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40 Millionen Fällen Personen Entschädig­ungen auf Grund der Versicherungs-Ge­setze erhalten; und zwar Entschädigungen im Gesamtbeträge von nahezu 2413 Millionen Mark. Nahezu 1 Million Mk. gelangt heute täglich als Entschädigung an jährlich mehr als 4 Millionen Arbeiter. Diese Gesamtsumme verteilt sich auf jähr­lich 150 Millionen Mark, die 3-/« Will. Erkrankten zugute kommen ; auf 85 Will., die an etwa 500000 Unfalls-Rentner ausgezahlt werden und auf 80 Millionen, die als Jnvaliditäts- und Alters-Renten gezahlt werden. Von den insgesamt bis­her aufgebrachten 2'/s Milliarden Mark haben die Arbeitgeber 1099 Millionen, die Arbeiter selbst 1164 Millionen bei­gerragen, während der Reichszuschuß sich auf 150 Millionen beläuft. Ans diesen Zahlen geht hervor, daß bisher die Ar­beiter mehr als eine Milliarde mehr empfangen haben, als sie ihrerseits zu den Versicherungs-Summen beisteuerten. Ferner aber ergiebt sich aus diesen Zahlen die Thatsache, daß die deutsche Arbeiter- Versicherungs-Gesetzgebung ein soziales Riesenwerk bedeutet, in dem Deutschland allen übrigen Kulturstaaten weit voraus ist.

Chicago, 30. Mai. Hier ist ein Diebstahl vorgekommen, der geradezu einzig dasteht. Gestohlen wurden fünf Millionen Mark Gold und für einige 50000 Mark Silberbarren. Das Geld bestand aus 48 Barren, die je 100 Psund wogen, und wurden aus einem Wagen der Chicago Termum! Transfer Railway Linie gestohlen. Die Eigentümer der Sendung, die an eine Bank in Kalifor­nien bestimmt war, wollten die Sache besonders schlau angreifeu, um die kost­bare Ladung zu sichern und, so unglaub­lich es klingt, ließen die Barren in ge­wöhnlichen Frachtkisten in einem Güter­wagen stehen. Die besonderen Sicher­heitswagen für Geldtransporte zogen bis jetzt regelmäßig die Aufmerksamkeit der professionellen Eisenbahnräubcr auf sich, und um diesen Virtuosen der Einbrecher­zunft, die die schlimmste Plage der Paci­fic Railway sind, sollte die Geldsendung so unauffällig als möglich passieren. Der Erfolg entsprach nicht ganz den Erwart­ungen, denn die ganze Ladung wurde wie gesagt, gestohlen. Zur Transpor­tierung der 20 bis 25 Ztr., die das Gold und Silber zusammen wogen, müssen offenbar eine ganze Anzahl Personen ge­holfen haben, und es ist nicht ganz klar, wie das den Aufsehern eutgeheu konnte. Die gesamte Polizei Chicagos ist natür­lich alarmiert und Piukerton hat seine besten Leute ausgeschickt, um die Spitz­buben zu fangen.

Vom Kriegsschauplatz in Südafrika.

London, 5. Juni. (Telegr.) Eine Depesche von Lord Roberts aus Prä- toria von heute Vormittag lautet: Wir sind im Besitz von Prätoria. Der offizielle Einzug erfolgt um 2 Uhr Nach­mittags.

London, 2. Juni. Wie ans Prätoria gemeldet wird, sind Präsident Krüger und Staatssekretär Reitz sowie andere Mitglieder der Regierung von üydenburg abgereist. Die Regierung läßt keine Informationen für das Ausland mehr veröffen.lichen. Die Lage wird stündlich kritischer.

Lourenzo - Marques, 2. JunL Nach derTimes" gehen hier wider­sprechende Gerüchte um. Nach dein einen ist Präsident Krüger nach Prätoria zu­rückgekehrt, um die Uebergabe zu beschleu- nigen. Nach dem anderen seien die Engländer vor der Stadt znrückgeworfen worden. Ferner wird gemeldet, daß die Buren in das nordöstliche Gebiet des Freistaates eingerückt seien und bei Ven­tersburg und Harrysmith kämpfen.

Präsident Krüger befindet sich in Machododorp, zwischen Pretoria und Ly- denburg und erklärt, daß er den Krieg bis zum Aenßersten fortsetzcn werde.

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Das Duell.

Humoreske, nacherzählt von F. Kirchner.

Einer der harmlosesten, gemütlichsten Menschen von der Welt war Dr. Weichscl- rohr in Mühlhausen; er war, wie man zu sagen pflegt, die gute Stunde in eigener Person. Und doch traf es sich einmal, daß er beinahe Blut vergossen hätte um seine Ehre zu retten. Wie der Streit angefangen, darüber schweigt die Geschichte; aber Thatsache ist, daß Dr. Weichselrohr mit einem ebenso harmlosen, friedlieben­den Menschen wie er selbst, dem benach­barten Gutsbesitzer Wägele, ein Duell hatte.

Dr. Weichselrohr hatte in seinem Leben keinen Degen iu der Hand gehabt, und nun sollte er sich auf Degen schlagen? Und sein Gegner, hatte man ihm beige­bracht, war ein furchtbarer Haudegen. Was thun? Sich wehrlos Niederschlagen lassen? Nein, da muß der Fechtmeister Rath schaffen.

Besitzen Sie tüchtige Kraft in Mus­keln und Armen?" fragte dieser.

Danke der gütigen Nachfrage; daran fehlt's Gott sei Dank nicht."

Vortrefflich! Dann fehlt es Ihnen wohl auch nicht an der nötigen Kalt­blütigkeit. Ich gebe Ihnen nun den Rath, halten Sie Ihre Waffe fest in der Hand, die Spitze gegen das Auge Ihres Gegners gericbtet, und greifen Sie nie- mäls an! Meiden Sie jede Kreuzung der Waffen und warten Sie ruhig ab, bis Ihr Mann, Ihrer Unbeweglichkeit über­drüssig, sich von selbst in Ihre Klinge liefert."

Sie glauben wirklich, daß er das thun werde?"

Nur zu wahrscheinlich. Auf alle Fälle wagen Sie nicht zu viel in dieser zuwartenden Stellung."

Aber wenn mein Gegner, der Haare auf den Zähnen haben soll, auf mich eindcingt?"

Dann gehen Sie zurück!"

Schon recht; wenn er dagegen zu- rückgehen sollte?"

Dann gehen Sie nicht vor!"

Dr. Weichselrohr schritt gedankenvoll heimwärts, um seine Angelegenheiten zu ordnen; denn immerhin mußte er sich auf das Schlimmste gefaßt halten.

Noch war keine Stunde verflossen, daß Weichselrohr bei dem Fechtmeister vorge­sprochen hatte, als auch sein Widerpart, Herr Wägele, an der Thüre des Letzteren klopfte.

Eine schöne Geschickte ist das!" be­gann er sofort.Ich bin der friedfertigste

Mensch von der Welt und soll mich morgen schlagen mit einem der renommiertesten Raufbolde weit und breit; Sie können ihn gewiß, mit Dr. Weichselrohr."

Unserem Fechtmeister fiel es schwer, das Lachen zu unterdrücken; nachdem er sich mühsam gefaßt, fragte er seinen Be­sucher verbindlichst, womit er ihm dienen könne.

Um die Wahrheit zu sagen, Herr Fechtmeister, ich möchte von Ihnen gern eine recht feine Finte lernen. Ich hatte mein Lebenlang noch nie Gelegenheit, einen Degen zu führen. Nun möchte ich zwar meinen Gegner nicht unglücklich machen, aber trotzdem ist es recht und billig, daß ich den Kampfplatz wenigstens mit ähnlichen Aussichten auf Erfolg, wie er selbst, betrete."

Mit den Finten," belehrte ihn der Waffenknndige, ,ist's eine gefährliche Sache, zumal für Jemanden in Ihrer Lage, der nicht einmal die ersten Elemente der edlen Fechtkunst los hat. Dergleichen werde ich Ihnen also nicht beibringen. aber einen guten Rat kann ich Ihnen geben, mit dem es Ihnen nichl fehl gehen soll."

Ich will ihn gewiß befolgen."

(Schluß folgt.)

Gemeinnütziges

- Weiße Stroh hüte kann man wie derPraktische Wegweiser", Würz- bnrg, schreibt, mit Hilfe reiner, weicher Seife, Wasser und einer Bürste leicht selbst reinigen, nur muß man sie beim Trocknen auf eine ebene Unterlage bringen und entsprechend beschweren oder über ein Gefäß ziehen, damit sie sich nicht verzerren. Häufig wird das Stroh durch die Sonne gelb, solche Hüte lassen sich nur durch schweflige Säure bleichen; dies geschieht in der Weise, daß man die feuchten Hüte in einen geschlossenen Kasten bringt und darin der Einwirkung der Dämpfe von brennendem Schwefel unterwirft. Auch einfache Schwefelblüte, mit der die feuchten Hüte wiederholt bis zum Trockenwerden abgerieben wer­den, hat bei nicht zu sehr vergilbten Hüten hinreichende Bleichkraft.

Vermischtes

Eine originelle Form der Selbst- regieruug wurde in den Knaben- und Mädchenschulen von Syrakus im Staate New - Aork eingeführt. Die Schule ist dort eine Gemeinde im kleinen: Die Schüler sind die Bürger und wählen aus ihrer Mitte den Bürgermeister, den Gemeinderat, die Richter und Polizei­diener. Räte und Rätinnen halten wöchentlich eine Sitzung, die Richter aber treten jede Woche zweimal zusammen und entscheiden über alle Disziplinarfälle: Unaufmerksamkeit, Trägheit, Fluchen und Prügeleien; auch erteilen sie Verweise und verhängen Strafen, wie eine Stunde lang stehen müssen, Stubenarrest, Carcer und Isolierung von den anderen Schüler. DieJndspendance Roumaine" erzählt uns auck, daß die Lehrer nur als Zeugen erscheinen und keine Stimme haben. Räte und Rätinnen, die sschon zweimal bestraft wurden, müssen ihr Amt nieder- legen. Der Schulvorstand Montgomery rühmt in seinem Bericht, daß sich die Neuerung vortrefflich bewähre und die Schüler für ihren künftigen Beruf als