groß der Schaden sein werde, der aus einer abermaligen Aenderung dem deutschen Buchhandel und dem deutschen Geschäftsleben erwachsen müsse.

Neuenbürg, 24. Juni. Bei der gestern in Gräfenhausen vorgeuommenen Schultheißenwahl stimmten von 245 Wahl­berechtigten 2l3 ab. Von den 3 Kaudi- daten: Verwaltungsaktuar Trostel von Neuenbürg, Verwaltungskandidat Speidel von Urach und dem Assistenten beim Ver­brauchssteueramt in Stuttgart, Karl Kir- cher, gebürtig von Rothensol, hiesigen Oberamts, erhielt der letztere 184 Stim­men.

Calw. Am 16. und 17. Juli tagt hier der Württ. Forstverein. Montag, den 16. Juli findet eine Exkursionsfahrt in das Revier Liebenzell statt, mit Aus- gang im Hirsauer Revier. Abends 6 Uhr gemeinschaftliches Essen im Bad. Hof und gesellige Vereinigung daselbst. Am Dienstag, den 17. Juli Beginn der! Verhandlungen hier morgens 8 Uhr;)

Tagesordnung: Vereinsangelegenheiten. Abänderung bezw. Ergänzung der Vereins- statuten, Beschlußfassung über Zeit und Ort der nächsten Versammlung. Vor­träge: Rationelle Düngung der Forst­gärten. Die wichtigsten Bestimmungen des bürgerl. Gesetzbuchs in Hinsicht auf Forst- und Jagdverwaltung. Mitteilungen über beachtenswerte Vorkommnisse irn. Forstbetrieb. Mittags l'/s Uhr gemein- schaftliches Mittagessen imWaldhorn"

Bei dem Dichter Christian Wagner in Warmbronn, der bis vor wenig Monaten sich einer Rüstigkeit erfreute, daß er den 16 Kilometer langen Weg bis nach Stuttgart ohne Mühe zurücklegen konnte, macht sich nunmehr das vorge­schrittene Alter bemerkbar. Geistig ist Wagner immer noch frisch, aber die Körperkräfte nehmen ab, und dannt schwindet auch die Erwerbsfähigkeit des Mannes, der bei aller Anerkennung und gerechten Würdigung, die sein dichrerisches Schaffen bei Freunden echter Poesie auch über die Grenzen seiner Württemberg. Heimat hinaus gefunden hat, doch bisher keineswegs in der Lage gewesen ist, sich irdische Schätze zu sammeln. So wendet sich denn ein Aufruf (unterzeichnet vom Präzeptor Daiber in Leonberg- an Freunde und Verehrer des Mannes, der mit seinen poetischen Gaben so viele erfreut hat, mit der Bitte, auch ihn zu erfreuen und durch ihr Scherflein dazu beizutragen, die Not von ihm fernzuhalten und ihm eiuen Lebensabend so erträglich als mög­lich zu machen.

Pfalzgrafenweiler, 25. Juni. Der Beifall, den die jüngste Floßpartie auf dem Zinsbach gefunden, hat den Schwarzwaldbezirksverein Pfalzgrafenwei- ler veranlaßt, nunmehr am Feierlag Peter und Paul (Freitag) auch eine Floßpartie auf der Nagold zu veranstalten.

Mainz, 25. Juni. Der Festzug, der ein farbenprächtiges Bild bot, ist bei schönstem Wetter glanzvoll verlaufen. An demselben beteiligten sich etwa 3000 Per­sonen mit etwa 800 Pferden und 42 Wa­gen. Der Zug, dessen Grundgedanke eine Huldigung der Zeitgenossen Gutenbergs und der Nachwelt vor dem Denkmal des Erfinders darstellt, soll zugleich den Fort- schritt veranschaulichen, den Wissenschaft und Kultur durch die Erfindung der Buch­druckerkunst gemacht haben. In dem Zug trateri besonders hervor die Gruppe des Kurfürsten Adolf von Nassau, der Wagen derMorguntia", die Gruppe Augsburg

und die Hansa, der Große Kurfürst, Fried, rich der Große mit der Potsdamer Garde, Josef II. von Oesterreich mit seinen Grenadieren, die Gruppe der deutschen Staaten, sowie die Studierenden der tech- Nischen Hochschule in Darmstadt. In dem Fürstenzelte waren anwesend der Groß­herzog von Hessen, die Kronprinzessin von Griechenland, die Prinzessin Friedrich Karl von Hessen und verschiedene andere Nota- bilitäten. Der Vorbeimarsch dauerte über l'/s Stunden. Der Menschenandrang war riesig.

Shanghai, 26. Juni. Rcuter- meldvng. JnTaku sind 3000 europäische Truppen, darunter 1200 Deutsche gelan­det worden. Wie verlautet, siud die Rus­sen bei Tientsin am 22. Juni mit einem Verluste von 120 Toten und 300 Ver­wundeten zurückgeschlagen worden. 300 wal- lisische Fülisiere und 900 Mann indischer Truppen, welche von Hongkong nach Taku gekommen waren, sind zum Entsätze von Tientsin abgcgangen. Aus guter Quelle verlautet, die britische Regierung habe der chinesischen zugesichert, sie werde im Jaugtse- Thale keine Mannschaften landen, außer zu dem Zwecke, die chinesische Regierung ^bei der Unterdrückung der Ruhestörungen zu unterstützen.

Eine amtliche japanische Depesche meldet, am 24. Juni sei die Lage in Tientsin verzweifelt gewesen. Die 2400 Mann der vereinigten Mächte waren nicht siegreich. Die artilleristische Ueberlegenheit und die erdrückende Uebermacht des Fein- des vor Tiensin erhöhen die Gefahr. Die Niederlage des ersten Entsatzkorps bestä» tigt sich. Der englische Kommandant soll gefallen sein. Die Verluste der vereinig, ten Mächte belaufen sich angeblich aus 300 Mann. Eine englische Meldung auS Shanghai vom 25. ds. besagt, daß die chinesischen Truppen einen furchtbaren Angriff auf Tientsin machen. Dichte Mas­sen verschiedenartig bewaffneter chinesischer Truppen kommen von allen Seiten. Sie kämpfen mit Fanatismus und überwinden die Verbündeten durch reine Uebermacht. Die Russen haben am meisten in dem mehrtägigen Kampfe in oder bei Tientsin gelitten. Die Zahl der getöteten Chinesen wird auf 1000 geschätzt, aber immer neue treten au ihre Stelle. Mangel an Nah. rung und die beständige Beschießung soll die Einwohner von Tientsin, namentlich Frauen und Kinder, furchtbar mitnehmen Unter den am Freitag Getöteten befinde't sich derKommaudant des engi.Kriegsschiffes