Amtsblatt für die Stadt Wilöbaö.

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Nr. SS.

Rundschau.

Stuttgart, 31. Mai. Wohl noch nie dagewesen ist ein Vorkommnis, das sich heute abend im Kgl. Hoflheater er­eignete. Es sollte das Sudermann'sche StückDas Glück im Winkel" gegeben werden. Die Theaterbesucher hatten schon alle ihre Plätze eingenommen. Die Zeit des Beginns war bereits verstrichen und das Theaterpublikum wartete und wartete. Aber trotz der größten Anstrengungen des Maschinenpersonals gelang es nicht, den eisernen Vorhang in die Höhe zu bringen. Infolgedessen mußte die Vor­stellung unterbleiben nnd die Theaterbe­sucher unverrichteter Sache nach Hause gehen. Selbstverständlich wurden die be­zahlten Eintrittsgelder alsbald zurücker­stattet.

Neuenbürg, 1. Juni. Seit 8 Tagen wird im nahen Brötzingen die 15 Jahre alte Anna Birk vermißt. Bis jetzt fehlt jeder Anhaltspunkt über das Verschwin­den des Mädchens.

DemEnzthäler" wird aus Feld- rennach berichtet: In der Gemeinde Langenalb erzählen die Leute haar­sträubende Dinge von einem sogenannten Hexenbanner, der gegenwärtig dort sein Wesen treibt. Voriges Jahr konstatirte er mit großer Wichtigkeit, daß in der Gemeinde Langenalb 5 Hexen ihre Macht entfalten. Nun soll eine davon gestorben sein. Furcht und Entsetzen überfiel die Leichtgläubigen. Man ruft den Hexen­meister in die Ställe, um von den Kühen mehr Rahni zu bekommen. Die Jung- frauen und Jünglinge lassen sich die Zukunft im rosigsten Lichte schildern. Je rosiger die Zukunft, desto besser der Ver­dienst! Die Frauen brauchen ihn in An­gelegenheiten, die nicht näher genannt werden mögen. Sogar an ein Krankenbett wurde der Vielgepriesene gerufen, um auch auf diesem Gebiet seine Kunst zu erproben. Tag über sammelt der gegenwärtig auf der Spitze seines Ruhmes stehende Zauberer allerlei Kräuter, die er unter den Leuten mit eindrucksvollen Verhaltungsmaßregeln austheilt. Seine Wahrsagungen liest er aus den Sternen. Auch behauptet er, vier Wochen scheintot gewesen zu sein, während welcher Zeit er in einer anderen Welt gewesen und Anleitung zu seinen Künsten empfangen haben will.

DemGrenzer" wird aus Freu­de n stad t geschrieben: Ein geriebener Gauner ist der Fahrradhändler Emil

Donnerstag 7. Inni 1900

I Kleinhase in Oldenburg i. Gr. Derselbe

j inseriert in allen möglichen Zeitungen Fahrräder und zwar auf Abzahlung bei 20 Mk. Anzahlung. Das Geschält ren­tierte sich gut. Die Anzahlungen wurden geleistet, die Räder aber nicht geliefert. Nun ist der Schwindler verduftet und die Zahl der Geprellten ist groß.

Die ordentlichen Schwurgerichts­sitzungen des II. Quartals 1900 werden in Tübingen am 18. Juni eröffnet. Zum Vorsitzenden ist Landgerichtsrat vr. Kapff von da ernannt worden.

Baden, 4. Juni. Der Schah von Persien wirs im Juli unserer Stadt einen Itägigen Besuch abstatten.

Baden-Baden, 1. Juni. Ein großes Unwetter mit Hagelschlag ist über unsere Gegend niedergegangcn. Reben, Obst und Feldfrüchte sind vernichtet.

Karlsruhe, 1. Juni. Infolge eines heftigen Gewittersturmes stürzte heute nachmittag kurz nach 2 Uhr das Gerüst an dem Neubau des Oberlandesgerichts ein, die noch auf dem Gerüste arbeitenden Maurer unter den Trümmern begrabend. Bei den sofort vorgenommencn Rettnngs- arbeiten wurden sieben Maurer ans dem geradezu ungeheuer übereinandergestürzten Haufen von Gerüststangen herausgeholt. Einer der Leute, ein Italiener war tot, drei Maurer waren schwer, drei leicht verletzt. Die Verletzten wurden sofort in das Krankenhaus geschafft. Die üb­rigen am Ban beschäftigten Personen hatten sich glücklicher Weise retten können, sodaß weitere Unglückssälle nicht zu be­klagen sind.

Elberfeld, 30. Mai. In welch frivoler Weise zuweilen Personen nicht nur ihr eigenes Leben, sondern auch das ihrer Mitmenschen gefährden, zeigte eine Verhandlung vor der Strafkammer. Der Schachtmeister Johann Raisaczack von Düsseldorf, der zuletzt in Remscheid be­schäftigt war, hatte in der Umgebung der Stadt Sprengungen auszuführen und die Erlaubnis erhalten, hierzu als Sprengstoff neben Sprengpulver auch Dynamit zu verwenden. Auf dem Wege von und zu der Arbeitsstätte benutzte er die Straßen­bahn und legte das Sprengpulver und das Dynamit verpackt neben sich ans den Vorder- bezw. Hinterperron, je nachdem erlauf den einen oder andern Platz zu sitzen kam. Daß die Fahrgäste in unmittelbarer Nähe des gefährlichen Sprengstoffes Zi­garren rauchten, störte ihn nicht im Ge­

86. Jahrgang.

ringsten, ja er steckte zuweilen selbst eine Zigarre in Brand. Erst als einer der Fahrgäste eines Tages bemerkte, daß aus einem der Packele etwas herausrieselte, wurde R. der Leichtsinn gelegt. Die Frage, was sich in den Pasteten befinde, beantwortete er mit der gleichgiltigsten Miene der Wahrheit gemäß. Tie Folge aber war, daß er sofort ausgesetzt und Anzeige gegen ihn erstattet wurde. Die Strafkammer erkannte gegen den leicht­sinnigen Schachtmeister aus ein Jahr Ge­fängnis.

München, 1. Juni. An einem Neu­bau der Westermühlstraße kam nachmit­tags ein Maurerjunge zum Palier und richtete folgende seltsame Botschaft an diesen aus:An schöna Gruaß vom Maxl er kann heut nimma komma, weil er si' derschiaßt!" Heute Morgen kam der Müller-Maxi wirklich nicht mehr, weil er sich thatsächlich erschossen hatte. Der Maxi" war ein ganz solider Mann und tüchtiger Arbeiter.

Ans Anlaß der 500jährigen Wie­derkehr des Geburtstages des Erfinders der Buchdrnckerkunst, Johannes Guten­berg, hat ein Mainzer in London 10 000 Mark für das Gntenberg Museum der Feststadt gesammelt, außerdem haben die hessischen Landtagsabgeordncten für den gleichen Zweck 25 000 Mk. bewilligt. Für den Festzug, der an Großartigkeit seines gleichen suchen wird, giebt die Stadt Mainz 25 000 Mk. her und von Seiten der Bürgerschaft sind 30000 Mk. aufgebracht worden. In welcher Weise einzelne Vereine für eine glänzende Durch­führung des Gutenbergfestzuges eintre- ten, mag als Beispiel die Mainzer Lieder­tafel dienen, die 10 000 Mk. aufbrachte.

Heber einen neuen Anlauf zu einer einheitlichen deutschen Rechtschreibung be­richtet die Köln. Ztg.: Wie wir erfahren, ist auch der Reichskanzler Fürst Hohen­lohe von der Unhaltbarkeit der jetzigen Rechtschreibungszustände durchdrungen und bringt der Frage die lebhafteste persönliche Teilnahme entgegen. Er soll entschlossen sein, eine Einigung auf diesem Gebiet anzubahnen.

Von den 56 Millionen Einwohnern des deutschen Reiches sind 16 Millionen Arbeiter im eigentlichen Sinne. Von den Einwohnern in ihrer Gesamtheit sind 9 Millionen gegen Krankheit, 17 Millionen gegen Unfall, 13 Millionen gegen In­validität und Not des Alters versichert. Vom Jahre 1885 an haben bisher in