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serstich, der Steuermann einen Revolver­schuß in die Schulter. Von 4 im Ranch­salon Karten spielenden Reisenden wurde einer durch einen Schuß in die Stirne getötet, da derselbe trotz der Drohung des betreffenden Individuums eine un­willkürliche Bewegung machte. Als das Schiff in Köping anlangte, sprang der Mörder in ein Rettungsboot und ru- derte davon. Mit dein Steuermann als Führer ging das Schiff nach Stockholm weiter, wo es heute Morgen anlangte. Die Polizei ging an Bord und nahm die Leichtverwundeten in Gewahrsam, wäh­rend 4 Schwerverwundete ins Kranken­haus übersührt wurden.

An Bord desPrinz Carl" wur­den 12 Personen angeschossen ausgefun­den, wovon 6, darunter der Kapitän, bereits gestorben sind. Die übrigen, auf dem DampferPrinz Carl" befindlichen Personen, waren eingesperrt. Der Mör­der wird polizeilich verfolgt.

Eskilstuna, 17. Mai. 4 Polizisten verfolgten eine hieher gekommene Per­sönlichkeit, deren Signalement mit dem Mörder vom DampferPrinz Carl" übereinstimmt und verhafteten den Ver­dächtigen nachmittags im Wartesaale von Skogstorp. Im Augenblick der Verhaft- ung wollte derselbe einen Revolverschuß auf die Polizisten abfenern, wurde je­doch entwaffnet. In seinem Besitz wur­den 2 Revolver und 57 Patronen ge­funden. Der Verhaftete erklärte, mit einem gewissen I. P. Nordlund iden­tisch zu sein, welcher im April nach Ver­büßung einer Strafe wegen Brandstift­ung aus dem Gefängnis entlassen wurde. Er hat eingestanden, daß er die Blut- thaf an Bord des DampfersPrinz Carl" verübt und dem Kapitän über 800 Kronen geranbt habe, lieber die Mordthat äußerte sich Nordlund völlig gefühllos. Aus dem Geständnis des Mör- ders geht weiter hervor, daß er die That mit voller lleberlegung aussührte. Er kaufte in Orebro einen Revolver und wollte einen Dampfer ausplündern und die an Bord befindlichen Leute töten. Er stahl auf dem Dampfer Orebro 24 Kronen aus der Steuermannskajüte. Nachdem er sin Arboga den Dampfer untersucht Hatte, ging er an Bord des Prinz Carl". Er tötete nach seiner- eigenen Aussage zuerst den Kapitän durch einen Dolchstich und schloß den Rauchsa­lon, sowie den Hinterdecksglon ab. Als er einen Dampfer nahen' sah, ging er zum Maschinisten und verlangte Voll­dampf. Der Mörder bedauerte seine Ueberraschung durch die Polizisten und die Unterlassung der Niederschießung der- selben sowie der an Bord desPrinz Carl" befindlichen Leute. Er sei nicht wahnsinnig, sondern habe die That be­gangen, um sich an den Menschen zu rächen.

Chem nitz, 15. Mai. Fast unglaub­liche Mißhandlungen haben sich in Stoll- berg 3 dort in Pension befindliche Real­schüler im Alter von 10 bis 16 Jahren gegen einen Mitschüler zu Schulden kommen lassen. Der Aermste hatte sich durch un­vorsichtige, ihn belastende Aeußerungen in dis Gewalt seiner Kollegen begeben, die die Furcht desselben vor einer An­zeige dadurch ausbeuteten, das; sie wieder­holt Geld von ihm erpreßten. Als er nichts mehr zu geben hatte, sollte er stehlen,

und nun, da er sich dazu nicht verstehen wollte, begannen die fast drei Wochen andauernden Mißhandlungen, wie sie raffinirter nicht gedacht werden können. Das beklagenswerte Opfer jugendlicher Rohheit mußte u. A. mehrere Tage hinter­einander Abends in der gemeinsamen Schlafkammer den schwerbeladenen Bücher­ranzen eine Viertelstunde mit gestrecktem Arm hinaushalten; als er ermattete, erhielt er Schläge mit der scharfen Kante des Lineals. Weiter mußte er über einen schmalen Balken laufen und als ihm dies nicht glückte, wurde er wieder derart ge­schlagen, daß der ganze Körper mit Schwie­len bedeckt- war. Auch auf den Boden wurde er geworfen und erbarmungslos mit den Absätzen bearbeitet. Nicht genug damit, mußte er sich völlig entkleiden und nun stachen ihm die Unmenschen Steck­nadeln ins Fleisch, hielten ihm ein bren­nendes Stearinlicht an den Leib, so daß er große schmerzhafte Brandwunden da­vontrug, ließen ihn Seife, Kohle und Unrath essen und Schmutzwasser aus- triuken und zwangen ihn endlich, völlig nackt drei Stunden auf dem Fußboden vor ihren Betten zu knieen. Um ihn am Schreien zu verhindern, steckten sie ihm einen Knebel in den Mund. Die Torturen hatten zur Folge, daß der! Knabe schwer erkrankte, wodurch die Schändlichkeit«!:; ans Licht kamen. Zwei der hoffnungs­vollen Früchtchen wurden vom hiesigen Landgericht zu empfindlichen Strafen: 4 Jahre 6 Monate und 9 Mcnate Gefäng­nis, sowie zu einer Buße von 500 Mk. verurteilt; der dritte befand sich noch nicht im strafmündigen Alter. Selbstver­ständlich wurde das saubere Trifolium von der Realschule verwiesen.

London, 18. Mai. Nach demDai­ly Expreß" hat der Prinz von Wales endgiltig beschlossen, der Pariser Welt­ausstellung fernzubleiben, da die fran­zösische Regierung eine unbedingte Ver­antwortlichkeit für seine Sicherheit ab­lehne, wofern der Thronerbe sich nicht einem Maße von Polizeischutz unterwer­fen wolle, das ihm unerträglich scheine.

London, 18. Mai. Der Spezial­korrespondent desManchester Guardian" telegraphiert aus Harda in Indien: Die Cholera breitet sich in den von der Hungersnot ergriffenen Bezirken aus. Sie greift die Hungersnot-Lager, Städte und Dörfer an. In einem Bezirke sind nicht weniger als 45 Hungersnot-Lager von der Cholera ergriffen. Die Cholera ist bösartigeren Charakters in Gujerat, wo viele tausend Menschen gestorben sind. Im Lager von Godhra allein raffte sie tausend Opfer hin Ich fürchte, daß ein schrecklicher Verlust an Leben unvermeid­lich sein wird.

Gemeinnütziges.

Nerven leiden den wird, wie derPraktische Wegweiser", Würzburg, schreibt, das Radfahren ganz besonders ans Herz gelegt, da es auf das Nerven­system einen äußerst wohlthätigeu Ein­fluß ansübt. Es wirkt beruhigend, in­dem es die Aufmerksamkeit vollständig beansprucht und dem Geist keine Gelegen­heit zu allerlei Seitensprüngen gestattet. So wohlthätig das Spazierengehen im Allgenminen wirkt, in diesem Falle hat es den Nachteil, daß cs die geistige Thä-

tigkeitIdeS Nervösen nicht in dem Maße auf einen harmlosen Gegenstand abzu- lenken vermag, wie es beim Radfahren der Fall ist. Das Rad erfordert die volle Aufmerksamkeit des Fahrers, die -nur durch das Genießen der landschaft­lichen Reize geteilt wird. Natürlich muß der Sport in solchen Fällen die rechten Grenzen einhalten, llebertriebenheit würde mehr Schaden ««richten, als Nutzen stif- ten.

Lokales.

Wildbad, 21. Mai. Die erste Auf­führung des historischen Schauspiels Der lieber fall in Wildbad" von Herrn Or. msck. Teufel hier wird am Mittwoch den 30. Mai im K. Kurtheater stattfinden. Die Einstudierung des Stückes ist nun beendet und gehen die Proben flott und sicher von statten. Die Kostüme, welche nach künstlerischem Entwurf ange­fertigt wurden, sind gestern eingetroffen und bieten in ihrer historisch getreuen^ äußerst gediegenen Ausstattung::, farbenprächtigen Zusammenstellung ein glänzendes Gesamt­bild dar. Die Dekorationen wurden von dem bekannten Kunst-Atelier von O. Müller in Godesberg geliefert. Mögen Autor undDar- steller für die mühevollen und kostspiel­igen Vorbereitungen durch einen recht zahlreichen Besuch der Aufführungen be­lohnt werden.

Lom Kriegsschauplatz in Südafrika.

Kimberley, 16. Mai. General Methuen hat eine gemischte Kompagnie beauftragt, Nachforschungen anzustellen nach der schweren Artillerie Cronjes, die, wie man glaubt, im Norden der Stadt verscharrt worden ist.

Auch die Einnahme von Mafeking ist den Buren so wenig gelungen, wie die von Lcidysmithnnd Kimberley. Mafeking ist befreit. Das vom Süden heranrückeude Entsatzkorps, das, wie es scheint, von Lord Kitchener befehligt war, hat die Reihen der Belagerer gcsprengt'und ist gestern in die Stadt eingezogcn. Ein Telegramm meldete gestern den gelungenen Entsatz nach London, wo man mit fieber­hafter Spannung die Nachrichten von dem belagerten, am Ende seiner Hilfsmittel angelaugten Platze erwartet. Das Tele­gramm wurde sofort in: Mansion-Hanse angeschlagen, sowie den Ministern, beiden Häusern des Parlaments, der Königin und dem Prinzen von Wales mitgeteilt. Wenige Minuten nach dem Anschlag am Mansiou-House erfüllte eine Menschen­menge singend und die Fahnen schwingend die Straßen der City. Donnernde Hurrah- rnfe erscbollen. Es ist unmöglich, setzt das Reutersche Bureau hinzu, die allge­meine Freude über die Nachricht zu schil­dern. lieber die Kämpfe, die den: Ent­satz vorausgingen, fehlen noch nähere Nachrichten. In einem Bericht der Daily News aus Lourenzo Marquez wird be­stätigt, daß bei dem Sturm am vorigen Samstag Eloff, Krügers tapferer Enkel, der auf sein inständiges Bitten die Er­laubnis erhalten hatte, im Belagerungs­heer vor Mafeking mitzukämpfen, von dem Kommandanten der Garnison Baden- Powell gefangen genommen worden ist. Eloff drang mit einer Patrouille in die Stadt hinein. Baden-Powell verhielt sich