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Ich sah sie noch, die brave Frau, mit ihrer weißen Haube, die wie ein Schmetter» ling auf ihrem Kopfe hin- und herschwebte, wie sie mir fortwährend wiederholte:
„Aber Junge, willst Du den Dein ganzes Leben mit Nichtsthun zubringen?"
Schließlich mußte ich mich aber doch zu einem Berufe entscheiden.
Eines Abends hatte ich mich ungefähr zwei Meilen vom Pachthofe entfernt, da sah ich einen großen Wagen Heranrollen, der wie ein Seiltänzerkarren aussah. Darin saßen ungefähr 15 Personen, Männer und Frauen, die alle gold- und silberge» stickte Kostüme trugen. Sie sangen und schienen verteufelt lustig zu sein. Der Wagen hielt und ein hochgewachsener Mann mit olivenfarbenem Gesicht war ausgestiegen und betrachtete prüfend die Räder. Ich näherte mich diesem Manne und sagte mit meiner liebenswürdigsten Miene:
„Möchten Sie mich mitnehmen, mein guter Herr?"
Er wandte sich um, sah mich vom Kopf bis zu den Füßen an und brach in ein lautes Lachen aus.
„Haha, wie alt bist du denn?"
..12 Jahr".
„Teufel, Du bist aber früh reif . . . Aber deine Eltern, was werden die dazu sagen?"
„Meine Eltern ..."
Ich wollte eben antworten, daß ich fest entschlossen wäre, die Großmütter Renaude zu verlassen,^ besann? mich aber eines Besseren und versetzte in entschlossenem Tone:
„Meine Eltern? Ich habe gar keine, ich bin Waise, ich ziehe von Dorf zu Dorf,
und da ich eine sehr schöne Stimme habe, so singe ich. Ich singe den guten Seelen, die mir etwas zu essen und einen Schluck süßen Wein zu trinken geben, Volksmelo- dien vor". Der Mann mit den Trikots und dem gelben Gesicht stieg wieder in den Wagen, sprach mit seinen Gefährten und rief nach kurzer Pause:
.„Nun gut, steige ein!"
Ich sprang wie ein Eichkätzchen in den Wagen und fort ging's.
Ich gestehe, daß mir in diesem Augenblick das strenge Gesicht der Dame Renaude vor Augen trat. Ich stelle mir die brave Frau vor, wie sie auf der Suche nach ihrem kleinen Clement die Gegend durchstreifte, sich allen Heiligen anempfahl und mich von irgend einem Ungeheuer der Provence verschlungen glaubte.
Die Nacht brach herein und schließlich schlief ich in einem Winkel des Wagens ein, von den Gesängen meiner Reisegefährten eingewiegt.
(Schluß folgt.)
Gemeinnütziges.
Eichenrinde nthee ist leider den meisten Leuten ganz unbekannt, und wäre doch, wie der „Praktische Wegweiser"' Würzburg, schreibt, für viele Tausende ein nützliches Hausmittel. Recht schwächliche Naturen sollten jeden Morgen und Abend 2—3 Löffel voll Eicheurindenthee trinken; er kräftigt, wie kaum ein anderes Mittel, ist gut zu trinken, widersteht nicht, macht frisch und behaglich. Er wirkt noch besser, wenn etwas Wein daran kommt, ganz besonders wirksam aber ist dieser Thee, wenn etwas Honig beigemischt oder damit gesotten wird.
Erlaß des Ministeriums des Innern
an die K- AberärnLer unö an die ^ol'iZeibehör- öen, Letr den WerLrieb non Waren nach dein sogenannten Hella- oder Kyöraspstern.
In neuester Zeit suchen einzelne inländische und ausländische Versandtge- schäfte Waren durch das sogenannte Gella- oder Hydra-Verkaufsystem abzusetzeu. Hiebei werden Bezugsscheine (Koupons) zu billigem Preis ausgegeben, in denen die Lieferung einer Ware von bedeutend höherem Wert (gewöhnlich einer Uhr, eines Schmuckgegenstandes, eines Fahrrads, einer Nähmaschine, aber auch eines Hutes, Schirmes oder Messers und dergl.) unter der doppelten Bedingung zugesichert wird, daß
1) der Käufer des Bezugsscheins eine Anzahl beigegebener, vom Erwerber des Hauptbezngsscheins dem Unternehmer gleichfalls zu bezahlender Nebenbezugsscheine weiter verkauft und daß
2) die Erwerber der letzteren Bezugsscheine, welche dann in ihrer Hand zu Hauptbezugsscheinen werden, ihrerseits je eine gleiche Anzahl von abzusetzenden Nebenbezugsscheinen dem Unternehmer abkaufen und bezahlen.
Da diese Bedingungen nur schwer zu erfüllen und von dem Käufer des Koupons kaum zu kontrollieren sind und deshalb zahlreiche Koupons nicht zur Einlösung gelangen, so birgt dieses Verkaufssystem die Gefahr einer Ausbeutung des Publikums auch dann in sich, wenn die von dem Unternehmer gelieferten Waren dem zugesicherten Wert entsprechen.
Da die bestehende Gesetzgebung die Erlassung eines Verbots dieses Betriebssystems nicht ermöglicht, so werden die Polizeibehörden angewiesen, mit Strenge darüber zu wachen, daß bei dem Vertrieb der Gella-Koupons wenigstens die Schranken der bestehenden Gesetze eingehalten werden, und Verstöße gegen die letzteren zur Bestrafung zu bringen. Insbesondere wird darauf aufmerksam gemacht, daß Inhaber von Koupons, welche, ohne im Besitz eines Wandergewerbe, scheins, außerhalb des Wohnorts durch den Absatz von Koupons Warenbestellungen aufsuchen, gemäß K 148 Ziff. 7 der Gewerbeordnung strafbar sind, daß ferner Personen, welche im ständigen Auftrag des Gella-Unternehmers Koupons ver» treiben, ohne eine Legitimationsurkunde zu besitzen, eine Strafe gemäß tz 148 Ziff. 5 a. a. O. verwirken. Ferner ist zu kontrollieren, ob nicht die Unternehmer in öffentlichen Bekanntmachungen, Prospekten rc. unwahre und zur Irreführung geeignete Angaben thätlicher Art machen, und bejahendenfalls strafrechtliches Ein» schreiten auf Grund des tz 4 des Gesetzes zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs vom 27. Mai 1896 zu veranlassen.
Stuttgart, den 15. Mai 1900. Pischek.
Der Kgl. Griech. Consul, Herr Jul.
Menzer, Neckargemünd, Chef und (feit 1867) alleiniger Inhaber der Import, firma Griech. Weine I. F- Menzer, Neckargemünd u. Berlin, erhielt zum 60- jährigen Bestehen der Firma von S. Excellenz, dem außerordentlichen Gesand. ten und bevollmächtigten Minister Sr. Majestät des Königs der Hellenen, aus Berlin nachstehende Gratulation: liSZution äs 8u Nujssts 1s Roi äss RsUsnss.
Berlin, 2. Mai 1900. Rankestr. Nr. 1.
Verehrtester Herr Consul!
Ich erfahre soeben, daß Sie gestern das 60jährige Jubiläum Ihrer hochgeschätzte» Firma feiern konnten. Bitte versichert zu sein, daß wir bei dieser Gelegenheit mit aufrichtiger Dankbarkeit der unvergeßlichen Verdienste gedenken, welche Sie Griechenland gegenüber erworben haben. Sie waren es, der schon im Jahre 1876 die edlen Eigenschaften der griechischen Weine erkannten und Ihrer unermüdlichen Thätigkeit ist es zu verdanken, wenn dieselben nunmehr als willkommener und wertvoller Labtrunk in den breitesten Schichten des deutschen Volkes gepriesen werden. Genehmigen Sie für diese glänzenden Ergebnisse Ihres nie versagenden Fleißes unsere herzlichen Glückwünsche und mög' es Ihnen vergönnt sein in voller Rüstigkeit und ;im Kreise Ihrer Söhne auch das lOOjähr ge Jubiläum zu feiern.
Mit vorzüglicher Hochachtung (gez.) Cleon Rangabe.
Stelle Gesuch.
Gewandte jüngere Frau (ohne Kinder) die aufs Beste empfohlen werden kann, sucht Saison - Stelle für Zimmer, Weißzeug oder ähnliches.
Näheres durch die Expedition d. Bl.
Käse.
Gute fette Emmenthakerkäse ver
sendet in Postkolli das Pfund zu 60 Pf. ebenso fette, gelbe und weichschnittig Backsteinkäse von 9 Pfund ab zu Probe das Pfund zu 30 Pf. gegen Nach nähme.
Laserei Nothfelden
DA. Nagold.
I. Eppingers Fournierhandlung Stuttgart,
38 Olgastraße 28.
Unabänderliche Ziehung
38. Mai bis 6. Juni.
Woykfahrts Loose
L 3 58 ^ mit Liste, Haupttreffers
188 888 baar. 16870 Geldgewinne Mark 575000
Stuttgarter Getdloose 1 Mk.
Haupttreffer 28 888 3 div. Originalloose 8 mit Listen. Verkaufte über 31 I. Haupttreffer.
C. Breitmayer, Generalagent, Stuttgart.