Amtsblatt für die Stadt Witöbad.

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Nr. SS.

Donnerstag 14. Juni 1900

86. Jahrgang.

Rundschau.

Stuttgart, 8. Juni. Der oft be. strafte 29jähr. led. Taglöhncr Christian Grözinger von Calw, der in der Nacht vom 9. lO. Dez. v. I. den bekannten Einbruch im Laden eines Verkäufers der Brunnenstraße hier ansführte und dabei Gold- und Silberwaren, Waffen und Kleidungsstücke und andere Gegenstände im Wert von 1455 Mk. wegnahm, die er sofort an 3 Stellen des Bothnanger Waldes versteckte, wurde der Strafkam­mer vorgeführt, nachdem er wiederholt die Hauptverhandlung dadurch unmöglich gemacht hatte, daß er sich geisteskrank stellte. Nachdem derselbe 6 Wochen in der Heil- und Pflegeaustalt Winnenthal beobachtet worden ist, erklärten ihn die Sachverständigen, Obermedizinalrat Or. Zeller von Winnenthal und Medizinalrat Or. Köstlin, für zurechnungsfähig, jedoch an Epilepsie leidend. Ter Angekl. hat auch schon in der französischen Fremden­legion in Algerien gedient nnd hielt sich seit Sommer 1898 wegen seiner Vor­strafen unter dem falschen Namen Karl Gerwig aus Hermannstadt hier und in Nachbarorten aus. Der Angekl. wurde wegen schweren Diebstahls unter Annahme mildernder Umstände zu einer Gefängnis­strafe von 3 Jahren, wovon 4 Monate für Untersuchungshaft abgehen, nebst 5jährigen: Ehrverlust und wegen Führung eines falschen Namens 'zu 2 Wochen Haft verurteilt.

Stuttgart, 7. Juni. Einen kleinen Denkzettel hat ein übereifriger Geschäfts­reisender gestern vom Amtsgericht erhal­ten. Derselbe war mit seinem Musterkoffer in den Laden des Klägers gekommen. Letzterer hatte wiederholt erklärt, daß er nichts brauche- und machte immer aufs neue Offerten. Schließlich ließ der Ge- schäftsinhaber einen Schutzmann holen, der die Personalien des Reisenden fest­stellte, worauf Anklage wegen Hausfrie­densbruchs erfolgte. In dem Termin wurde denn auch der Reisende wegen Hausfriedensbruchs zu einer Geldstrafe von 20 Mk. verurteilt; auch hat er die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Tein ach, 10. Juni. Eine kürzlich ergangene Entscheidung des Reichsgerichts in Leipzig dürste allgemein interessiren. Der gegenwärtige Badbesitzer G. Brake, hatte nämlich gegen die württemb. Staats­finanzverwaltung Klage erhoben, um jener Servitute ledig zu werden, die im Kauf­verträge vom 1./5. Sept. 1864 dem da­

maligen Käufer und seinen Rechtsnach­folgern vom verkaufenden Staate aufer- lcgt worden waren, um den Fortbestand Teinachs als Kurort zu sichern. Schon das Oberlandesgericht Stuttgart hatte als Berufungsgericht mit Urteil vom 18.

Jan. 1900 unter teilweiser Abänderung des in erster Instanz ergangenen Urteils des Landgerichts Tübingen vom 15. Mai dahin erkannt, daß sämtliche Ansprüche der Staatsfinanzverwaltung aus dem er­wähnten Kaufverträge gerechtfertigt seien und der Kläger die Kosten des Rechts­streits zu tragen habe. Nun hat auch an:

18. Mai d. I. auf eingelegte Revision des Vadebesitzers das Reichsgericht ent­schieden:Die gegen das Urteil des Ober­landsgerichts Stuttgart eingelegte Revision wird zurnckgewiesen und werden dem Revisionskläger die Kosten der Revisions­instanz auferlegt." Damit hat das Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart die Rechtskraft erlangt. ^Somit ist der Bade­eigentümer auch fernerhin im Besondern verpflichtet, die Mineralquellen im Stand zn erhalten, das Mineralbad und den Mineralwasserverkauf fortzutreiben, na- mentlich das Mineralbad vom 1. Mai bis 30. September jeden Jahres offen zu halten, Wasser der alten Quellen unent­geltlich an die Bewohner Teinachs und dessen Umgegend abzugeben, die Mineral­quellen und das Badhauptgebäude nur mit Genehmigung der Finanzbehörde im Besitze zu trennen, die außerhalb der Badgebäude wohnenden Kurgäste in keiner Weise nachteiliger als seine eigenen Gäste zu behandeln, endlich die stiftungsmäßigen Armenbäder zn verabreichen. Es darf daher allen Besnchern unsres Bades Ge­legenheit zu ungestörtem Kurgebrauch ver­heißen werden.

Böblingen, 8. Juni. Am letzten Mittwoch Nachmittag brachte ein Gewitter bei starkem Stnrm dichten Hagel, der an den vielversprechenden Bäumen und den prächtig stehenden Fluren beträchtlichen Schaden anrichtete. Auch wurde durch die ungeheuren Wassermassen von dem Feld viel guter Boden thalabwärts ge­schwemmt. Am schwersten betroffen wurde der südliche Teil unseres Oberamts, der Schaichhof und Weil i. Sch. Auch ein Teil der Markungen Holzgerlingen hies. Oberamts und Gärtringen und Nufringen O.A. Herrenberg bekamen starken Hagel mit wolkenbruchartigem Regen, der ebenfalls an den Früchten! stehender Folge das jetzt noch lebende und Wiesen großen Schaden anrichtete. Brüderpaar Baron Paul Adolf v. Mols-

Weilderstadt, 8. Juni. (Korr.) Der Schwindler, welcher ans dem Weilder- stadter Markt bei einem Kauf einem Bauern statt einer Geldrolle im Wert von 100 Mk. ein versiegeltes Eisenstück gab, ist ein Einwohner von Weissach O.A. Vai­hingen a. E. Derselbe ließ das Eisenstück von einem dortigen Schmied anfertigen, wird aber den Schwindel schwer büßen müssen.

Pforzheim, 10. Juni. Daß unsere Stadt seinen Ehrenbürger den Fürsten und Alt-Reichskanzler, Bismark, in ehren­dem Gedächtnis behält, davon gab der heutige Tag ein sehr beredtes Zeugnis. Vormittags kurz nach 11 Uhr bewegte sich ein großartiger Festzug von dem Turn­platz zum Bahnhof, allwo dort oben bei der althistorischen Linde ein Denkmal er­richtet und die Hülle, welche die aus Erz gegossene Gestalt des Fürsten bedeckte, entrollt wurde. Stolz steht das Denkmal da, ein Zeugnis gebend von deutscher Macht und Treue. Vor dem Denkmal nahinen Aufstellung die 3 militärischen Vereine, Veteranen-, Militäx- und Krie­gerverein, viele Abgeordnete des Land­bezirkes, die Reserve und Landwehroffi­ziere, staatliche und städtische Behörden, eine Reihe von Gesangvereinen, der Turn­verein, der Turnerbund, die freiwillige Feuerwehr und 3 Musikkapellen. Mit trefflichen und patriotischen Ansprachen wurden mehr als 20 Kränze mit prächtigen Widmungsschleifen niedergelegt, Abends 8 Uhr fand im Saalbau Festbankett statt. Auf den reservierten Gallerten hatte sich ein prächtiger Damen-Flor eingefunden. Ansprachen, Toaste, Gesänge und musikali­sche Vorträge wechselten ab.

Aus Mainz erhält dieFrkf Z." über Gutenbergs letzte Nachkommen fol­genden Bericht, der für württ. Leser von besonderem Interesse ist: Unter den vor­aussichtlich zahlreichen Gästen, welche die alte Nossuntiu zum Fest des 500jährigen Geburtstags Gutenbergs erwartet, ver- dienen namentlich zwei ganz besondere Beachtung, sind es doch die beiden letzten männlichen Nachkommen aus Gutenbergs Geschlecht. Der Oheim des kinderlos ge­storbenen Erfinders, Ortlieb Gensfleisch zur Laden, verheiratete nämlich seine Tochter Hildegard, also Gutenbergs-Base, an den Mainzer weltlichen Richter Johann v. Molsberg (14241465.) Aus dieser Verbindung stammt in urkundlich fest-